Georg Pfeufer aus Rottendorf hat sich ein Balkonkraftwerk installieren lassen.
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Georg Pfeufer aus Rottendorf hat sich ein Balkonkraftwerk installieren lassen.

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Energiewende daheim? Der Solar-Boom auf dem Balkon

Der Verkauf von Balkonkraftwerken boomt, kommunale Fördertöpfe für die Mini-Solaranlagen sind innerhalb kürzester Zeit ausgeschöpft. Doch die Voraussetzungen, um die Anlagen bestmöglich zu nutzen, könnten noch besser sein.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau am .

Bayern rüstet in Sachen erneuerbare Energien auf – im Kleinen: Immer mehr Menschen installieren sich zuhause ein sogenanntes Balkonkraftwerk, eine Mini-Photovoltaik-Anlage, die grünen Strom für den Eigenverbrauch produziert. Der Strom wird über Solarmodule erzeugt, die am Balkon montiert werden können. Ein Wechselrichter wandelt den Gleichstrom in Haushaltsstrom um, der dann über einen sogenannten Schuko- oder Wieland-Stecker direkt ins Hausnetz eingespeist wird. Eine Leistung von höchstens 600 Watt sind aktuell erlaubt. In den Zeiten, in denen Strom generiert wird, könnten damit laut Verbraucherzentrale Bayern der Standby-Verbrauch in einem Haushalt gut abgedeckt werden. Im Durchschnitt liegt diese Grundlast etwa bei 300 bis 400 Watt.

  • Zum Artikel: Mit Balkonkraftwerken als Mieter Strom erzeugen: Was gilt

Landkreis Würzburg: Fördermittel für 2023 bereits seit März ausgeschöpft

Immerhin lassen sich so, je nach Verbrauch pro Haushalt, bis zu 100 oder 150 Euro im Jahr einsparen. Das scheint bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern anzukommen. Gerade in Zeiten hoher Strompreise rentieren sich die Kleingeräte schneller. Hinzu kommt, dass seit dem 1. Januar die Mehrwertsteuer auf die Anlagen entfällt; so sind sie relativ günstig erhältlich. Zusätzlich fördern neuerdings immer mehr Städte und Landkreise auch die Mini-Photovoltaikanlagen.

In Bayern gehören dazu unter anderem München, Ingolstadt, Gersthofen, Erlangen, Günzburg und Weiden. Im Landkreis Würzburg sind die bereitgestellten Fördermittel für das Jahr 2023 bereits seit Mitte März ausgeschöpft. Zuvor waren 276 Anträge eingegangen. Landrat Thomas Eberth zeigt sich überrascht, aber auch erfreut über diesen Zuspruch. "Wir wollen keine Förderprogramme, bei denen die Gelder auf Halde liegen", so der Landrat. "Wir wollten auszahlen und das haben wir geschafft." Es sei denkbar, dass der Kreistag Ende des Jahres neue Gelder bereitstelle. Bis dahin sollen auch einige Kommunen im Landkreis Fördertöpfe eröffnen.

Anmeldepflicht wird oft nicht ernstgenommen

Der rasante Zuwachs an Balkonkraftwerken lässt sich auch anhand der bayernweiten Zahlen ablesen: Bis zum 19. März waren laut Bundesnetzagentur bayernweit bereits 9.650 der "Plug and Play"-Anlagen im Markstammdatenregister erfasst. Auch wenn die Balkonkraftwerke keiner Genehmigung bedürfen, ist die Anmeldung nämlich Pflicht: und zwar sowohl beim Marktstammdatenregister als auch beim zuständigen Netzbetreiber. Tatsächlich könnten jedoch weit mehr Geräte verbaut sein. Einer anonymen Umfrage der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin zufolge gibt sogar eine Mehrheit der Verbraucher an, die Anlagen nicht angemeldet zu haben.

Ein Wechselrichter wandelt Gleichstrom in Wechselstrom um.
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Ein Wechselrichter wandelt Gleichstrom in Wechselstrom um.

Elektro-Verband fordert vereinfachte Regelungen

Um potenzielle Verbraucher nicht durch übermäßige Bürokratie abzuschrecken, fordert der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) in einem Positionspapier daher eine deutliche Vereinfachung der Regelungen. Die Anmeldung beim Netzbetreiber solle demnach beispielsweise in Zukunft entfallen und nur noch über die Bundesnetzagentur erfolgen. Wichtig sei außerdem, die erlaubte Leistungsgrenze von 600 auf 800 Watt anzuheben, sowie die Zulassung aller Zählertypen. Auch Drehstromzähler, die rückwärts zählen, sobald mehr Strom produziert als verbraucht wird, sollen dann toleriert werden.

Verschenkter Strom? Solargeräte bestmöglich ausnutzen

Bislang wird dieser nicht selbst verbrauchte Strom ins Netz eingespeist, ohne dass es dafür Geld gibt. Die Beantragung einer Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wäre zwar auch für Mini-PV-Anlagen möglich, lohnt sich finanziell jedoch kaum, da dafür Messstellen- und Installationsgebühren fällig werden. Die Verbraucherzentrale rät daher dazu, möglichst viel Strom dann zu verbrauchen, wenn die Energiegewinnung über das Balkonkraftwerk am höchsten ist. Viele Geräte wie Spül- oder Waschmaschinen haben mittlerweile eine integrierte Startzeitvorwahl. Zudem spiele die Ausrichtung der Anlage eine Rolle, so Norbert Endres, Energieberater für die Verbraucherzentrale Bayern: Wer mittags kaum zuhause ist, sollte überlegen, die Module statt nach Süden lieber nach Westen auszurichten.

Ablehnung durch Vermieter: "Diese Zeiten sollten vorbei sein"

In einer Mietwohnung hat bei solchen Fragen auch der Vermieter Mitspracherecht, da die Außenseite der Balkonbrüstung genauso wie die Hauswand klassischerweise nicht zur gemieteten Fläche zählt. "Wir würden uns einfach wünschen, wenn zunächst das Gespräch gesucht wird", so Ulrike Kirchhoff, Vorsitzende des Eigentümerverbands Haus & Grund in Bayern. Um die Zustimmung zu verweigern, brauche es mittlerweile gute Gründe. Vorsicht ist geboten, sobald für die Installation eine bauliche Veränderung nötig ist, beispielsweise die Einspeisesteckdose erst angebracht werden muss. Energieberater Endres sieht aber auch dann die Eigentümer in der Pflicht: "Die Zeiten, in denen Vermieter dagegen sind, sollten jetzt langsam vorbei sein", so Endres.

Verbraucherzentrale befürwortet Balkonkraftwerke

Wenn an diesen Stellschrauben noch gedreht würde, bieten Balkonkraftwerke laut Verbraucherzentrale eine niederschwellige Möglichkeit für Bürgerinnen und Bürger, ihren Beitrag zur Energiewende zu leisten. Wie groß der Effekt für die Umwelt und damit der Beitrag zur Energiewende dann sein kann, ist strittig. Etwa 600 Kilowattstunden Strom kann ein Verbraucher durch strategisch platzierte Balkonmodule jährlich einsparen. Flächendeckende Werte können von der Bundesnetzagentur und den Netzbetreibern bislang nicht erfasst werden. Die Verbraucherzentrale betont jedoch: Letztendlich zähle jede regenerativ erzeugte Kilowattstunde Strom.

Dieser Artikel ist erstmals am 04.04.2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert.

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