Ein Mann und zwei jugendliche Mädchen sitzen vor zwei Computern.
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Lehrer Sven Breivogel und die beiden Schülerinnen Flora Hildebrandt und Amelie Reuther in ihrem Radio-Studio im Scharrer-Gymnasium.

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Der TV-Kommissar: Nürnberger Schülerinnen gewinnen BR-Radiopreis

Streifenpolizisten bringen Kommissaren Kaffee? Mordfälle in 90 Minuten gelöst? Zwei Nürnberger Schülerinnen sind den aus Krimis bekannten Klischees über Kommissare auf die Spur gegangen – und haben dafür im BR-Wettbewerb den ersten Platz gewonnen.

Ein Hörspiel habe sie mal für einen Kindergeburtstag produziert, sagt Flora Hildebrandt über ihre bisherige Radio-Erfahrung. Das sei aber nichts Besonderes gewesen. Radio habe sie eigentlich noch nie gemacht, sagt dagegen Amelie Reuther. Mit ganz wenig Vorerfahrung also haben die 13-Jährigen im vergangenen Schuljahr gelernt, was es heißt Radio zu machen. Die beiden haben in der Radio AG des Nürnberger Johannes-Scharrer-Gymnasiums beim sogenannten TurnOn-Projekt des Bayerischen Rundfunks mitgemacht.

BR-Coaches zeigen Radio-Handwerk

Dabei bekamen sie und viele andere Klassen in ganz Bayern Coaching von einer Radioreporterin oder einem -reporter des Bayerischen Rundfunks, die das Handwerk erklären und mit praktischen Tipps zur Seite stehen. Jedes Jahr schickt der BR an Schulen in ganz Bayern verteilt seine Radioprofis – 37 haben im vergangenen Schuljahr mitgemacht. Sie sollen die Schülerinnen und Schüler verschiedenster Jahrgangsstufen coachen und den betreuenden Lehrkräften unterstützend zur Seite stehen, bei der Frage: Was macht einen guten Radiobeitrag aus?

Die Schwierigkeiten eines Radioreporters

Flora konnte direkt lernen, vor welchen Herausforderungen eine Reporterin steht. Sie fand es schwierig einen Interviewpartner zu finden, der sowohl bereit war sich den Fragen zu stellen als auch sich gut auskennt. "Als wir den gefunden haben, war es auch nochmal schwierig, aus den ganzen Schnipseln etwas Gutes herzustellen, das dann auch nur drei Minuten geht", meint Flora.

Auch Amelie hat viel gelernt: "Er hat auch viele gute Aussagen gemacht, die wir dann nicht so verwenden konnten, weil die nicht so zum Thema gepasst haben". Wohl jeder Reporter oder Journalist stand schon mal vor der Herausforderung "Kill your darlings" – seine Lieblingsaussagen aus dem Text zu streichen. Auch alle Aussagen zu ordnen, das Skript zu schreiben und so weiter fand Amelie herausfordernd.

Der TV-Kommissar: Klischee und Realität

In dem Beitrag, an dem die beiden Radioreporterinnen in Spe das vergangene Schuljahr über gearbeitet haben, gehen sie dem Beruf des Kommissars auf die Spur, räumen mit Klischees auf, stellen dazu Szenen aus TV-Krimis wie dem Tatort den Aussagen eines echten Kommissars gegenüber. Dazu haben sie den Fürther Wilfried Dietsch, früherer Vizepräsident der bayerischen Bereitschaftspolizei, nach Klischee und Realität befragt. "Meine Frau regt sich immer auf, weil die Kommissare meistens eine schlechte Ehe haben, eine vermüllte Wohnung, vielleicht manchmal auch Alkohol trinken. Also solche Leute gibt’s natürlich vielleicht auch bei der Polizei, aber das ist nicht das Normale", sagte Dietsch im Beitrag der Schülerinnen. Auch dass Streifenpolizisten den Kommissaren Kaffee kochen stimme natürlich nicht.

So wirkt der Beitrag unterhaltsam. Flora und Amelie haben sich aber auch nicht gescheut, ernste Themen anzugehen und fragten Wilfried Dietsch nach seinem emotionalsten Fall. Dietsch erzählt vom Mordfall Carla, bei dem im Jahr 1998 eine Zwölfjährige ermordet wurde. "Das geht einem ein Leben lang nach", sagt der Kommissar im Beitrag.

Preisverdächtiger Radiobeitrag

Die beiden Schülerinnen haben es geschafft, die richtigen Fragen zu stellen, ihr Interviewpartner erzählt schön. So entstand am Ende ein besonders "verdächtiger" Radiobeitrag, ein preisverdächtiger, denn mit ihrem Klischee-Kommissar haben sich Flora und Amelie tatsächlich den bayernweiten ersten Preis im TurnOn-Projekt geschnappt. Flora fand ihren Beitrag schon ganz gut, "ich hätte aber nicht damit gerechnet, dass wir den ersten Platz bekommen. Das war natürlich total schön, weil es eine Belohnung für die ganze Arbeit ist".

"Radio machen ist kein Gießkannenunterricht"

Unterstützung hatten Flora und Amelie vor allem von ihrem engagierten Lehrer Sven Breivogel. Der unterrichtet eigentlich Deutsch und Geografie. Bevor er Lehrer wurde war Sven Breivogel aber selbst Rundfunkredakteur. Und das Wissen kann er jetzt gut in seinen Unterricht einbinden. Die Schwierigkeit für ihn besteht vor allem darin die gut 20 Schülerinnen und Schüler seiner Radio-AG zu betreuen, die Technik im Auge zu behalten. Das sei kein Gießkannenunterricht wie vielleicht manchmal sonst in der Schule, so Breivogel.

Wichtig: Ein guter Interviewpartner

Über den ersten Platz hat sich der Lehrer natürlich auch gefreut, er hatte schon zuvor gemerkt, dass sie einen besonderen Interviewpartner auftreiben konnten – davon hängt ein guter Beitrag häufig ab. Am Ende sei aber auch ein bisschen Glück dabei, so einen Preis zu gewinnen, sagt Sven Breivogel. Andere Klassen hätten auch tolle Beiträge produziert. "Aber selbst wenn wir nicht gewonnen hätten: Am Ende haben die Kinder was Tolles produziert, das sie mitnehmen können, können sich das in ein paar Jahren anhören. Das ist doch eigentlich das Schöne dran", so der Deutschlehrer. Den kompletten Beitrag über den Klischee-Kommissar können sie jederzeit auch noch online anhören:

Radioreporter als Beruf?

Das Ziel seiner Radio-AG ist für Sven Breivogel nicht, dass alle Schülerinnen und Schüler danach Radioreporterinnen oder Reporter werden. "Die Schüler sind aber oft echt begeistert", auch wenn es für manche anstrengend sei, so viele Dinge auf einmal zu machen. "Wenn ich ihnen sage, dass das ein guter Radioredakteur alles alleine macht, sind sie echt überrascht".

Flora weiß auch noch nicht wirklich, ob sie das später beruflich machen möchte. Über den Job des Kommissars habe sie aber viel gelernt, das wäre "bestimmt spannend". Amelie wollte vorher schon Journalistin werden. "Auch wenn der Job sehr anstrengend ist, ich kann mir das sehr gut vorstellen", so die Jung-Reporterin.

Jetzt steht für die ganze Radio-AG aber als erster Preis erst einmal eine Reise ins ARD-Hauptstadtstudio nach Berlin an.

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