Ansicht des neuen Rathauses mit Perlachturm in Augsburg. Kupferstich von 1619
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Das Rathaus in Augsburg

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450. Geburtstag: Elias Holl sorgte für italienisches Flair

Er hat die Willibaldsburg in Eichstätt geplant, Schloß Schwarzenberg im Steigerwald gebaut und in Augsburg das Rathaus, den Perlachturm und das Zeughaus. Elias Holl gilt als einer der bedeutendsten Baumeister Süddeutschlands.

Er hat die Willibaldsburg in Eichstätt geplant, Schloß Schwarzenberg im fränkischen Steigerwald gebaut und in Augsburg neben dem Rathaus noch viele weitere Gebäude errichtet. Der Augsburger Architekt Elias Holl gilt als einer der bedeutendsten Baumeister Süddeutschlands. Heute wäre er 450 Jahre alt geworden. Mit einem Festakt im Goldenen Saal des Rathauses eröffnet die Stadt Augsburg am Abend die Feierlichkeiten zum Jubiläumsjahr.

Eine neue Stadt - dank neuem Geld

Luftig, freizügig, kommunikativ, so wollte der Architekt die Stadt haben. Elias Holl kommt am 28. Februar 1573 in Augsburg zur Welt. Er stammt aus einer Baumeisterfamilie und ist nach seiner Ausbildung in ganz Süddeutschland tätig. Eine Reise nach Oberitalien begeistert ihn für das südliche Flair und weil die Stadtväter um 1600 wieder genügend Geld im Säckel haben, kann Holl der Stadt die alte spitzgiebelige Gotik aus dem Gemäuer klopfen - und Augsburg grundlegend umbauen.

Augsburger Skyline am Tag. Von links: das Rathaus, die Afra-Kirche, St. Ulrich und St. Moritzkirche. Im Vordergrund der Perlachturm.
Bildrechte: BR/Johannes Hofelich

Augsburg

Experte für knifflige Angelegenheiten

Mehr als 80 Gebäude baut Holl in Augsburg, rund 20 sind bis heute erhalten. Am bekanntesten ist wohl das Rathaus, das mit 57 Metern Höhe bis ins 20. Jahrhundert als das höchste profane Gebäude Deutschlands gilt. Aber auch das Zeughaus oder Heilig-Geist-Spital, heute Heimat der Puppenkiste, tragen die Handschrift des Architekten.

Besonderes Geschick beweist Holl bei kniffligen technischen Problemen. Für den Schlachthof, die Stadtmetzg unterhalb des Rathauses, ertüftelt er eine Art natürliche Klimaanlage. Er leitet einen Lechkanal um und lässt das Wasser unter dem Gebäude durchströmen, zur Kühlung und Beseitigung der Schlachtabfälle gleichermaßen. Und für den Umbau des Perlachturms ersinnt er ein spezielles Holzgerüst, durch das Mauern des Turms bei den Arbeiten nicht beschädigt werden.

Augsburg sei ohne Holl "nicht denkbar"

Holl präge bis heute das Stadtbild von Augsburg, meint Christoph Emmendörffer, der Leiter des Maximilianmuseums: "Augsburg ist ohne Elias Holl und seine Bauten nicht denkbar, und das ist auch eine Konstante, ein ganz wichtiger Bestandteil im Seelenhaushalt und Selbstverständnis der Augsburger". Bemerkenswert, so Emmendörffer, sei auch, wie Elias Holl vor jetzt 400 Jahren den Stadtraum gestaltet habe.

Er habe nicht nur Einzelbauten errichtet, sondern immer das Umfeld mit bedacht und gestaltet und Freiräume geschaffen, damit die Gebäude auch zur Wirkung kommen, dass sie Aufenthaltsqualität haben. Und das sei ein Wert, der heute bemerkenswert sei. Da müsse man sich schon fragen, ob alles, wie es heute in Augsburg gestaltet ist, tatsächlich auch so ist, dass es die Qualität hält, die seinerzeit Elias Holl vorgegeben hat, sagt Museumschef Emmendörffer.

Frischer Look für die alte Reichstadt

Möglich wurde das Ganze freilich erst, weil nach dem Niedergang der Fugger und Welser neue Familien gute Geschäfte machten und das wieder Geld ins Stadtsäckel spülte, erklärt der Augsburger Historiker Wolfgang Wallenta. "Das waren sehr erfolgreiche Startups sozusagen, auch wenn sie heute kaum mehr jemand kennt", so Wallenta. Holl kam seiner Ansicht nach 1602 zur rechten Zeit ins Amt. Er konnte die Stadt neu aufbauen, weil die Finanzen stimmten und die Stadt sich ein neues Gepräge geben wollte.

Holl hielt an seiner Religion fest

Laut dem Holl-Experten Christoph Emmendörffer gebe es "in Deutschland keine andere Stadt, die von einem Baumeister in dieser Form so dermaßen neu gestaltet" worden sei. Und ein grandioser Bautechniker sei Holl gewesen, ein Bauingenieur. Und das habe der Stadt ermöglicht, Bauten umzusetzen in einer Form und Qualität und in einer schnellen Abfolge, wie man sie sonst nirgendwo findet, sagt der Experte.

Aber auch als Person der Zeitgeschichte habe Holl viel zu erzählen. "Der Kaiser wollte aus Augsburg, das mehrheitlich protestantisch war, eine katholische Musterstadt machen, und der Rat war ihm dabei behilflich und hat alle Bediensteten, die evangelisch waren, dann vor die Tür gesetzt. Und dazu zählte auch Elias Holl". Der Gedanke der Freiheit, beziehungsweise der Gewissensfreiheit und des Individuums, das sei "eben auch in seiner Person drin", so Emmendörffer.

Mehr Holl im Maximilianmuseum und im Schaezlerpalais

Modelle von Holls Bauten, Skizzen und vieles mehr sind ab Juni in der neuen Ausstellung "Meister-Werk-Stadt" im Maximilianmuseum zu sehen, außerdem gibt es ein buntes Rahmenprogramm. Dazu tragen auch die Mitglieder der Zeichengruppe "Urban Skechers" bei. Sie treffen sich seit Wochen regelmäßig vor Ort an einem Holl-Gebäude, um Material für ihre geplante Ausstellung zum Jubiläum zu sammeln, die ab Jahresmitte im Schaezlerpalais gezeigt werden soll.

Holls Faible für verschiedenste Giebel und Fensterverzierungen fordere sie heraus - die vielen Schmuckleisten und Ornate seien gar nicht immer so einfach zu zeichnen, schmunzelt Hobbykünstlerin Claudia Hillebrand-Brem. Sie aber freue sich, "weil immer Leute kommen, die Augsburg nicht kennen, und ganz erstaunt sind, wie italienisch Augsburg ist. Das verdanken wir dem Elias Holl, weil er hier einen Standard gesetzt hat, der schon gesehen werden muss."

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