Viele unterschiedliche Geschichten, eine Gemeinsamkeit: Die gut 650 Menschen, die am Montagabend in die Münchner Residenz gekommen sind, haben alle seit Kurzem die deutsche Staatsbürgerschaft. Ministerpräsident Markus Söder und sein Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) hatten sie zum Empfang nach München eingeladen. Söder freute sich darüber, dass sich die Anwesenden für die Einbürgerung entschieden hatten. Egal aus welchem Grund, wichtig sei am Ende nur, "dass wir uns darauf verständigen, dass wir die Gesellschaft in Bayern unterstützen", sagte Söder.
Wie viele Menschen wurden zuletzt eingebürgert?
Nach München gekommen ist am Montagabend auch Lucie Hahn aus Cham. Seit 20 Jahren ist sie mit ihrem Mann zusammen, einem Deutschen. Trotzdem hatte ihr ihre tschechische Staatsangehörigkeit immer gereicht. Es waren die Auswirkungen der Pandemie, die bei ihr zu einem Umdenken geführt haben, genauer: "Die Grenzschließungen. Es wurde wieder unterschieden, wer eine andere Staatsangehörigkeit hat", sagt Hahn. Ihre ganze Familie hat die deutsche Staatsangehörigkeit, erzählt sie, das war für sie entscheidend.
Die Zahlen seit 2005 zeigen: Im Vergleich zu den 2000er-Jahren werden mittlerweile deutlich mehr Menschen eingebürgert. 2021 erhielten in Bayern 23.158 Menschen die deutsche Staatsbürgerschaft im Rahmen der Einbürgerung. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Plus von fast 15 Prozent. Der eher geringe Wert von 2020 ist aber wohl auch damit zu erklären, dass die Behörden wegen des Beginns der Corona-Krise weniger Anträge bearbeitet haben.
Grafik: Einbürgerungen in Bayern
Häufigste Herkunftsländer: Rumänien, Syrien, Türkei
Unter den 2021 in Bayern eingebürgerten Menschen hatte etwa ein Drittel zuvor eine Staatsbürgerschaft in einem EU-Mitgliedsland, die meisten von ihnen die rumänische. Auf Platz zwei und drei der Einbürgerungen von Menschen aus EU-Ländern finden sich Italien und Polen.
Unter den Nicht-EU-Ländern liegen Syrien und die Türkei vorne: Jeweils rund 2.000 Menschen hatten zuvor die Staatsbürgerschaft eines dieser Länder.
In welchen Landkreisen wurden wie viele Menschen eingebürgert?
Die meisten Einbürgerungen gab es 2021 in München – hier erhielten 2021 genau 6.440 Menschen den deutschen Pass. Auch verglichen mit der Einwohnerzahl liegt die Landeshauptstadt damit vorne. Die Quote an Einbürgerungen lag bei circa 4,33 pro 1.000 Einwohner. Die niedrigste Quote mit 0,17 Einbürgerungen pro 1.000 Einwohner hat der Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz.
Grundsätzlich gilt: In Bayerns großen Städten gibt es tendenziell mehr Einbürgerungen als in ländlichen Gebieten. Das dürfte in erster Linie daran liegen, dass in Städten der Anteil von Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft höher ist als im ländlichen Raum. Die untenstehende Grafik zeigt für jeden bayerischen Landkreis und jede kreisfreie Stadt, wie viele Menschen dort 2021 eingebürgert wurden.
Grafik: Einbürgerungen in den bayerischen Landkreisen und Städten
Wer kann eingebürgert werden und wie lange dauert das?
Das bayerische Innenministerium zählt auf seiner Website einige Punkte auf, die Voraussetzung für eine Einbürgerung sind. Demnach muss eine Person vor ihrer Einbürgerung Deutsch sprechen, sich zum Grundgesetz bekennen und darf nicht vorbestraft sein. Außerdem muss die Person acht Jahre lang in Deutschland leben – wobei es von dieser Regel Ausnahmen gibt, etwa für geflüchtete Menschen oder solche, die mit einer Person mit deutscher Staatsangehörigkeit verheiratet sind.
Eine genaue Bearbeitungsdauer für den Einbürgerungsprozess gibt es nicht. Auf ihrer Website spricht etwa die Stadt München von acht bis zwölf Monaten. Auf Nachfrage ergänzt das zuständige Kreisverwaltungsreferat einige Faktoren, die die Dauer erhöhen können. So muss die Stadt bei manchen Herkunftsländern Anfragen bei Polizei oder anderen Behörden stellen und die Antworten auswerten. Manche Menschen müssen erst ihre alte Staatsbürgerschaft ablegen, was je nach Fall auch länger dauern könne. Außerdem kommt laut Kreisverwaltungsreferat hinzu, "dass das Antragsaufkommens in den letzten Jahren stark gestiegen ist".
Wie kommt es zu einer doppelten Staatsangehörigkeit?
Hat eine Person die Staatsangehörigkeit von mehr als einem Land, spricht man von doppelter Staatsangehörigkeit. Grundsätzlich versucht Deutschland zwar, Mehrstaatigkeit zu vermeiden. Es gibt allerdings Ausnahmen, etwa für Menschen aus anderen EU-Ländern und der Schweiz. Einige Länder erlauben ihren Bürgerinnen und Bürgern auch grundsätzlich nicht, ihre ursprüngliche Staatsangehörigkeit abzugeben, etwa Argentinien oder der Iran. Dann kann es dazu kommen, dass eine Person mehrere Pässe besitzt.
Und wie in manchen anderen Ländern gilt auch in Deutschland das Abstammungsrecht: Wenn ein Elternteil eines Kindes die deutsche Staatsangehörigkeit innehat, erhält das Kind diese ebenfalls. Durch diese Regelung kann es dazu kommen, dass Kinder schon von Geburt an mehrere Staatsangehörigkeiten besitzen.
Wenn mindestens ein Elternteil eines Kindes seit mindestens acht Jahren in Deutschland lebt und einen unbefristeten Aufenthaltstitel hat, erhält das Kind bei Geburt die deutsche Staatsbürgerschaft – auch, wenn kein Elternteil diese selbst besitzt. Hat das Kind über seine Eltern noch eine weitere Staatsangehörigkeit, muss es sich bei Volljährigkeit entscheiden, welche es behalten will. Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen für Kinder, die etwa in Deutschland aufgewachsen sind oder deren weitere Staatsbürgerschaft die eines EU-Mitgliedstaates ist. Diese können beide Staatsangehörigkeiten auch im Erwachsenenalter behalten.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!