In Fuchstal im Landkreis Landsberg arbeiten sie schon seit Jahren an einer lokalen und dezentralen Energieversorgung. Gemeindeeigene Windräder und Solaranlagen liefern Strom und Wärme kommt aus einer Biogasanlage. Große Warmwasserspeicher halten Wärme für immer mehr Haushalte bereit, die sich an das Nahwärmenetz anschließen.
Bürger wollen sich an Windrädern beteiligen
Die Nachfrage ist riesig, immer mehr Bürger wollen sich auch an den neuen Windrädern beteiligen, die gerade im Bau sind. Im Haus von Dieter Portele schließt Peter Seelos die Heizung an das Wärmenetz der Gemeinde an. Viele Fuchstaler wollen ihre Öl- oder Gasheizung jetzt schnell abschaffen. Peter Seelos' Auftragsbuch ist entsprechend gut gefüllt. "Wir können nur einen nach dem anderen machen. Es stehen bestimmt noch 30 bis 40 in der Schlange, die angeschlossen werden sollen, das dauert bis ins nächste Jahr hinein", sagt er. Sein Sohn Tim hilft mit, damit es schneller vorangeht.
"Ich bin nicht mehr vom Russen abhängig"
Dieter Portele hatte Glück, dass er seinen Anschluss ans Wärmenetz noch vor Beginn des Ukraine-Krieges bestellt hat. Die ausgemusterten Öltanks stehen im Garten und werden bald abtransportiert. "Ich muss jetzt nichts mehr bevorraten, habe den Gestank nicht mehr im Keller. Für die Umwelt wird es auch kein Schaden sein und ich bin nicht mehr vom Russen abhängig", ist Dieter Portele froh.
Wärmetopf fasst 30.000 Badewannen
Das warme Wasser in Fuchstal kommt aus einem sogenannten Wärmetopf ins Haus. Dieser Warmwasserspeicher fasst die Menge von rund 30.000 Badewannen. Unterirdische Leitungen befördern das Wasser in die Fuchstaler Ortsteile Leeder und Asch. Eine Biogasanlage erzeugt die Wärme. Daneben produziert die Gemeinde auch ihren eigenen Strom – mit vier Windrädern, drei weitere befinden sich im Bau. Dazu kommen mehrere Photovoltaikanlagen. Ein Batteriespeicher, untergebracht in einem umgebauten Schiffscontainer, soll Fuchstal bei einem Blackout bis zu zwei Tage lang mit Strom versorgen.
Fuchstal profitierte von Fördergeldern
Möglich gemacht haben das Ganze auch einige Millionen Euro Fördergeld für erneuerbare Energien. Die gibt es für Kommunen vom Bundesumweltministerium, sagt Gemeindegeschäftsführer Gerhard Schmid: "Wenn man jetzt sieht, was wir daraus gemacht haben, das macht Spaß." Man habe "aus Überzeugung" auf erneuerbare Energien gesetzt, weil man "den Kindern eine vernünftige Umwelt hinterlassen will". Wenn man dadurch jetzt auch unabhängiger von den Öl- und Gaspreisen ist, hätten sich die Anstrengungen doppelt gelohnt.
Modell "Bürgerwindkraft"
Um die Einwohner bei der Fuchstaler Energiewende seit mehr als zehn Jahren mit ins Boot zu holen, bietet die Gemeinde auch einen vergleichsweise günstigen, eigenen Ökostromtarif an. Und: Die Bürger können sich in einem "Bürgerwindkraft"-Modell mit Anteilen an den Windrädern beteiligen. Der Architekt und Energieberater Johannes Wolffhardt aus Asch war von Anfang an dabei: "Das zahlt sich jetzt absolut aus, man muss ja nur verfolgen, wie die Strompreise rapide steigen. Die Gaspreise sowieso". Denn im Vergleich zu Gas zahlt, wer hier ans Wärmenetz angeschlossen ist, im Monat etwa zwei Drittel weniger.
Moderate Preissteigerungen
Doch bleibt das auch so? Sind die Fuchstaler wirklich auf Dauer sicher vor weiter steigenden Preisen auf den überregionalen Märkten? "Die Inflation kann man natürlich nicht generell raushalten, auch Löhne spielen eine Rolle oder landwirtschaftliche Maschinen für die Biogasanlage", sagt Energieberater Wolffhardt. Dennoch würden Preissteigerungen – vorbehaltlich einer entsprechenden politischen Entscheidung der Gemeinde – allenfalls "moderat" ausfallen. Und der Geschäftsführer der Gemeinde, Gerhard Schmid ergänzt: "Wir werden die Preise sicherlich nicht um 40 oder 50 Prozent anheben."
Auch Familie Porteles ist froh, dass sie mit ihrem frisch gelegten Anschluss an das Wärmenetz künftig bei Heizung und Warmwasser ein Stück weit unabhängig ist von den Öl- und Gaspreisen. Denn die Wärme kommt ab jetzt einfach aus Fuchtal.
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