Ivan Pylypchuk ist einer der Mitbegründer der ukrainischen IT-Firma "SoftBlues". Er sitzt alle paar Wochen für mehrere Tage in der neuen Niederlassung im Nordhalben Village. Auch an diesem Tag sollte er eigentlich in dem Büro im Frankenwald sein. Doch aus familiären Gründen musste er nach Hause ins ukrainische Lemberg reisen. Nun bespricht er sich mit seinen Geschäftspartnern im Frankenwald via Internet-Videokonferenz. Seit der Corona-Krise ist das Alltag. Doch er möchte sobald wie möglich wieder nach Nordhalben kommen.
"Dieses Büro ist nah an der Ukraine. Ich kann von der Ukraine nach Nordhalben innerhalb von zwei Tagen reisen – mit einem Zwischenstopp in Polen. Das ist gut, weil wir ja zur Zeit nicht fliegen können." Ivan Pylypchuk, IT-Firma "SoftBlues"
Die IT-Branche boomt – auch im Kriegsland Ukraine
Lemberg gilt als das wichtigste IT-Cluster der Ukraine. Mehr als 40.000 IT-Spezialisten sind hier angesiedelt. Das "ukrainische Silicon Valley" ist Sitz des Web- und Mobilentwicklers "SoftBlues", das 2006 gegründet wurde und 48 Mitarbeiter beschäftigt, 35 davon sind Software-Ingenieure.
Die IT-Industrie ist die Boom-Branche in der Ukraine. Nach dem russischen Einmarsch und den enormen wirtschaftlichen Verlusten des Landes gewinnt die IT-Branche nun noch mehr an Bedeutung. IT ist aktuell der einzige Wirtschaftssektor, der funktioniert und Geld ins Land bringen kann, berichtet Ivan Pylypchuk. Doch der Krieg lähmt auch die wichtigste Säule der ukrainischen Volkswirtschaft.
Das international tätige Unternehmen SoftBlues aus dem westukrainischen Lemberg hat neben Standorten in der Ukraine und in Großbritannien nun auch eine Niederlassung in Nordhalben. Die ist aktuell nur selten besetzt, die meisten männlichen IT-Experten dürfen aufgrund des Krieges das Land nicht verlassen. Doch das Unternehmen plant schon jetzt, wie es nach dem Ende des Kriegs weitergehen soll.
Im Frankenwald werden die ukrainischen Software-Profis gebraucht
Das Nordhalben Village ist in einem alten Schulhaus im Ortskern der kleinen Frankenwaldgemeinde untergebracht. IT-Unternehmen und Software-Experten können hier Büroräume anmieten. Die ukrainische IT-Firma "SoftBlues" gehört zu den ersten Mietern in dem so genannten "Co-Working Space". Auch wenn aktuell nur an manchen Tagen ein Mitarbeiter in Nordhalben vor Ort sein kann, hofft man darauf, dass "SoftBlues" nach dem Ende des Kriegs in der Ukraine mehr IT-Spezialisten in den Frankenwald schicken wird. Denn für die gibt es viel zu tun, sagt die Geschäftsführerin des Nordhalben Village, Halgard Stolte.
"Wir sind hier direkt am Rennsteig, am Grünen Band, und wir haben natürlich auch Kontakt nach Thüringen und eben hier in Oberfranken. Und hier gibt’s tolle Unternehmen, die weltweit tätig sind, die aber hier einen Fachkräftemangel haben. Die haben natürlich ein Problem, an bestimmtest Know-How heranzukommen und müssen dann weiter fahren. Und ich hoffe, dass wir durch solche Unternehmen zum Beispiel auch dieses Problem lösen können." Halgard Stolte, Geschäftsführerin Nordhalben Village
Gegenseitige Unterstützung für die IT-Profis
Auch Michael Fuss ist Mieter im Nordhalben Village. Er sitzt in einem von mehreren Großraumbüros an seinem Rechner und entwickelt Software für den Gesundheitsbereich. Michael Fuss ist überzeugt, dass die Ansiedlung der ukrainischen IT-Spezialisten auch für ihn viele Vorteile bringen könnte.
"Da profitiere ich auf jeden Fall davon. Zum einen wegen der kurzen Dienstwege hier im Haus. Und zum anderen, weil ich gerade hier im Projekt sehr viele externe Unterstützung, gerade im IT-Bereich, brauche. Angefangen von Datenbank-Programmierung, auch Weiterentwicklung von Webanwendungen, das ist ein vielfältiges Spektrum." Michael Fuss, IT-Experte
Das Nordhalben Village bietet Platz zum Arbeiten und Wohnen
Das Nordhalben Village bietet neben Büro-Miet-Flächen für mehr als 40 Menschen auch acht Apartments an. Das ist ein großer Vorteil für "SoftBlues": Wenn ukrainische IT-Experten nach Nordhalben kommen, muss die Firma deshalb nicht erst nach Wohnmöglichkeiten für ihr Personal suchen.
"Die Geschäftsführer von "SoftBlues" sind sowieso immer bei uns im Nordhalben Village untergebracht. Die haben ja ganz oft hier Termine und dann wohnen die immer hier. Aber die Wohnungen stünden auch für feste Mitarbeiter bereit. Die würden wir hier natürlich sofort unterbringen können." Halgard Stolte, Geschäftsführerin Nordhalben Village
In Nordhalben hofft man, dass sich künftig weitere renommierte IT-Unternehmen ansiedeln und die Frankenwaldgemeinde damit auch als Wohnort an Attraktivität gewinnt.
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