Leere Getränkedosen
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In einem Energie-Workshop in Erlangen basteln ukrainische Geflüchtete an einem Sonnenkollektor aus alten Getränkedosen

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Energiespar-Projekt: Mit Getränkedosen die Wohnung heizen

Mit möglichst einfachen Mitteln möchte Andeij Novak vom Nürnberger Verein One Europe eine passive Solarheizung bauen: ein soziales Projekt von Ukrainern für Ukrainer. Dafür werden Hunderte leere Dosen benötigt.

Juri kommt aus der ukrainischen Stadt Butscha. Zusammen mit Vlad aus der Nürnberger Partnerstadt Charkiw baut er in einem Energieworkshop in Erlangen einen flachen Kasten aus Holz. Gerade sägen die Geflüchteten ein etwa zehn Zentimeter großes Loch in dessen Boden. Aus dem Kasten soll einmal eine Solarheizung werden. Nebenan bohrt Andrii aus Irpin Löcher in Deckel und Boden von leeren Dosen, die einmal mit einem halben Liter Bier, Radler oder Cola gefüllt waren.

Arbeiten mit Holz und Metall macht Spaß

Es ist ein soziales Projekt, das ihn sehr angesprochen habe, sagt Juri, während er an der Holzkiste arbeitet. Und, dass er gerne mit Holz arbeitet. Seine Wohnung in Butscha hat er vor dem Krieg noch ausgebaut. Im März ist der dann nach Deutschland geflohen. Serhij kommt aus Kiew und arbeitete dort als Radio- und Elektrotechniker. Inzwischen ist er in Rente. Nach der Flucht ist er inzwischen mit seiner Frau in der Nähe von Erlangen untergekommen. Seit einigen Wochen macht er bei dem Energie-Projekt mit.

Sparen mit einfacher Technik

Mit Silikon klebt der Rentner die leeren Bierdosen aufeinander. Es entstehen mehrere, knapp einen Meter lange Röhren. Sie sind das Herz der passiven Solarheizung. Die Idee dazu hatte Andrej Novak vom Nürnberger Verein "One Europe". Sein Motto: Energiesparen mit einfachster Technik. Noch sind die Heiz-Paneele nicht ausgereift. Die Teilnehmer des Workshops müssen tüfteln und noch viel ausprobieren.

Werkstatt in einem ehemaligen Laden

Dafür bietet das ZAM in Erlangen ausreichend Platz. Das "Zentrum für Austausch und Machen" befindet sich in einem ehemaligen Haushaltswarengeschäft, das sonst leer stehen würde. Die Stadt Erlangen hat das Gebäude gekauft und überlässt es dem Verein. Außer dem Energieworkshop findet an diesem Abend ein Kurs für Holzbildhauer statt.

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Leere Getränkedosen sind das Herzstück des Solarkollektors, der von Geflüchteten aus der Ukraine in Erlangen gebaut wird.

Neue Verwendung für alte Bauteile

"Viele denken beim Thema Energiewende immer an Hightech, an Solarpanels und große Windanlagen", sagt Vereins-Chef Novak. Solarthermie-Kraftwerke sind meistens HighTech. Bei seinem Projekt ist das anders: "Wer Lust hat und gerne mit Händen arbeitet, der kann auch mit Materialien, die er rumliegen hat, versuchen, sowas nachzubauen." Einiges muss zwar zugekauft werden. Doch Novaks "LowTech"-Prinzip sieht vor, dass möglichst viele Teile wiederverwendet oder upgecycelt werden. Zum Beispiel die Ventilatoren, die in die Heizkörper eingebaut werden. Sie stammen aus ausgeschlachteten Computern und werden mit Strom aus einer Solarzelle betrieben.

Warme Luft vom Fensterbrett

Und so funktioniert die Solarheizung: Die Röhren aus den Bierdosen werden mit schwarzem Lack angesprüht und in den Holzkasten eingesetzt. Der wird mit einer Scheibe abgedeckt. Fertig ist der Solarkollektor, der am Fensterbrett in die Sonne gestellt wird, erklärt Novak. Die Luft erhitzt sich. Der Ventilator verteilt die Wärme in den Raum. "Im Spätherbst oder im Frühjahr, kann die Solarheizung schon helfen, die Raumtemperatur etwas zu erhöhen und ein bisschen beim Sparen helfen", glaubt Novak.

Bauanleitung soll bald ins Netz

Wie viel genau gespart werden kann, muss erst der Praxistest zeigen. Bis Weihnachten sollen die ersten Prototypen fertig sein. Die Bauanleitung soll anschließend als Video ins Internet gestellt werden. "Wir hoffen, damit einen Nachahmer-Effekt auszulösen, auch in der Ukraine und anderen europäischen Ländern", sagt Novak. Die mehrsprachigen Anleitungs-Videos werden in den kommenden Wochen auf YouTube und anderen Kanälen online veröffentlicht.

Suche nach leeren Dosen

Juri jedenfalls sagt, dass er die Heizung aufstellen wird, wenn er wieder zurück in Butscha ist. Er ist sich sicher, dass sie dabei helfen, wertvolle Energie einzusparen. Damit das Projekt weiterlaufen kann, hat Andrej Novak vom Verein "One Europe" eine Bitte: Er braucht noch einige hundert leere Bierdosen. "Wer eine Quelle hat oder uns welche zukommen lassen kann, kann sich gerne an den Verein wenden." Die Getränkedosen können beim Ukraine-Treff Erlangen (Henkestraße 91) abgegeben werden. Öffnungszeiten sind montags bis freitags von 10 bis 15 Uhr.

Mit Farbe besprühte Dosen.
Bildrechte: BR

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