Sein Asylantrag war abgelehnt, Duldungspapiere hatte er auch nicht. Der Mann aus Nigeria, der im November 2014 aus Italien nach Deutschland gekommen war, sollte deshalb dahin zurückkehren. Nach dem sogenannten ist Italien als erstes Einreiseland der EU für den Nigerianer zuständig. Um die Abschiebung zu verhindern, bekam er von Mitte Juli bis Mitte Oktober 2016 Kirchenasyl in der katholischen Pfarrei St. Jakob in Freising. Die Behörden setzten daraufhin den Vollzug der Abschiebung aus.
Kirchenasyl, das gibt es nicht im deutschen Recht. Dennoch hat es eine und wird von den Behörden geduldet. Es besteht sogar eine Vereinbarung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit der katholischen und evangelischen Kirche: Meldet ein Pfarrer das Kirchenasyl beim BAMF und beim Ausländeramt, wird auf die Abschiebung verzichtet.
Restriktiver Weg in Bayern
Dies steht aber im Widerspruch zu den Ermittlungsverfahren gegen diejenigen, die ein Kirchenasyl in ihrer Gemeinde verantworten: In Bayern sind Pfarrer, die Flüchtlingen Kirchenasyl gewährten, zuletzt verstärkt ins Visier der bayerischen Justiz geraten. Der sieht ein dreistufiges Vorgehen vor: erst Einstellung des Verfahrens, im Wiederholungsfall Geldstrafe, beim dritten Mal dann Strafbefehl gegen Pfarrerinnen oder Pfarrer. wegen Kirchenasyls hatten im letzten Jahr Schlagzeilen gemacht.
Grundsatzfrage wird geklärt
Nun soll eine grundsätzliche Klärung her. Das Oberlandesgericht (OLG) München fällt heute das Urteil zu der Frage, Das Gericht muss über ein Urteil des Amtsgerichts Freising befinden, das den Nigerianer vom Vorwurf des illegalen Aufenthalts freigesprochen hatte, der Mann war in der Gemeinde St. Jakob im Kirchenasyl untergekommen, um nicht nach Italien abgeschoben zu werden. Das Amtsgericht wertete das Kirchenasyl als "inlandsbezogenes Abschiebehindernis", was eigentlich einen Duldungsanspruch begründe.
Die Staatsanwaltschaft Landshut hatte dagegen Revision eingelegt. Begründung: Auch eine Vereinbarung zwischen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und den beiden Kirchen ändere nichts daran, dass der abgelehnte Asylbewerber keine Duldungspapiere hatte und abgeschoben werden müsste.
"Wir wollen grundsätzlich die Frage geklärt haben, ob das ein illegaler Aufenthalt ist oder nicht", sagt Thomas Steinkraus-Koch, Sprecher der Staatsanwaltschaft Landshut. Dazu wolle die Anklagebehörde eine obergerichtliche Entscheidung herbeiführen. Aus diesem Grunde handele es sich um eine sogenannte Sprungrevision direkt zum Oberlandesgericht. Die Anklage vertritt dort die Generalstaatsanwaltschaft.
Urteil soll für Justiz und Kirchen Klarheit bringen
"Kirchenasyl ist weder im Grundgesetz verankert, noch in den normalen Gesetzen. Da es keinen im Gesetz verankerten Rechtfertigungsgrund oder Entschuldigungsgrund Kirchenasyl gibt, sind wir gehalten von Gesetzes wegen das zu verfolgen." Thomas Steinkraus-Koch, Sprecher der Staatsanwaltschaft Landshut
Die Staatsanwaltschaft will laut Mitteilung des Oberlandesgerichtes eine Aufhebung des Freispruchs und eine Rückverweisung des Falles ans Amtsgericht zur erneuten Verhandlung. Von der obergerichtlichen Entscheidung erhoffen sich Kirchen und Justiz außerdem eine . Das Urteil soll heute verkündet werden.
Bundesweit 710 Fälle von Kirchenasyl
2017 gab es insgesamt 357 Fälle von Kirchenasyl in Bayern. 189 davon auf katholischer, 147 auf evangelischer Seite, der Rest bei Freikirchen. Bundesweit befinden sich derzeit 710 Personen im Kirchenasyl.