Übertrittszeugnis
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Sinnvoll oder nicht? Kritik an Übertrittszeugnissen nimmt zu

Das Übertrittszeugnis sorgt in Bayern erneut für Diskussionen. Die einen kritisieren das System als ungerecht - für andere trägt eben dieses zum Bildungserfolg bei.

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112.000 Viertklässler erhalten am 2. Mai in Bayern ihr Übertrittszeugnis. Es gibt eine Empfehlung dafür, ob Kinder auf Gymnasium, Real- oder Mittelschule wechseln sollten. Entscheidend für die Schullaufbahnempfehlung, die die Schüler erhalten, ist der Notendurchschnitt der drei Fächer Deutsch, Mathematik sowie Heimat- und Sachkunde. Ob diese ausschlaggebende Bedeutung des Übertrittszeugnisses Sinn macht, ist immer wieder Gegenstand bildungspolitischer Debatten - auch in diesem Jahr.

BLLV für "Verzicht auf Selektion"

Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) kritisierte die Übertrittsregeln einmal mehr als zu starr. Beim Notenschnitt entschieden die Stellen nach dem Komma über den weiteren schulischen Weg eines neun- oder zehnjährigen Kindes, so BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann. "Das System verschärft die soziale Auslese und führt zur Vernachlässigung der Förderung von Kindern, die im aktuellen System keine ausreichende Übertrittsperspektive haben", erklärte sie.

Fleischmann forderte "einen Verzicht auf eine Selektion" anhand der Durchschnittsnoten. Solche Schulnoten hingen zunehmend "vom sozioökonomischen Hintergrund des Elternhauses" ab. Damit werde der Wettbewerb um Bildungschancen schon in der vierten Klasse für viele Kinder ein Kampf, den sie nur verlieren können, so Fleischmann. Im aktuellen System würden Kinder aus schwachen Familienverhältnissen und Kinder mit Migrationshintergrund "systematisch frühzeitig zurückgelassen".

Realschullehrerverband verteidigt "bewährtes Verfahren"

Der Landesvorsitzende des Bayerischen Realschullehrerverbands (brlv), Jürgen Böhm, sprach sich hingegen für die Beibehaltung des "bewährten bayerischen Übertrittsverfahrens" aus. Dieses Verfahren und die Vergabe von Noten zur Leistungsbeurteilung dürften "nicht ständig infrage gestellt werden", sagte er.

Die in Bayern bewährte und verpflichtende Übertrittsempfehlung sei zudem notwendig, um den Schülerinnen und Schülern den für sie passenden Bildungsweg zu ermöglichen. "Eltern werden mithilfe der Übertrittsempfehlung dabei unterstützt, die Fähigkeiten und Präferenzen ihrer Kinder realistisch einzuschätzen", sagte Böhm.

Piazolo: "Das Zauberwort lautet Durchlässigkeit"

Kultusminister Piazolo (FW) verteidigte das System ebenfalls. Das Übertrittszeugnis biete "eine wichtige Einschätzung der Klassenlehrkraft über Stärken, Neigungen und Fähigkeiten sowie die zukünftige bestmögliche Förderung" der Kinder. Nach der vierten Klasse werde "eine erste Entscheidung getroffen", aber "Interessen, Motivation und auch Fähigkeiten" könnten sich verändern - und damit die passende Schulart. Der Wechsel an eine andere Schulart sei deshalb auch danach jederzeit möglich, sagte er.

"Das Zauberwort lautet Durchlässigkeit", so Piazolo. Die Zahlen belegten dies: Mittlerweile würden in Bayern rund 50 Prozent der Hochschulzugangsberechtigungen über den beruflichen Bildungsweg erworben. Eine Onlinebefragung des Kultusministeriums zum Übertritt - die zuletzt 2019 vor den Corona-bedingten Anpassungen erfolgt sei - habe ergeben, dass mehr als 75 Prozent der Elternvertreter die Praxis des Übertrittszeugnisses in der Jahrgangsstufe 4 als "sinnvolle Maßnahme" bewerten.

Mit Informationen von dpa und epd

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