Häuser im Abendlicht (Symbolbild)
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Häuser im Abendlicht (Symbolbild)

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Erbschaftsteuer: Bayerns Vorstoß scheitert - Experte entwarnt

Bayern hat sein Ziel nicht erreicht: Keine höheren Freibeträge, keine Änderungen bei der Erbschaftsteuer. Der Freistaat überlegt nun, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Ein Experte warnt Immobilienbesitzer jedoch vor zu schnellem Handeln.

Auf absehbare Zeit wird es keine höheren Freibeträge und keine Regionalisierung der Erbschaftsteuer geben. Die Mehrheit der Bundesländer lehnte den bayerischen Vorstoß im Bundesrat ab, den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anzurufen.

Über diesen Weg wollte Bayern versuchen, Änderungen im Jahressteuergesetz zu erreichen, um die Erbschaftsteuer anders zu gestalten. Mit Bayern stimmten lediglich Hessen und Sachsen.

Höhere Grundstückspreise, höhere Freibeträge?

Die Staatsregierung argumentierte mit den höheren Grundstückspreisen in Süddeutschland und mit der neuen Bewertung von Immobilien im geänderten Jahressteuergesetz.

Bayern will vors Bundesverfassungsgericht

Im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk bekräftigte der bayerische Finanzminister Albert Füracker (CSU) die Überlegung, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen.

Das Gericht müsse die Regionalisierung prüfen, so Füracker. Der CSU-Politiker spricht von einer Ungleichbehandlung bei der Erbschaftsteuer. "Denn es gibt Gebäude im Großraum München, die sind eben wesentlich teurer als in anderen Bundesländern, die nicht so dicht besiedelt sind und wo es mit der Demographie schwieriger ist."

Viele Bundesländer sind dagegen

In Regionen mit höhen Grundstücks- und Immobilienwerten müssten höhere Freibeträge gelten, fordert die CSU. Doch gegen regionale Unterschiede bei der Besteuerung wehren sich die meisten Bundesländer. Sie sorgen sich, dass Länder mit niedrigen Steuersätzen zu ihren Lasten profitieren könnten.

An höheren Freibeträgen haben viele Länder ebenfalls kein Interesse. Diese würden nämlich für die Länder weniger Steuereinnahmen bedeuten.

Viele Erbschaften weiterhin steuerfrei möglich

Freibeträge sorgen dafür, dass auf die meisten Erbschaften bisher keine Steuern anfallen. Bei Ehepartnern sind Erbschaften bis zu 500.000 Euro steuerfrei. Jedes Kind hat einen Freibetrag von 400.000 Euro.

SPD: "Das ist eine PR-Aktion von Söder"

Der oberbayerische SPD-Bundestagsabgeordnete und finanzpolitische Sprecher seiner Fraktion, Michael Schrodi, ist davon überzeugt, dass sich für die meisten Erben künftig nichts ändern wird: "Das ist eine PR-Aktion von Markus Söder gewesen." Die Freibeträge seien bei "normalen Erbschaften wie ein[em] Häuschen" ausreichend. Und: In den Ballungsräumen würde sich an der Bewertung der Immobilien ohnehin nichts ändern. Die Gutachterausschüsse arbeiteten jetzt schon mit den Werten im geänderten Jahressteuergesetz.

Schrodi mahnt zudem: Sinkende Erbschaftsteuern bedeuten Mindereinnahmen für die Staatskasse. Die Länder hätten dann weniger Geld für Polizisten, Lehrkräfte und öffentlichen Nahverkehr, so der SPD-Politiker.

Ampel-Regierung machte den Weg frei

Die Bundesregierung hätte eine Anhebung der Freibeträge unterstützt. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hält es für angebracht, die Freibeträge um 25 Prozent zu erhöhen. Allerdings wollte er die Entscheidung den Ländern überlassen, weil die Erbschaftsteuer ganz an die Bundesländer fließt. Die Mehrheit der Länder wollte aber im Bundesrat kein grünes Licht geben.

Steuerrechtsprofessor: "Zum Notverkauf zwingt die Erbschaftsteuer nicht"

Heribert Anzinger, Professor für Wirtschafts- und Steuerrecht an der Universität Ulm, hat Besitzern von Immobilien angesichts der neuen Regelungen zur Erbschaftsteuer von schnellem Handeln abgeraten. "Ich würde niemandem raten, die eigene Immobilie nur zur Sicherung vermeintlicher Steuervorteile schnell zu verschenken", so Anzinger im Interview mit BR24.

Die Immobilie sei häufig der höchste Vermögenswert, deshalb solle man besonnen damit umgehen und sich gut beraten lassen. Ihm seien keine empirischen Studien bekannt, wo ein Erbe rein auf Grund der Erbschaftsteuer sein Erbe hätte verkaufen müssen. Die geltenden Steuersätze seien zwar hoch, aber nicht so hoch, dass sie einen Großteil des Erbes erfassen würden.

Wenn ein Erbe Erbschaftsteuer zahlen müsse, dann sei auch der Wert der geerbten Immobilie entsprechend hoch. Wenn die Erbschaftsteuer nicht aus freien Mitteln bezahlt werden könne, dann müsse ein Kredit aufgenommen werden. Bei vermieteten Objekten fielen zudem Mieterträge an, aus denen die Erbschaftsteuer bestritten werden könne. Wenn auch das nicht möglich sei, werde die Steuer zinslos gestundet. "Zum Notverkauf zwingt die Erbschaftsteuer nicht", so Anzinger.

Anzinger: Erbschaftsteuer gerechtfertigt

Auch verteidigte Anzinger die Erbschaftsteuer an sich. Man müsse sich überlegen, wie die hohen Ausgaben des Staates refinanziert werden könnten. Die gesamte Last auf Unternehmer und Einkommensbezieher aus Arbeitseinkommen abzuwälzen, halte er für falsch, machte er deutlich.

Prof. Heribert Anzinger, Universitätsprofessor für Wirtschafts- und Steuerrecht an der Universität Ulm
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Prof. Heribert Anzinger, Universitätsprofessor für Wirtschafts- und Steuerrecht an der Universität Ulm

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