Eine Lehrerin schreibt etwas an die Tafel im Klassenzimmer (Symbolbild)
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Eine Lehrerin schreibt etwas an die Tafel im Klassenzimmer (Symbolbild)

    Elternverband attackiert Söder: "Sie sollten sich schämen"

    Der Bayerische Elternverband kritisiert den Ministerpräsidenten scharf: Für seine Ankündigung, Lehrer aus anderen Ländern in den Freistaat locken zu wollen, solle sich Söder "schämen". Allerdings werben auch andere Bundesländer teils offensiv.

    Schluss mit Unterrichtsausfall und Überlastung von Lehrkräften – der bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat 6.000 neue Lehrerstellen versprochen. Kurzfristig will der CSU-Politiker dabei vor allem Lehrkräfte aus anderen Bundesländern in den Freistaat locken. Das gefällt aber nicht allen: Der scharfen Kritik mehrerer Kultusminister schließt sich nun auch der Bayerische Elterverband (BEV) an.

    "Für die Bildung anderer Bundesländer hatten Sie bisher kaum mehr als Geringschätzung übrig", schreibt der BEV-Landesvorsitzende Martin Löwe in einem offenen Brief an Söder. "Angesichts dessen sollten Sie sich schämen, nun, in der Not, im einst naseberümpften bayerischen 'Ausland' nach Lehrkräften zu angeln."

    Kritik an Söders Argumentation

    Wenig Verständnis hat der BEV-Landeschef für Söders Argumentation, Bayern zahle so viel in den Länderfinanzausgleich, da könne man schon mal mehr Sympathien erwarten – und die Bereitschaft, den Freistaat zu unterstützen. Löwe kritisiert, Söder glaube, wegen der bayerischen Zahlungen gewissermaßen ein Recht auf das Abwerben von Lehrern zu haben. "Dafür schämen wir bayerischen Eltern uns an Ihrer Stelle."

    Der Bildungserfolg von Kindern sei bereits vom Geldbeutel der Eltern abhängig, schreibt der BEV-Landesvorsitzende. "Soll er nun auch von dem des Bundeslandes abhängen?"

    CSU-Fraktionschef: Kein "unfreundlicher Akt"

    Die Staatskanzlei reagierte zunächst nicht auf den offenen Brief: Die Antwort auf eine entsprechende BR24-Anfrage steht noch aus.

    CSU-Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer betonte zuletzt in einem BR24-Interview, man wolle vor allem Absolventen einstellen, die gerade ihr Studium abgeschlossen haben. "Ich empfinde das nicht als unfreundlichen Akt", sagte Kreuzer. Schließlich gingen umgekehrt auch angehende Lehrer nach ihrem Studium in Bayern in andere Bundesländer.

    BEV: Söder "mogelt" beim Gehalt

    Der bayerische Elternverband kritisiert Söder aber nicht nur wegen der Abwerbe-Ankündigung. Die Elternvertreter werfen dem Ministerpräsidenten auch vor, beim Gehalt zu mogeln. "A13 für alle haben Sie zwar versprochen, bis jetzt ist davon jedoch noch nichts in Sicht."

    Tatsächlich verdienen Lehrerinnen und Lehrer an Grund- und Mittelschulen, wo besonders Mangel herrscht, deutlich weniger als als ihre Kollegen an Realschulen und Gymnasien. Während Letztere in der Besoldungsgruppe A13 beginnen, starten Grund- und Mittelschullehrer in A12. Söder hat zwar schon im vergangenen Jahr "A13 für alle" in Aussicht gestellt – aber erst für die Zeit nach der Landtagswahl.

    Elternvertreter Löwe schreibt daher dem Ministerpräsidenten: "Um Unterrichten in Bayern sexy zu machen, werden Sie jetzt sofort tiefer in die Tasche greifen müssen."

    Unmut in anderen Ländern: "Das gehört sich nicht"

    Bereits unmittelbar nach Söders Vorstoß vor rund zwei Wochen hatte es zum Teil massive Kritik gegeben. "Jedem Bundesland steht es frei, seine Vorteile als Arbeitgeber auch für Lehrkräfte herauszustellen", sagte der hessische Kultusminister Alexander Lorz (CDU) der "Süddeutschen Zeitung". Es gebe aber die klare Absprache innerhalb der Kultusministerkonferenz, keine gezielten Abwerbeaktionen in anderen Bundesländern zu starten. "Das gehört sich nicht und bringt uns nicht weiter." 

    Ähnlich äußerten sich Sachsens Kultusminister Christian Piwarz und Schleswig-Holsteins Ressortchefin Karin Prien (beide CDU). Die baden-württembergische Schulministerin Theresa Schopper, früher bayerische Grünen-Chefin und Landtagsabgeordnete, sagte: Bayern verlasse den fairen Wettbewerb. Und der Hamburger Schulsenator Ties Rabe (SPD) erklärte mit Blick auf Söders Abwerbe-Pläne für Lehrkräfte: "Dieser Kannibalismus löst keine Probleme." 

    Abkommen zwischen den Bundesländern

    Söders Kritiker verweisen auf ein Abkommen zwischen den Bundesländern aus dem Jahr 2009. Darin wurde vereinbart, dass "gezielte Werbe- und Informationsmaßnahmen in einem anderen Land" nur mit der Zustimmung dieses Bundeslands zulässig sind. In dem Beschluss heißt es: "Die Länder betonen ihre gemeinsame Verantwortung für einen fairen Wettbewerb und verabreden eine vertrauensvolle Abstimmung bei der Gewinnung von Lehrerinnen und Lehrern aus anderen Ländern." 

    Die Vereinbarung der Kultusminister ist für Söder nicht mehr bindend. Es sei sicher "ganz okay, was die KMK macht", sagte er über die Kultusministerkonferenz. Aber man müsse die Realität betrachten: Bayern wachse, andere Bundesländer würden weniger. Zudem kommen Abwerbeversuche auch nach der Länder-Vereinbarung vor. Berlin etwa warb vor einigen Jahren in Nordrhein-Westfalen um Lehrkräfte – mit dem Slogan "Revierwechsel gefällig? Kohle gibt’s auch bei uns".

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