Dorfladen Burgpreppach
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Im "Lädla" in Burgpreppach gibt es Obst und Gemüse aus der Region.

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Dorfläden bringen bayerische Dörfer näher zusammen

Dorfläden zahlen sich für einen Großteil der Kommunen aus – das hat eine kürzlich veröffentlichte Nahversorgungsumfrage des Bayerischen Wirtschaftsministeriums ergeben. Trotzdem gibt es Herausforderungen auf dem Weg zur Eröffnung.

Um Punkt 14 Uhr schließt Sabine Appoldt-Barth ihren kleinen Dorfladen für den Verkauf am Nachmittag auf. "Lädla" steht in geschwungener Schrift über dem Eingang. Die 52-Jährige leitet den Dorfladen in Burgpreppach im unterfränkischen Landkreis Haßberge seit 2019. Damals hatte sie den 100 Quadratmeter großen Laden in einer finanziell schlechten Situation von den Vorgängern übernommen. "Wir hatten einiges zu tun", sagt die gelernte Fleischerei-Fachverkäuferin, die bereits vorher einen Dorfladen leitete. "Wir mussten die ganze Produktpalette neu bestellen und uns überlegen, wie wir sie erweitern. Aus Erfahrung kannte ich einige Produkte, die man unbedingt braucht. Außerdem muss man sich danach richten, was sich die Kundschaft wünscht."

Umstellung auf Regionalität

Die Umstellung auf regionale Produkte habe das Geschäft, trotz Corona, stark belebt. Heute kaufen zwischen 110 und 250 Kundinnen und Kunden täglich im "Lädla" ein. "Wir versuchen, jeweils zur Hälfte regionale und zur Hälfte andere Produkte zu verkaufen, damit wir ein preisliches Gleichgewicht haben", sagt Appoldt-Barth. Früher belieferte eine Großschlachterei den Dorfladen. Heute sind es kleine regionale Familienbetriebe, die Fleisch und Backwaren liefern. Die Produkte sind als regional gekennzeichnet und liegen in zwei kleinen Glasvitrinen.

Dorfladen als zentraler Treffpunkt

"Unser Laden bringt die Leute näher zusammen, er ist Umschlagplatz für die Kommunikation im Dorf, egal ob alt oder jung", erzählt die Marktleiterin. Der an den Dorfladen angrenzende Bürgertreffpunkt mit Café öffnet mit dem Dorfladen, hier finden Stammtische statt oder die Leute treffen sich nach dem Einkauf auf einen Kaffee. Zwölf Kilometer ist der nächste große Supermarkt entfernt, viele Kundinnen und Kunden schätzen, dass der Dorfladen zu Fuß erreichbar ist. Wie Tanja Meißner, die kurz hereinkommt, um eine Briefmarke zu kaufen. Sie sagt: "Es ist sehr praktisch, dass wir nicht für jede Kleinigkeit in die Stadt fahren müssen."

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Leiterin des Dorfladens Sabine Appoldt-Barth (links) mit der Vorsitzenden des Heimatsvereins, Marion Fleischmann-Hilton.

Umfrage: Dorfläden zahlen sich für Kommunen aus

Unterstützt wird der Dorfladen in Burgpreppach vom Amt für Ländliche Entwicklung und dem ansässigen Heimatverein. Marion Fleischmann-Hilton ist Erste Vorsitzende des Vereins und sagt: "Schwarze Zahlen schreibt der Laden immer noch nicht, aber wir sind auf einem guten Weg dahin. Finanziell geht es dem Laden viel besser als früher." Die Umfrage des Bayerischen Wirtschaftsministeriums hat ergeben, dass sich für 86 Prozent der Kommunen die Eröffnung eines Dorfladens ausgezahlt hat. 263 bayerische Kommunen hatten an der Umfrage teilgenommen.

Herausforderungen zur Dorfladen-Eröffnung

Als Herausforderung zur Eröffnung eines Dorfladens gaben die Kommunen fehlendes Personal, die fehlende Möglichkeit zur Öffnung an Sonn- und Feiertagen, hohen Investitionsbedarf sowie bürokratische Hürden an. Die Studie ergab außerdem ein Nahversorgungsproblem in der Hälfte der befragten Kommunen, das aufgrund altersbedingter Geschäftsaufgaben noch verstärkt wird. Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sagte. "Die Zukunft gehört Dorfläden mit regionalen Produkten von lokalen Erzeugern wie Landwirten, Metzgern und Bäckern."

24/7-Supermarkt in Wollbach

Ein anderes Modell verfolgt ein Selbstbedienungsdorfladen in Wollbach, der 24 Stunden am Tag geöffnet hat. Der Mini-Supermarkt im Landkreis Rhön-Grabfeld, fünf Kilometer nördlich von Bad Neustadt, wurde Anfang des Jahres geöffnet. Das Konzept: Zu bestimmten Uhrzeiten ist Personal vor Ort und kassiert die Waren ab, außerdem können die Kundinnen und Kunden mit einer personalisierten Karte rund um die Uhr den Supermarkt betreten und mit dieser Karte auch bezahlen.

Breite Zielgruppe des Mini-Supermarktes

Regina-Kesselring leitet den Mini-Supermarkt der 1.400 Einwohner-Gemeinde, sie sagt: "Bei uns kauft ein ganz breiter Altersdurchschnitt ein, von den jungen Familien, die nach dem Kindergarten noch eine kleine Brezel für die Kleinen holen, bis zu Senioren, die hier tatsächlich auf den wöchentlichen Einkauf angewiesen sind, weil sie nicht mobil sind." Diebstahl sei bisher erst einmal vorgekommen und konnte durch die personalisierte Karte sowie installierte Kameras sofort nachvollzogen werden. Der Tante Enso-Laden verkauft ein Basissortiment, außerdem können Kundinnen und Kunden sich weitere Produkte wünschen. In Wollbach waren das bisher etwa unterschiedliche Energiedrinks, Maschinenentkalker oder griechischer Joghurt, erzählt Kesselring.

Voraussetzung: Finanzielle Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger

Das Konzept stammt von einem Unternehmen aus Bremen. Voraussetzungen für die Mini-Supermärkte, von denen es bereits zehn in Deutschland gibt, sind: Der nächste große Supermarkt muss einige Kilometer entfernt sein und mindestens 300 Personen müssen sich vorab finanziell an der Filiale beteiligen. Wollbachs Bürgermeister Thomas Bruckmüller (CSU) hat große Hoffnungen, dass sich der Supermarkt lange in Wollbach halten wird: "Dadurch, dass es im Hintergrund ein großes Geschäft gibt, das etwa alle Bestellungen organisiert, erleichtert das im Ort enorm die Geschäftsführung."

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Regina Kesselring leitet den Mini-Supermarkt in Wollbach, hier gibt es viele handelsübliche Produkte.

Zukunftsmodell: Lange Öffnungszeiten

Ähnliche Konzepte wie in Wollbach gibt es in ganz Bayern. "Das ist ein Trend, der deutlich nach vorne geht", sagt Wolfgang Gröll. Er ist Gründer des Bundesverbandes der Bürger- und Dorfläden in Deutschland e.V. und arbeitet als Unternehmensberater. Längere Öffnungszeiten, in denen die Kunden nach Ladenschluss selbst kassieren, sei ein Zukunftsmodell. Außerdem werde es immer wichtiger, auch warmes Essen oder zumindest Kaffee und Tee anzubieten. Bei den Produkten sollte laut Gröll die Qualität eine wichtige Rolle spielen: "Es gibt da eine ganz andere Sensibilität bei der jungen Generation."

Einkaufsverhalten der Zukunft begünstigt Dorfläden

Als Berater plädiert Gröll meistens gegen die Genossenschaft als Rechtsform. So habe man später Schwierigkeiten, falls der Betrieb in eine andere Unternehmensart umgewandelt werden soll. "Genossenschaftliche Züge" seien da viel praktischer und würden denselben Zweck erfüllen. Besteht eine Beteiligung der Bürger, überleben die Geschäfte seiner Erfahrung nach in mehr als 90 Prozent der Fälle. Und die Dorfläden werden immer wichtiger, sagt Gröll. "Bisher kaufen wir vor allem auf dem Weg von der Arbeit nach Hause ein." Sobald aber die Babyboomer in Rente gehen und es immer mehr Homeoffice gibt, werde sich auch das Einkaufsverhalten ändern. "Dann wird der Wohnort wieder zum Einkaufsort. Und mit ihm die Dorfläden.

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