Es klafft eine Lücke in der Oberen Grasstraße in Giesing. Noch vor ein paar Tagen stand dort, in der historischen Feldmüller-Siedlung – ein denkmalgeschütztes kleines Handwerker-Haus aus dem 19. Jahrhundert. Eigentlich sollte es saniert werden. Nun ist nur noch eine Ruine übrig, ein Stück historisches München wurde platt gemacht. Und das in einer höchst fragwürdigen Aktion, wie Anwohner Michael Seitz berichtet. Ein Bagger sei gekommen, der Baggerfahrer habe das Loch aber nicht in die Straße gerissen, sondern in die Hauswand des unter Denkmalschutz stehenden Hauses. Seitz traut seinen Augen kaum - und reagiert prompt:
"Ich bin hingelaufen, hab mich in das Loch gestellt und hab die Polizei gerufen. Letzendlich wurde der Bau eingestellt und war dann versiegelt." Anwohner Michael Seitz
Für die Anwohner war der Fall damit erledigt. Von Seiten der Lokalbaubehörde wurde noch einmal klargestellt, dass das Haus nicht abgerissen werden darf.
Neuer Versuch am nächsten Tag
Das hinderte die Baufirma allerdings nicht daran, am nächsten Tag erneut anzurücken. Und diesmal in einer Hau-Ruck-Aktion tatsächlich das Haus plattzumachen. Seitz und andere Nachbarn riefen erneut die Polizei. Bis die kam, waren die Arbeiter schon verschwunden. Nur etwa neun Minuten dauerte der Spuk - dann war alles vorbei. Die Empörung unter den Nachbarn ist groß.
Angelika Luible hat zusammen mit Seitz und den anderen Nachbarn Unterschriften gesammelt. Es sind bereits über 150 Stück. Sie fordern: Der Eigentümer soll das Haus wieder aufbauen, und zwar gemäß dem alten Vorbild.
Parteiübergreifend fordern auch Politiker Konsequenzen. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter teilt in einem schriftlichen Statement mit, er sei schockiert, mit welcher Dreistigkeit der Denkmalschutz missachtet wurde. Er wolle mit aller Härte gegen die Verantwortlichen vorgehen.
Möglichst harte Sanktionen will auch die zuständige Behörde erreichen. Laut Martin Klamt vom städtischen Referat für Stadtplanung und Bauordnung steht unter anderem eine Bußgeldforderung im Raum:
"Der Bußgeldkatalog gibt Sanktionen in sechsstelliger Zahlenhöhe vor." Martin Klamt vom städtischen Referat für Stadtplanung und Bauordnung
Den empörten Anwohnern geht das nicht weit genug, schließlich sei es ein Präzedenzfall. Und Angelika Luible ist sich sicher: "Das hat er einkalkuliert, zahlt der aus der Portokasse."
Haus unter Denkmalschutz
Das Handwerkerhaus zählte zu den wertvollen Gebäuden, die die Stadtgeschichte dokumentieren. Selbst im Denkmalatlas des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege ist es eingetragen.