Eine Frau versucht, sich vor der Gewalt eines Mannes zu schützen (gestellte Szene).
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In Nürnberg berät ein Verein gezielt Gewalttäter (Symbolbild).

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Den Teufelskreis durchbrechen: Gewaltberatung in Nürnberg

In Nürnberg berät ein Verein gezielt Menschen, die selbst Gewalt ausüben und davon loskommen wollen. Häufig geraten Gewalttäter in eine Art Kreislauf der Gewalt, den sie ohne Hilfe nur schwer durchbrechen können.

Wenn ein Mensch Opfer von Gewalt wird, gibt es Anlaufstellen wie beispielsweise den Weißen Ring, die Hilfe und Betreuung anbieten. In Nürnberg widmet sich ein Verein seit bereits 20 Jahren hingegen den Tätern und Täterinnen. Die Gewaltberatung Nürnberg hat es sich zur Aufgabe gemacht, Männern und Frauen Wege aus der Gewalt aufzuzeigen.

80 Prozent der Gewalttäter sind Männer

Doch wer wendet sich an die Beratungsstelle in der Frankenmetropole? "Den typischen Täter gibt es nicht", sagt Peter Gründler, Vorsitzender der Gewaltberatung Nürnberg, in der Sendung "Regionalzeit Franken" auf Bayern2. Bei gewalttätigen Männern, die rund 80 Prozent der Klientel ausmachen, gehe es häufig nicht um Macht, sondern eher um Ohnmacht. Viele schilderten Gefühle wie Angst, Unsicherheit, Einsamkeit und Enttäuschung, bevor diese schließlich in Wut umschlagen.

Männliches Rollenbild problematisch

Ein Problem ist laut Peter Gründler noch immer das stereotype Rollenbild des Mannes, das zum Teil in der Gesellschaft verankert ist. Dazu gehörten Eigenschaften wie "keine Schwäche zeigen, immer stark sein, bei allen Alltagsproblemen sofort eine Lösung parat haben". Wenn dann kein Ausweg mehr sichtbar sei, "dann wird Gewalt ausgeübt, dann wird zugeschlagen", schildert Gründler. Gewalt als vermeintliche Lösung werde dann auch bei künftigen Konflikten immer wieder angewendet. Ohne Hilfe von außen entstehe so ein Kreislauf, der aus eigener Kraft nur schwer zu durchbrechen sei.

Dem Kreislauf der Gewalt entkommen

Um diesem Teufelskreis zu entkommen, sei es auch hilfreich, wenn sich Opfer, häufig Frauen, die von ihren Männern misshandelt werden, an die Polizei wenden. "Erst kürzlich hat sich eine Frau gemeldet, die zehn Jahre Martyrium mit ihrem gewalttätigen Mann hinter sich hatte und sich aus Trennungsangst und Abhängigkeit lange Zeit nicht aus dieser Situation befreien konnte", berichtet Gründler. In Fällen wie diesem benötige es den Einsatz der Behörden, dass die Männer überhaupt in die Situation kommen, sich beraten zu lassen, so der Vorsitzende der Gewaltberatung.

Gewaltberatung Nürnberg will eigene Arbeit evaluieren lassen

Wie erfolgreich die Gewaltberatung Nürnberg mit ihrer Arbeit ist, will der Verein in naher Zukunft auswerten lassen. Derzeit fehle aber noch ein Geldgeber, sagt Peter Gründler. Und so haben die Verantwortlichen bislang auch noch keinen wirklichen Überblick, bei wie vielen Menschen die Beratung wirklich anschlägt.

"Es passiert aber ab und zu, dass sich Männer melden und sagen: 'Ich bin jetzt zwei Jahre in einer Beziehung und habe keine Gewalt mehr ausgeübt, weil ich das, was ich bei euch in der Beratungsstelle gelernt habe, mitgenommen habe.'" Das gebe dem Beratungsteam dann schon ein Gefühl des Erfolgs, sagt Peter Gründler und fügt hinzu: "Unsere Zielsetzung ist dennoch, dass wir mit einer Evaluation starten, weil es uns nach 20 Jahren schon sehr wichtig ist, wirklich zu merken wie erfolgreich wir letztlich sind."

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