Jäger mit Jagdgewehr auf dem Hochsitz

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Der Jagdverband und sein Einfluss auf die Politik

Loden, Flinten und Trophäen - Klischees über die Jagd gibt es zuhauf. Fakt ist: Der Bayerische Jagdverband, der die Interessen von knapp 50.000 Grünröcken vertritt, ist ein sehr gut aufgestellter Lobby-Verband. Von Arne Wilsdorff

Über dieses Thema berichtet: Die Landespolitik am .

"Es geht bei Weitem nicht nur um die Jagd von Wildtieren. Sondern der Jagdverband ist auch ein anerkannter Naturschutzverband, der sich nachweislich mit eigenen Projekten immer wieder auch für die Vielfalt unserer Arten einsetzt. Und deswegen hat er durchaus auch in der Gesellschaft eine hohe Anerkennung." Bayerns Forstminister Helmut Brunner

So respektvoll spricht der zuständige bayerische Forstminister Helmut Brunner über die Jäger. Oft genug muss er aber zwischen ihnen und etwa dem Bund Naturschutz vermitteln. Denn in Bayern gilt das Motto: "Wald vor Wild". Das heißt: Die Naturverjüngung des Waldes durch aussamende Bäume muss ohne Zäune gelingen. Dafür müssten aber immer genügend Rehe und Hirsche geschossen werden, damit diese die jungen Baumtriebe nicht fressen. Der Streit darüber ist ein Dauerbrenner. BUND-Chef Hubert Weiger respektiert den Jagdverband dabei als mächtigen Gegner, macht jedoch deutlich:

"...dass wir aber zentrale Gemeinwohlinteressen vertreten im Gegensatz zum Landesjagdverband. Der vertritt partikulare Interessen. Und er hat vor allem Einfluss auf die Politik, aufgrund der Tatsache, dass Politiker selbst auf die Jagd gehen oder Vertreter der Wirtschaft Jäger sind oder führende Vertreter der Gesellschaft." BUND-Chef Hubert Weiger

Der Jagdexperte der Landtagsgrünen, Markus Ganserer, wird noch deutlicher.

"Wenn man sich nur mal so den Jahresempfang anschaut. Da marschiert die CSU-Fraktion fast in Fraktionsstärke auf, wäre dort wahrscheinlich sogar beschlussfähig. Und diese enge Verquickung mit der Politik und vor allem mit der regierenden Partei, denke ich, macht den Einfluss des Jagdverbandes in Bayern aus." Markus Ganserer, Grüne

Gut besuchter Jahresempfang

Bayerns Jagdpräsident Jürgen Vocke, der als gelernter Finanzrichter selbst zehn Jahre lang für die CSU im Bayerischen Landtag saß, freut sich diebisch über seinen immer größer gewordenen Jahresempfang im Münchner Jagdmuseum.

"Und jetzt haben wir doch jedes Jahr im Schnitt ungefähr 1.500 Besucher. Alle im Bayerischen Landtag und im Bundestag vertretenen Parteien kommen regelmäßig. Dass die halbe Staatsregierung kommt, gut, das kommt nicht ganz von ungefähr, weil ich auch lange selbst in der Politik war, und das ist natürlich auch der Sinn unseres Jahresempfangs." Bayerns Jagdpräsident Jürgen Vocke

Das erkennt auch Forst- und Landwirtschaftsminister Helmut Brunner an.

"Das macht aber auch deutlich, dass der Jagdverband gut organisiert ist und selbstverständlich auch versucht, seinen Einfluss in der Gesellschaft zu stärken. Und der Präsident weist ja immer zu Recht darauf hin: Die Jagd ist auch ein Kulturgut in Bayern. Wenn man die Geschichte verfolgt und weiß, welche Bedeutung die Jagd auch in früheren Jahrzehnten und Jahrhunderten hatte, dann kann man sich da schon hineindenken." Bayerns Forstminister Helmut Brunner

Perfektioniertes PR-Instrument

Um bei möglichst vielen Abgeordneten aus Land und Bund für die Interessen der Jäger zu werben, hat Präsident Vocke noch ein anderes PR-Instrument perfektioniert: Den Jagdschein für alle frischgewählten Abgeordneten. Denn manche könnten ja...

"...Hase und Kaninchen nicht voneinander unterscheiden, oder einen Hirsch vom Reh. Wir redeten oft, wenn es um Jagd-Gesetzdinge ging, aneinander vorbei. Wir sind das einzige Bundesland, das Abgeordnete systematisch ausbildet. Ich sehe darin auch eine Sicherung, die wir in Bayern aufgebaut haben. Ein gutes Drittel der CSU-Fraktion hat den Jagdschein bis in die Staatsregierung hinein. Es geht nicht darum, dass wir hier uns als die Wichtigsten ansehen, aber dass sie wissen, worüber sie sprechen." Bayerns Jagdpräsident Jürgen Vocke

Für Markus Ganserer von den Grünen führt das aber genau dazu, dass das Jagdgesetz von 1936 nicht reformiert wird und in der Hälfte der bayerischen Wälder immer noch zu wenig Rehe geschossen werden, damit junge Bäume auch ohne Schutzmaßnahmen wachsen können.

"Das wird leider eben nicht konsequent durchgesetzt. Man scheut sich hier, den Konflikt mit dem Jagdverband auch einmal offen auszufechten." Markus Ganserer, Grüne

Denn der Jagdverband vor Ort sei im Zweifel fast immer für mehr Rehe pro Hektar Wald und damit für größere Geweihtrophäen und mehr Wildfleisch. Selbst die Untere Jagdbehörde an den Landratsämtern unterlasse es deshalb oft, sich etwa Belege für angeblich geschossenes Wild zeigen zu lassen oder eigentlich nötige Zwangsabschüsse anzuordnen, so Ganserer. Waldminister Brunner, der von den Umweltschützern regelmäßig für sein konsequentes Eintreten für die Naturverjüngung gelobt wird, gibt sich im Ton konziliant.

"Es geht nicht darum, dass wir einen wildfreien Waldbestand haben. Sondern wir brauchen halt einen angemessenen Wildbestand. Und da bitte ich die Jäger, das auch entsprechend zu verstehen und zu interpretieren. Das ist keine Missachtung ihrer eigenen Interessen." Bayerns Forstminister Helmut Brunner

Große Macht des Präsidenten

Jägerpräsident Vocke hat seine Macht in den letzten fünf bis sechs Jahren sogar noch ausgeweitet. Auf die Gefahr, dass ihm der kleine Ökologische Jagdverband sein Vertretungs-Monopol streitig machen könnte, gründete er die sogenannte Bürgerallianz, für die er als Sprecher auftritt. Mit dabei sind 23 Verbände, von den Sportschützen bis zu den Trachtlern. Denn:

"Wenn du Einfluss haben willst, brauchst du eine stärkere Mannschaft im Kreuz. Und jetzt haben wir rund 2,2 Millionen bayerische Bürgerinnen und Bürger. Das ist ein Drittel der bayerischen Wählerschaft und ich kenne keine andere Organisation bundesweit, die eine derartige Organisationsdichte hat, wie wir sie haben." Bayerns Jagdpräsident Jürgen Vocke

Der Ökologische Jagdverband will aber weiterhin eine staatlich "anerkannte Vereinigung der Jäger" werden und hat deshalb eine Popularklage vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof angestrengt. Denn bis jetzt gehört dieses Privileg allein dem Bayerischen Jagdverband, der die dafür nötigen 50 plus X Prozent der Jäger vertritt. Für CSU und Freie Wähler soll das so bleiben - zuletzt im Mai stimmten sie im Landtag gegen mehr Rechte für den Ökologischen Jagdverband.