Aufgrund der weiterhin schlechten Stickstoffdioxidwerte in München will die Stadt ab Februar 2023 die Regeln für die sogenannte Umweltzone verschärfen, die bislang nur in der Münchner Innenstadt gilt. Dort dürfen eigentlich nur Diesel-Pkw rein, auf deren Windschutzscheibe eine grüne Plakette klebt.
Ausweitung der Verbotszone
Bald soll sich das grundsätzlich ändern. Das sieht ein Vorschlag des Referats für Klima- und Umweltschutz vor, über den nun der Stadtrat wohl Ende des Monats entscheidet. Gibt er sein Einverständnis, wird ab Februar auch der Mittlere Ring, also die Stadtautobahn, die die Innenstadt begrenzt, in die Umweltzone mit aufgenommen.
Außerdem wird das Fahrverbot ausgeweitet. Ab dem kommenden Februar wird in der Umweltzone dann sogar ein Verbot für Dieselfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 4 gelten - also für Pkw, die eigentlich eine grüne Plakette auf der Windschutzscheibe haben.
- Zum Artikel: BR24 Drangeblieben: Was haben Dieselfahrverbote gebracht?
Ausnahmen für Anwohner könnten verschwinden
Falls sich die schlechten Stickstoffdioxidwerte in München trotz der Verschärfung nicht ändern, will die Stadt das Fahrverbot ab Oktober 2023 sogar auf die Schadstoffklasse Euro 5 ausgeweitet werden. Zur Einordung: Die derzeit sauberste Diesel Schadstoffklasse ist Euro 6, die schlechteste Euro 1.
Für Anwohner und Handwerker sollen jedoch Ausnahmen gelten. Gehen die hohen Stickstoffdioxidwerte jedoch dann immer noch nicht zurück, werden die Ausnahmen für Anwohner, Handwerker und Lieferanten ab April 2024 zurückgenommen.
Kläger: Deutsche Umwelthilfe und Verkehrsclub Deutschland
Diese Regelung im achten Luftreinhalteplan ist das Ergebnis eines Vergleichs, den die Stadt München mit der Deutschen Umwelthilfe und dem Verkehrsclub Deutschland ausgehandelt hat. Aufgrund der schlechten Stickstoffdioxidwerte hatten die beiden Verbände in den vergangenen Jahren immer wieder den Freistaat Bayern gerichtlich gezwungen, die Luftreinhaltepläne in München zu verschärfen. Diese dienen vereinfacht gesagt dazu, die Luftqualität in einer Kommune durch gezielte Maßnahmen zu verbessern.
Zuständigkeiten ändern sich
Bisher war für die Fortschreibung der Luftreinhaltepläne die Regierung von Oberbayern, also der Freistaat, zuständig. Im vergangenen Jahr hat der Bayerische Landtag die Verantwortung für die Pläne der Stadt München übertragen. Mit der nun getroffenen Vereinbarung wollen alle drei Beteiligten zwei langjährige Rechtsverfahren beenden, die die Stadt im Zuge der Zuständigkeitsübertragung vom Freistaat geerbt hat.
Grüne Bürgermeisterin kritisiert Staatsregierung
Münchens zweite Bürgermeisterin Kathrin Habenschaden (Grüne), die den Kompromiss laut Stadt mit ausgehandelt hat, kritisierte in einem schriftlichen Statement die bayerische Staatsregierung. Jahrelang habe sich der Freistaat um wirkungsvolle Maßnahmen zur Einhaltung der EU-Grenzwerte in München gedrückt. Als Fahrverbote dann nicht mehr zu verhindern gewesen seien, so Habenschaden, habe die Staatsregierung die Verantwortung für die Luftreinhaltepläne an die Stadt München weitergereicht. Zwar hält Habenschaden Fahrverbote für eine Zumutung, jedoch müsse man anerkennen, dass nirgendwo in Deutschland so hohe Abgaswerte registriert würden wie in München.
CSU opponiert gegen neuen Luftreinhalteplan
Allerdings muss der neueste Luftreinhalteplan vom Münchner Stadtrat in der nächsten Vollversammlung noch in diesem Monat verabschiedet werden. Die Münchner CSU sieht die neue Regelung als Schlag ins Gesicht "normaler" Bürger. Damit, so der CSU-Fraktionsvorsitzende im Rathaus, Manuel Pretzl, würden genau die Menschen getroffen, die finanziell unter großem Druck stünden. Es sei alles andere als nachhaltig, Autos, die keine zehn Jahre alt seien, auszusperren, so Pretzl weiter.
Die Münchner Unternehmerinitiative City-Partner sieht die getroffene Vereinbarung kritisch. Laut City-Partner sind in München und der Region insgesamt rund 1,8 Millionen Pkw registriert. 225.000 davon sind laut City-Partner Diesel-Pkw mit den Euro-Klassen 4 und 5 und damit direkt von der Fortschreibung des Münchner Luftreinhalteplans betroffen.
City-Partner: Viele Fragen offen
Da eine entsprechende Kennzeichnung der Fahrzeuge in Form einer Plakette fehlt, stellt sich für die Unternehmerinitiative unter anderem die Frage, wie diese Verbote kontrolliert werden sollen. Zudem ist laut City-Partner zu klären, inwiefern die nun strikteren Regeln mit den umliegenden Landkreisen abgestimmt sind. Bevor der neueste Luftreinhalteplan vom Münchner Stadtrat verabschiedet wird, müssen aus Sicht der Münchner Unternehmerinitiative zudem offene juristische Fragen geklärt werden.
Höchste Stickstoffdioxid-Werte ganz Deutschlands in München
Obwohl die Luftqualität in München in den letzten Jahren stetig besser geworden ist, wird der EU-Grenzwert für Stickstoffdioxid, der bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter liegt, an zwei Standorten im Stadtgebiet regelmäßig überschritten. So wurde im ersten Halbjahr 2022 an der Tegernseer Landstraße ein Mittelwert von 44 Mikrogramm pro Kubikmeter gemessen, an der Landshuter Allee waren es sogar 50 Mikrogramm pro Kubikmeter. Die bayerische Landeshauptstadt hat damit laut Umweltbundesamt die schlechtesten Werte deutschlandweit.
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