8.500 Patienten mit Corona wurden seit Beginn der Pandemie allein in der München Klinik versorgt. Etwa 1.500 von ihnen waren auf der Intensivstation. Die Ausnahmesituation hat Probleme offenbart, welche die Krankenhaus-Betreiber und die Politik wohl noch länger beschäftigen werden.
"Patient 1" mit dem neuartigen Coronavirus
27. Januar 2020: Bei der München Klinik Schwabing meldet sich ein Familienvater, Mitte 30 und Mitarbeiter des Autozulieferers Webasto in Stockdorf. Kurz danach ist klar: Der Mann hat sich in einer Besprechung bei einer chinesischen Kollegin angesteckt. Er gilt als "Patient 1" mit Corona.
Klinik an der Belastungsgrenze
Es war der Anfang einer Krankheitswelle, die das Krankenhaus an die Belastungsgrenze brachte. Zeitweise mussten sogar Patienten aus Bayern ausgeflogen werden. Mittlerweile hat sich die Lage entspannt. Es sei kein Vergleich zum vergangenen Winter, sagt Clemens Wendtner, Chefarzt der Schwabinger Infektiologie. Demnächst wird die Maskenpflicht in vielen Bereichen aufgehoben. Die aktuelle Omikron-Variante gilt als weniger gefährlich, die Behandlungsmöglichkeiten haben sich verbessert.
Heute deutlich weniger Corona-Patienten im Krankenhaus
Momentan werden in den Häusern der München-Klinik rund 100 Patienten wegen oder mit Corona behandelt, zehn sind auf Intensiv- und Überwachungsstationen. In den Hochphasen der Pandemie waren es schon mal 60 Patienten gewesen.

München Klinikum Schwabing: Hier wurde vor drei Jahren Patient 1 behandelt.
Corona-Pandemie deckt Schwächen auf
Die Krise hat alle zur Höchstform auflaufen lassen, aber auch Schwächen aufgedeckt, die nach Corona weiter Probleme bereiten werden. München Klinik-Chef Axel Fischer verweist auf die Situation in den Kinderkliniken vor wenigen Wochen, als es eine große Infektionswelle mit vielen Corona-, Influenza- und RSV-Fällen gab. "Dass es da eine Stadt München nicht schafft, alle Kinder adäquat zu behandeln, zeigt ja, wo Probleme liegen", betont er: "Vor allem im Bereich der Fachkräfte, die fehlen."
Zu wenige Fachkräfte
3.000 Pflege-Mitarbeitende hat die München Klinik, 300 Stellen sind unbesetzt, Mitarbeiter fehlen. Die Tendenz ist eher steigend, auch wegen der demographischen Entwicklung. Die Krankenhaus-Landschaft müsse sich insgesamt ändern, ist Fischer überzeugt. Es brauche weniger Betten und weniger Krankenhäuser. Die vorhandenen Fachkräfte müsse man dann "zuordnend einteilen". Daneben müsse man natürlich auch den Pflegeberuf aufwerten und zum Beispiel mehr Personal im Ausland rekrutieren.
Derzeit "keine sehr akute Bedrohung"
Was Corona angeht, blickt der Schwabinger Chefarzt Clemens Wendtner einigermaßen optimistisch in die Zukunft. Freilich beobachtet er trotzdem genau die Entwicklungen in den USA, wo sich die neuesten Omikron-Subvarianten ausbreiten. Diese seien "nicht krankmachender", aber infektiöser und könnten dazu führen, dass wieder verstärkt Personal ausfalle und chronisch Kranke sowie Immungeschwächte Schaden nehmen, so die Befürchtung. Doch für die Allgemeinbevölkerung seien sie in der endemischen Phase "keine sehr akute Bedrohung", ist Wendtner überzeugt.
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Mehr Homoffice und weniger Dienstreisen
Auch bei Webasto – der Firma, die als erste in Deutschland von Corona betroffen war – hat die Pandemie Spuren hinterlassen. Die schon 2019 eingeführte Möglichkeit, "zwei Tage mobil und drei Tage vor Ort" zu arbeiten, wird inzwischen "viel intensiver genutzt", wie der Vorstandsvorsitzende Holger Engelmann berichtet. Auch Geschäftsreisen sind nicht mehr so selbstverständlich wie früher. Es werde insgesamt sorgfältiger geprüft, "ob Reisen tatsächlich erforderlich sind oder sich Themen auch auf digitalem Wege besprechen oder lösen lassen", so Engelmann. Die Anzahl der Reisen nach China sei "immer noch auf einem sehr niedrigen Niveau".
- Zum Artikel: "Pandemie-Lehren: Was Bayern aus der Corona-Zeit gelernt hat"
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