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Seit Monaten ist das Krankenhaus Wegscheid im Gespräch. Bevölkerung, Kommunalpolitiker und Ärzte befürchten, dass es das 60-Betten-Haus in der jetzigen Form bald nicht mehr gibt - oder sogar komplett dicht machen muss. Der Ärger über Entscheidungen in der Politik ist groß.
Unterschriftenübergabe in Berlin
Schauplatz Stadtplatz Vilshofen: VdK-Ortsvorsitzender Helmut Dendl sammelt Unterschriften für die drei Krankenhäuser im Landkreis Passau. Wegscheid liegt ihm besonders am Herzen. "Auch hier muss die Notfallversorgung gewährleistet sein", fordert der Ehrenamtler. Knapp 7.000 Unterschriften hat der VdK zusammenbekommen. Sie sind am Donnerstagnachmittag in Berlin an den Hauzenberger Bundestagsabgeordneten Johannes Schätzl (SPD) übergeben worden und sollen noch heute an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach weitergeleitet werden. Dann schauen wir mal, was er macht", sagt Dendl.
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Vorgaben schwer erfüllbar
Das Problem: Wegen schärferer gesetzlicher Vorgaben des höchsten Beschlussgremiums im deutschen Gesundheitswesen, des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) in Berlin, fürchten kleinere Krankenhäuser um ihre Existenz. Wegscheid würde ab Frühjahr 2023 geltenden Anforderungen nicht mehr genügen.
Willibald Prügl, Ärztlicher Leiter in Wegscheid, erklärt: "Es müsste eine eigenständige Notaufnahme mit Fachpersonal vorhanden sein. Dafür ist unser Haus aber zu klein." Auch die geforderte Intensivstation mit sechs Betten, drei davon mit festen Beatmungsplätzen, sei personell und finanziell nicht leistbar, sagt Prügl. Aktuell hat das Krankenhaus 60 Betten und vier Fachabteilungen. 250 Mitarbeitende kümmern sich jährlich um gut 3.000 stationäre Patienten.
"Wo soll ich hin, wenn Wegscheid nicht mehr da ist"
Krankenhausgeschäftsführer Josef Mader hat null Verständnis für die G-BA-Beschlüsse: "Da wird überhaupt nicht unterschieden, ob es um einen ländlichen Raum oder um ein Ballungsgebiet wie München geht, wo ich - überspitzt formuliert - von einem Krankenhaus ins nächste falle. In Wegscheid brauche ich 30 bis 40 Minuten bis zur nächsten Notfallversorgung." Besonders ältere Menschen in der Region machten sich Sorgen, berichtet der Ärztliche Leiter Prügl: "Wo soll ich hin, wenn Wegscheid nicht mehr da ist – das hör ich hier sehr oft."
Kritik kommt auch von Wegscheider Allgemein- und Notärzten wie Paul Erhard. Die ständige Diskussion über die Wirtschaftlichkeit von Krankenhäusern verstünden viele Menschen nicht. Vor allem nicht, weil sie sich in Wegscheid gut versorgt fühlten. "Die Gesundheitsökonomen legen sich auf dem Papier was zurecht, was sich wunderbar liest. In der Realität sind die ländlichen Regionen wie Wegscheid die Gelackmeierten", sagt Erhard.
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Landrat: "Führen keine Schließungsdiskussion"
Die Nerven wegen der Krankenhaus-Diskussion im Landkreis Passau sind angespannt. Auch bei Landrat Raimund Kneidinger (CSU), der sich schon den Vorwurf anhören musste, zu spät in der Sache etwas unternommen zu haben. Stimmt nicht, sagt Kneidinger und listet dem BR auf, wie oft er in seiner Amtszeit wegen Wegscheid bereits aktiv gewesen sei. Zuletzt mit einem Brandbrief an Gesundheitsminister Lauterbach.
Kneidinger sagt: "Wir führen hier keine Schließungsdiskussion, sondern eine Konzeptdiskussion. Es braucht eine Sonderregelung für Krankenhäuser wie Wegscheid. Und dafür muss es vom Bund die Mittel geben." Die Existenz des Krankenhauses sei für etwa 35.000 Menschen in der Region zwingend notwendig.
Besonders ältere Menschen in der Region machten sich Sorgen, berichtet Ärztlicher Leiter Willibald Prügl (l.).
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