Senner Mathias Hamann auf der Mooskaser Saletalm am Königssee.
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Senner Mathias Hamann auf der Mooskaser Saletalm am Königssee.

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Ein Sommer als Senner am Königssee – Abschied von der Alm

Feuerwehrmann Mathias Hamann hat vier Monate lang auf einer abgeschiedenen Alm am Königssee verbracht. Ein Sommer ohne Fernseher und Internet, dafür mit viel harter Arbeit. Welche Erfahrungen hat der 30-Jährige gesammelt? Ein zweiter Ortsbesuch.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau am .

Mathias Hamann hat zwei Jahresurlaube zusammengespart, um als Senner auf der Mooskaser Saletalm am Königssee zu arbeiten. Dort ist der Berufsfeuerwehrmann der Bundeswehr seit Ende Mai täglich um fünf Uhr aufgestanden, um die Kühe zu melken, Käse zu machen und anschließend die Gäste mit den selbstgemachten Speisen zu versorgen. Wir haben ihn in seiner ersten Woche auf der Alm begleitet und uns dabei gefragt: Hält er das den ganzen Sommer lang durch?

Abgeschieden am hintersten Ende des Königssees

Wenige Tage vor dem Almabtrieb am Königssee und dem Ende seiner Zeit als Senner haben wir ihn noch einmal besucht. In den frühen Morgenstunden ging es mit einem alten Fischerboot über den See bis nach Salet, dem hintersten, südlichen Ende des Königssees. Die Anlegestelle Salet ist normalerweise nur mit den Touristen-Booten der Bayerischen Seenschifffahrt zu erreichen.

Nach dem Almabtrieb wird Mitte Oktober dann auch der Schiffsverkehr eingestellt, denn im Winter zeigt sich in Salet die Sonne nicht mehr. Oft kommt es sogar vor, dass die Leitungen in den historischen Almen gefrieren. Deshalb werden sie dort hinten auch nur im Sommer bewirtschaftet.

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Senner Mathias Hamann presst die Butter in eine Form.
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Senner Mathias Hamann presst die Butter in eine Form.

Unmotivierte Kühe in der Morgendämmerung

Auf der Mooskaser Saletalm, am Ufer des Königssees, brennt an diesem frühen Morgen um kurz nach sechs Uhr schon Licht. Senner Mathias Hamann hat im Kammerl neben dem Stall schon Milch in eine Zentrifuge gegossen. Das Gerät trennt nun den Rahm von der Milch.

Während das Gerät leise vor sich hinsurrt und die Buttermasse vorbereitet, holt der Senner die Kühe von der Weide. Es ist noch ziemlich dunkel draußen und es regnet leicht. Die Kühe stehen verstreut auf der Weide und bewegen sich nur mühsam vorwärts Richtung Stall. Die Tiere sind jetzt, am Ende eines langen Almsommers, nicht mehr besonders motiviert.

"Da merkst einfach, da ist alles anders. Im Sommer war es noch so, da sind wir um Viertel nach fünf Uhr weg und um sechs Uhr waren wir wieder da", erzählt Mathias Hamann, während er versucht, seine vier Kühe am Seeufer entlang zur Alm zu treiben. Es ist bereits sieben Uhr, bis die Kühe endlich im Stall und gemolken sind.

Wie sieht ein typischer Tag auf der Alm bei Senner Mathias Hamann aus? Bitte das erste Bild anklicken, damit die Bildunterschriften angezeigt werden.

Nach der Stallarbeit wird gebuttert und gekäst

Geschafft, jetzt geht es zum Buttern. Die Zentrifuge im Milchkammerl hat den Rahm mittlerweile abgetrennt. In einem Wasserbecken mit Eis presst der Senner nun die Buttermasse aus, damit die restliche Buttermilch herausfließen kann. Dann schlägt Mathias Hamann die Butter mit der Hand aus, indem er die einzelnen Portionen mehrmals von einer Hand in die andere wirft. Mittlerweile kann er das sogar, ohne die Butter fallen zu lassen: "Das ist halt eine Mords-Sauerei. Das eine oder andere Mal ist mir dabei schon mal ein Batzen ausgekommen".

Zum Schluss wird die Butter dann noch in eine Holzform mit Blumenmotiv gepresst. Nach vier Monaten Übung ist der Senner mit dem Ergebnis sehr zufrieden: "Der Wahnsinn, des is schee. Selten, dass ich das so hinkriege!"

Die frische Butter ist nun fertig und wird gekühlt, bis die ersten Gäste gegen Mittag auf die Alm kommen. Im Stall gibt es einen kleinen Kühlschrank, der mit Solarstrom betrieben wird. Es ist jetzt Viertel nach neun und der Senner hat nun endlich Zeit für ein kleines Frühstück.

Ein Sommer ohne Internet und Badezimmer

Einen Sommer lang als Senner bedeutet auch: ein Leben ohne Internet, mit einer provisorischen Dusche im Stall und einem Plumpsklo draußen auf der Weide. Salet liegt so abgeschieden und umringt von hohen Bergen, dass es hier keinen Internetempfang gibt. Mathias Hamann hat das auch genossen: "Ich glaube, ich bin erst einmal geschockt, wenn ich wieder alles mitbekomme, was so passiert". Dass die Queen gestorben ist, habe er beispielsweise auch erst Tage später mitbekommen, auf dem wöchentlichen Senner-Stammtisch in der Nachbaralm.

Ohne Luxus, dafür mit einzigartigen Erlebnissen

Der 30-Jährige musste auf der Alm nicht nur auf so manchen Komfort verzichten. Auch die Arbeit war nicht immer leicht. Vor allem in der Hochsaison, als er alleine für die Bewirtung der Gäste zuständig war. Aber es gab auch viele schöne Erlebnisse, sagt der Senner. Zum Beispiel, als er ganz überraschend mit einem der Boote ein Päckchen geliefert bekam. Zwei Gäste aus Franken wollten sich damit bei ihm für die gute Almbrotzeit bedanken. "Mit Glückwünschen, Fotos, Essenssachen, auch Schoki war mit dabei und Bier", erzählt Hamann. "Das war eines von den schönsten Sachen hier heroben. Damit habe ich überhaupt nicht gerechnet. Die schätzen das ja richtig, was wir da machen".

Mehr Wertschätzung für Lebensmittel

Und noch etwas hat sich seit seinen ersten Tagen auf der Alm verändert: Durch die mühsame Arbeit weiß er jetzt auch die Lebensmittel hoch zu schätzen. "Was steckt eigentlich hinter einem Stück Käse? Warum ist der so teuer? Jetzt weiß ich das, weil das einfach viel Aufwand ist. Und diese Erfahrung, jetzt zu wissen: Okay, was ich da kaufe, das ist Gold wert."

Der 30-Jährige stellt auf der Alm für die angebotenen kalten Brotzeiten verschiedene Frischkäsesorten, Schnittkäse und einen würzigen Eimerkäse selbst her. Den Schinken bringt die Almbäuerin vorbei und das Brot wird täglich frisch mit dem Boot nach Salet gebracht.

Um kurz nach elf Uhr sind auch schon die ersten Gäste da: Zwei Urlauberinnen aus Baden-Württemberg. Für das hausgemachte Käsebrot von Mathias Hamann gibt es viel Lob: "Das ist ja schön, dass man da drei verschiedene Sorten hat. Eine schöne Überraschung heute Morgen."

Wenn die Gäste weg sind, ist die Arbeit noch lange nicht vorbei

Bis 16 Uhr geht das jetzt so weiter. Auf der Alm ist heute einiges los, obwohl die Hauptsaison schon vorbei ist und es sogar noch immer leicht regnet. Doch als alle Gäste weg sind, geht die Arbeit für den Senner weiter. Bevor die Kühe ein zweites Mal von der Alm in den Stall getrieben und gemolken werden müssen, heißt es nun: Basteln.

Der Senner muss für den traditionellen Almabtrieb noch den Kopfschmuck fertigstellen. Der Schmuck besteht aus einzelnen "Fuikln", also Blumen aus Holzspänen. Ein paar Dutzend hat er in den letzten Tagen schon gefaltet und zusammengetackert. Aber das reicht noch nicht für die vier Kühe.

Beim Basteln erklärt er, was es mit dem Brauch auf sich hat: "Solang nichts passiert ist auf der Alm und die Kühe wieder gesund heimkommen, darf man Aufkranzen und dafür braucht es eben diese Fuikl, das ist der traditionelle Kopfschmuck für den Almabtrieb."

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Kuh-Kopfschmuck für den Almabtrieb am Königssee.

Einmalige Erfahrungen gesammelt

Mit dem traditionellen Almabtrieb über den Königssee endet auch der Sommer auf der Mooskaser Saletalm. Nach über vier Monaten im Berchtesgadener Land geht es für Matthias Hamann dann wieder zurück in die Heimat nach Dachau.

Würde er es noch einmal machen? Die Antwort kommt schnell: "Ja, auf jeden Fall. Also, es war definitiv nicht mein letzter Almsommer. Diese ganzen Erfahrungen, das nimmt man alles mit heim. Vom Luxus einfach mal wegzukommen, nicht ständig aufs Handy schauen."

Wehmütiger Abschied mit Vorfreude

An seinen Abschied von der Alm will der Senner aber eigentlich noch gar nicht denken. Noch ist viel Arbeit da, die Hütte muss auch noch für die Wintermonate vorbereitet werden. Da bleibt sie nämlich bis zum nächsten Almsommer geschlossen.

Dennoch freut sich Mathias Hamann auch, wenn er wieder daheim ist und auf ein paar Sachen, die er auf der Alm schon vermisst hat: "Am meisten freue ich mich eigentlich darauf, meine Spezln wieder zu sehen. Und auf einen Einsatz freue ich mich wieder, dass man mal wieder ein bisschen Action bei der Feuerwehr hat." Und noch etwas fällt ihm lachend ein: "Man möchte es nicht glauben, aber jetzt hat man doch vier Monate ein Plumpsklo gehabt. Da wäre mal wieder ein Klo mit WLan nicht schlecht."

Doch jetzt heißt es erst einmal für den Senner: Die letzten Tage auf der Mooskaser-Saletalm noch genießen. Denn sobald wird er sich wohl nicht mehr eine Auszeit von vier Monaten nehmen können.