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Pflege im Krankenhaus

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Die Pflege in der Krise: Wenig Geld für zu viel Arbeit

Die Pflege in der Krise: Wenig Geld für zu viel Arbeit

Im Bundestagswahlkampf sagte ein Krankenpfleger zu Kanzlerin Merkel, dass die Würde des Menschen in Kliniken und Seniorenheimen "tagtäglich tausendfach verletzt" werde - weil Personal fehlt. Hier der Alltag einer Pflegekraft. Von Nikolaus Nützel

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Stefica Djuric leitet die Pflege auf einer Station in der Kinderklinik im Krankenhaus Dritter Orden in München. Dabei ist sie voll in den Arbeitsalltag eingebunden: Medikamente geben, sich darum kümmern, dass die Kinder gewaschen und gefüttert werden, mit besorgten Angehörigen sprechen. Bei der Frühschicht beginnt die Arbeit um Viertel nach sechs am Morgen, die Spätschicht dauert bis Viertel vor zehn am Abend. Aber es kommt immer wieder vor, dass es länger geht.

"Jeder Mitarbeiter hat Überstunden. Gerade deswegen, weil der Alltag dann auch hier nicht vorhersehbar ist." Stefica Djuric, Stationspflegeleitung

Arbeitsverdichtung mit zu wenig Personal

Die Zeit, die Patienten in deutschen Krankenhäusern auf Station bleiben, ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten um mehr als ein Drittel gesunken. Gleichzeitig ist die Zahl der Patienten, die behandelt werden, um rund ein Viertel gestiegen. Mehr Arbeit in weniger Zeit – das allein wäre schon ein Problem. Hinzu kommt aber, dass das Pflegepersonal nicht annähernd genauso schnell aufgestockt wurde. Und am Arbeitsplatz von Stefica Djuric ist gut ein Sechstel der Pflege-Stellen nicht besetzt.

Notfalls Betten sperren

Das Krankenhaus sehe zu, dass die Patienten den Personalmangel nicht zu spüren bekommen, sagt Stefica Djuric. So werden Pflegekräfte aus einem Aushilfspool eingesetzt. Wenn nötig, würden aber auch Patientenbetten nicht belegt. Der Vater eines schwerbehinderten Mädchens, das bereits seit drei Wochen wegen einer Infektion in der Klinik ist, hat in einem anderen Krankenhaus erfahren, was es bedeuten kann, wenn Betten gesperrt werden.

"Die haben sie dann untersucht, haben gesagt: Ja, klar, sie braucht eine Antibiose, kommen Sie morgen früh wieder, wir haben keine Betten. Original-Aussage von dem Doktor: Vor zwei Jahren hatten sie noch doppelt so viele Betten. Also die Betten sind schon da, aber das Personal nicht. Das ist das Problem." Vater eines kranken Kindes

Schlechte Bezahlung

Ein Grund, warum es für viele Kliniken schwer ist, Personal zu finden, ist die Bezahlung. Nach Berechnungen der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung liegt das Bruttomonatseinkommen in Pflegeberufen bundesweit durchschnittlich bei 2.412 Euro. Als langjährige Fachkraft mit Leitungsaufgaben verdient Stefica Djuric mehr, zumal ihr Arbeitgeber verschiedene Zuschläge zahlt. Aber auch sie sagt, als Pflegekraft sei es besser, jemanden an seiner Seite zu haben, der halbwegs gut verdient.

"Ich bin fest davon überzeugt, dass man auch einen Partner, Ehemann, Freund braucht, dass man - vor allem in München - von einem Gehalt besser leben kann." Stefica Djuric, Stationspflegeleitung

Menschen helfen

Hohe psychische und körperliche Belastung, anstrengende Arbeitszeiten, mittelmäßige Bezahlung – zum Pflegeberuf gehört in den Augen von Stefica Djuric aber noch etwas anderes: Zufriedenheit, wenn sie mit dem Gefühl nach Hause geht, etwas für andere Menschen getan zu haben, gemeinsam mit ihrem Team. Sie würde deswegen immer wieder die gleiche Ausbildung wählen, sagt sie.

"Ich habe diese Entscheidung dann auch noch nie bereut und arbeite sehr gerne in meinem Beruf. Und würde dann auch trotz allem meinen Beruf immer sehr herzlich weiterempfehlen." Stefica Djuric, Stationspflegeleitung