Kurz vor Sonnenaufgang steht Christian Müller mit einem breiten Grinsen zwischen seinen Riesling-Reben in der Weinlage Volkacher Ratsherr. Das Thermometer zeigt minus 7,5 Grad – für den Winzer vom Weingut Max Müller ist das ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk. Denn es ist endlich mal wieder kalt genug, um Eiswein zu lesen. Für das Volkacher Weingut ist es der erste Eiswein nach sieben Jahren.
"Ja, das ist lange her", lacht Christian Müller. "Aber jetzt sind die Temperaturen ideal. Wenn es jetzt aufklart, dann drückt es die Temperaturen noch etwas. Wir sind ganz zuversichtlich."
Lotteriespiel in Zeiten des Klimawandels
Rund ein Dutzend Winzer in Unterfranken stehen an diesem Morgen in den Startlöchern für die Eisweinlese. Auch bei Horst Sauer in Escherndorf sammeln sich die gefrorenen Trauben in den Bütten, ebenso bei den Winzern Sommerach am Katzenkopf oder beim fränkischen Weinbaupräsidenten Artur Steinmann in Sommerhausen.
Das Lotteriespiel mit dem Eiswein hat sich dieses Jahr also gelohnt – weil die fränkischen Winter immer wärmer werden, ist das mittlerweile selten geworden. Wenn es bis Anfang Januar nicht sehr kalt wird, sind die noch hängenden Trauben oft reif für den Kompost. Je nach Wetterlage verabschieden sich die meisten Winzer vorher aus dem Wartespiel und schwenken um auf Beerenauslesen und Trockenbeerenauslesen.
Eisweine als erlesener Exportschlager
Die süßen Eisweine sind eine erlesene Spezialität. Aus einer Traubenmenge, die 100 Liter normalen Wein ergibt, können gerade Mal acht bis zehn Liter Eiswein gewonnen werden. Für renommierte Weingüter ist der teure Tropfen ein wichtiges Aushängeschild. Eine 0,375 Liter kleine Flasche kostet zwischen 20 und 70 Euro, manchmal auch mehr. Vor allem in asiatischen Ländern ist Eiswein begehrt.
Die Krönung eines Weinjahrgangs
Aufzeichnungen zufolge werden in Franken seit 1794 Eisweine hergestellt. Sie gelten als Krönung eines Weinjahrgangs, weil die aromatischen Inhaltsstoffe der Beeren durch das Gefrieren konzentriert werden. Bei einer Eisweinlese müssen die Trauben durchgefroren sein. Ideal ist Dauerfrost an zwei aufeinanderfolgenden Tagen. Das gefrorene Wasser in den Beeren verbleibt in der Weinpresse. Von der Kelter tropft dann der süße Saft.
In einem Weinberg bei Köhler im Landkreis Kitzingen liegen die geernteten Reben mit Eiswein frühmorgens zum Abtransport bereit.
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