Rali Guemedji steht in Stationszimmer des Klinikums Nürnberg, wo sie als Gesundheits- und Krankenpflegerin arbeitet.
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Rali Guemedji arbeitet als Gesundheits- und Krankenpflegerin im Klinikum Nürnberg.

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Einsatz für Togo: Nürnbergerin für Ellen-Ammann-Preis nominiert

Sich für andere Frauen einsetzen, nach kreativen Lösungen suchen, gegen Widerstände kämpfen – das verdient Anerkennung. Für den Ellen-Ammann-Preis ist heuer eine Nürnbergerin nominiert, die die Gesundheit und Bildung von Frauen in Togo unterstützt.

Stellen Sie sich vor, Sie kommen ins Krankenhaus und müssen vieles für die Behandlung selber mitbringen: notwendige Medikamente, Hygiene-Artikel, Einmal-Handschuhe. Sie müssen von Angehörigen mit Essen versorgt werden und es gibt nicht genügend Betten für alle Patienten. In vielen Ländern sieht so der ganz normale Krankenhaus-Alltag aus. Jedes Mal, wenn Rali Guemedji von einer Reise in ihr Herkunftsland Togo zurück nach Nürnberg kommt, ist sie von den dürftigen Verhältnissen in dem westafrikanischen Land erschüttert. Denn oft mangelt es an dem Notwendigsten. Um den Menschen zu helfen, hat Rali Guemedji vor mehr als zehn Jahren den Verein Fi Bassar gegründet. Übersetzt heißt dies "Rettet Bassar". Es ist die Stadt, in der sie geboren wurde.

Gutes an andere weitergeben

Mittlerweile hat der Verein Fi Bassar viel Gutes bewirkt wie beispielsweise einen Brunnenbau und die Anschaffung eines ersten Krankenwagens in der 100.000 Einwohner-Stadt. Außerdem eine Ausbildungspartnerschaft mit einem Waisenhaus und ein Projekt für Plastikmüll-Recycling. Besonders am Herzen liegt Rali Guemedji die Unterstützung von Frauen in Togo, sowohl deren Gesundheit als auch deren Bildung. Rali Guemedji, die als Gesundheits- und Krankenpflegerin im Klinikum Nürnberg arbeitet, ist als 17-Jährige nach Deutschland geflüchtet. "Ich habe viel Gutes im Leben erfahren und Hilfe bekommen. Dies möchte ich an andere Menschen weitergeben. Denn das Leben ist Geben und Nehmen", erklärt sie ihre große Motivation.

Bildungschancen ermöglichen

Angefangen hat Rali Guemedji 2012 mit dem Verteilen von Lebenspaketen an schwangere Frauen im Krankenhaus von Bassar. Darin enthalten sind unter anderem Einmal-Handschuhe, Desinfektionsmittel, Nabelklemme und Baby-Wäsche. Aber auch ein Gutschein für die kostenpflichtige Geburtsurkunde. Sie ist zwingend notwendig für eine Einschulung der Kinder in Bassar. Viele Menschen konnten sich die Gebühr für die Urkunde nicht leisten. Doch mittlerweile ist Rali Guemedjis Initiative zum guten Vorbild geworden: Die Regierung übernimmt die Registrierung der Neugeborenen im Krankenhaus und stellt die Geburtsurkunde vor Ort aus. "Das ist ein Riesen-Erfolg", sagt Rali Guemedji mit strahlendem Gesicht. Denn sie möchte auch die Bildungschancen in Togo verbessern.

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Lebenspakete für einen guten Start ins Leben.

Unterstützung von Frauen und Kindern

Der Verein Fi Bassar unterstützt eine Grundschule mit Materialien und hat den Bau einer Berufsschule initiiert. Außerdem gibt es Ausbildungspatenschaften, die jungen Menschen ein Einkommen sichern sollen. Im Fokus stehen für Rali Guemedji die Frauen und die Hilfe zur Selbsthilfe. Sie ist davon überzeugt, dass gut ausgebildete Mütter dies an ihre Kinder weitergeben und sie ebenfalls in die Schule schicken. "Um die Lebenssituationen in afrikanischen Ländern zu verbessern, müssen wir den Zugang zur Bildung verbessern", ist Rali Guemedji überzeugt.

Hilfe durch das Klinikum Nürnberg

Unterstützung kommt auch vom Klinikum Nürnberg, das seit 2017 eine Partnerschaft mit dem Krankenhaus in Bassar verbindet. Jedes Jahr reisen medizinische Teams des Klinikums nach Bassar, um Geräte und Medikamente zu spenden. Außerdem behandeln sie Patienten kostenlos und schulen Mitarbeitende. Wichtig dabei sei die Begegnung auf Augenhöhe, betont der Projektleiter Franz Köhler.

Die Schulungen in Kinderheilkunde, Anästhesie, Geburtshilfe und Sonographie werden in Zukunft noch intensiver fortgesetzt, weil die pädiatrische Versorgung im Hôpital von Bassar sehr rudimentär ist. Es gibt keine spezielle Ausstattung für Neugeborene, Säuglinge und Kleinkinder, weder Betten noch Geräte, Medikamente oder Personal. Das Klinikum Nürnberg möchte sich über die Aktivitäten in Nürnberg und Deutschland hinaus sozial engagieren.

Bau eines Kinderkrankenhauses

Die Hilfe des Vereins Fi Bassar geht noch weiter: Im Herbst soll der Grundstein für ein erstes Kinderkrankenhaus in Bassar gelegt werden. Denn bislang gibt es dort keine eigene Kinderklinik, obwohl sehr viele Kinder dort im Krankenhaus behandelt werden. Frühgeborene müssen zum Teil 50 Kilometer über schlechte Straßen in die nächste Klinik gefahren werden. Pro Jahr gibt es circa 1.500 Geburten und es werden etwa 2.500 Kinder behandelt. Die Haupterkrankungen sind Malaria, Infektionskrankheiten und Unterernährung.

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Architekt Mathias Kreibich und Rali Guemedji studieren die Baupläne für die neue Kinderklinik in Bassar.

Netzwerk aus Helfenden

An der Ausstattung der Kinderklinik wird sich das Klinikum Nürnberg beteiligen und die Baupläne wurden vom Architektenbüro "blauhaus" kostenlos erstellt. Denn Rali Guemedji kämpft unermüdlich um Unterstützung und begeistert dadurch auch andere Menschen. "Sie kümmert sich um die Dinge und hängt sich rein", lobt Architekt Mathias Kreibich. Die Nominierung von Rali Guemedji für den diesjährigen Ellen-Amman-Preis findet er sehr schön, "sowohl für sie als Person als auch für das Projekt." Der Preis wird im Juni vom Landesverband Bayern des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB) vergeben und zeichnet eine Bewerberin aus, die sich für ein innovatives und außergewöhnliches Projekt zugunsten von Frauen einsetzt.

Ellen-Ammann-Preis des KDFB Landesverband Bayern

Der Preis soll an das beeindruckende Lebenswerk von Ellen Ammann (1870 – 1932) erinnern. Die berufstätige Mutter von sechs Kindern war eine der ersten Frauen im Bayerischen Landtag, eine Wegbereiterin der modernen Sozialarbeit und frühe Vertreterin der Gleichberechtigung. Ellen Ammann war eine mutige und vielseitige Frau, die sich in Kirche und Politik engagierte. Ihr Vermächtnis, ein breites Netzwerk von Institutionen und Organisationen, ist bis heute lebendig.

Rali Guemedji bei ihrer Arbeit.
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Rali Guemedji

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