Party in einem Amsterdamer Club, aufgenommen am 29.05.21. Mit negativem Corona-Test dürfen dort insgesamt maximal 500 Menschen feiern.
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Party in einem Amsterdamer Club, aufgenommen am 29.05.21. Mit negativem Corona-Test dürfen dort insgesamt maximal 500 Menschen feiern.

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Nach Party-Exzessen im Freien: Debatte um Öffnung von Discos

Laute Musik, feiernde Menschen: Das ist in Bayern derzeit nur draußen oder in Privaträumen möglich. Diskotheken und Clubs bleiben zu - was angesichts mehrerer Exzesse im Freien zunehmend auf Kritik stößt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Restaurants und Cafés sind weitgehend geöffnet, Kulturveranstaltungen können unter Auflagen derzeit wieder stattfinden - aber für Diskotheken und Clubs gibt es in Bayern noch immer keine Aussicht auf Lockerungen. Stand jetzt dürfen sie bis mindestens 4. Juli nicht öffnen, wie aus der aktuellen Corona-Verordnung hervorgeht: "Bordellbetriebe, Prostitutionsstätten, Clubs, Diskotheken, sonstige Vergnügungsstätten und vergleichbare Freizeiteinrichtungen sind geschlossen."

Daran gibt es auch Kritik. Der bayerische Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) fordert die Öffnung von Clubs und Discos - nicht zuletzt angesichts nächtlicher Partys im Freien. "Die Erfahrungen zeigen doch: Die Menschen treffen sich zum Feiern", sagt Dehoga-Landesgeschäftsführer Thomas Geppert. Die Frage sei nur: "Will ich das irgendwo in einem ungeschützten Raum ohne jegliche Auflage und Nachverfolgbarkeit oder biete ich sichere Bereiche?" Aus Gepperts Sicht würde die Öffnung von Clubs sofort Entspannung schaffen und für mehr Sicherheit sorgen.

  • Zum Artikel "Nächtliche Outdoor-Partys in Bayern - Polizei muss eingreifen"

Bars und Clubs: Dehoga und FDP für Öffnung

Auch andere Akteure sind dafür, die Tanzflächen wieder zu öffnen. Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Albert Duin, schimpfte schon vor gut einer Woche auf die Staatsregierung. Diese schere sich "einen feuchten Dreck" um die Club-Szene, betonte er damals in einer Mitteilung. "Anstatt den Betreibern Öffnungsperspektiven zu bieten, indem man sich um wissenschaftliche Modellprojekte kümmert, werden Bars, Clubs und Diskotheken vom Wirtschaftsministerium im Stich gelassen." Stattdessen würden diese Orte "pauschal als Infektions-Hotspots vorverurteilt", kritisierte Duin.

Für den FDP-Abgeordneten ist auch weiterhin klar: Die Inzidenzwerte und das sehr gute Vorankommen bei den Impfungen ließen es derzeit zu, Clubs und Diskotheken wieder zu öffnen. Die Betreiber seien bereit, ihre Gäste direkt vor dem Einlass testen zu lassen, ergänzt Duin auf BR-Anfrage. Auch die Menge der Menschen könne man beschränken, müsse nicht gleich jede Tanzfläche rappelvoll machen. Unterm Strich brauche es aber mehr Eigenverantwortung - und endlich wieder "Mut zum Leben".

Grüne: "Clubs als Teil der Lösung"

Die Landtags-Grünen äußern sich vorsichtiger, fordern die Staatsregierung aber auch zum Handeln auf. "Clubs sind Profis im Einhalten von Regeln", sagt die kulturpolitische Sprecherin der Fraktion, Sanne Kurz, auf BR-Anfrage. "Es braucht jetzt ein Konzept, das drinnen und draußen unterscheidet und das die Clubs als Teil der Lösung anerkennt, nicht als Teil des Problems."

In einigen anderen Bundesländern gibt es inzwischen konkrete Pläne, Discos und Clubs bei niedrigen Corona-Zahlen wieder öffnen zu lassen. Auf Seiten der bayerischen Polizei stößt das nicht auf Ablehnung. Wenn es aus Sicht des Infektionsschutzes vertretbar sei, würden geöffnete Tanzflächen schon helfen, sagt der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Jürgen Köhnlein. Die jungen Leute könnten sich dann dort austoben. Allerdings betont Köhnlein auf BR-Anfrage auch, dass die jüngsten Ausschreitungen in Augsburg durch offene Clubs und Discotheken wohl kaum verhindert worden wären. Dennoch helfen seiner Erfahrung nach geschützte Räume, in denen sich junge Menschen treffen können.

Ministerium: "Vorsicht und Umsicht"

Dass es zügig wieder losgeht auf den Tanzflächen des Freistaats, ist nicht allzu wahrscheinlich. Auf BR-Anfrage nennt das bayerische Gesundheitsministerium keinen konkreten Zeitplan. Eine Sprecherin betont: In Clubs und Discotheken bestünde eine besonders hohe Infektionsgefahr – durch mehr Aerosole beim Tanzen und weniger Abstandhalten durch den Alkoholkonsum. Trotz spürbar sinkender Infektionszahlen müsse man weiter Umsicht und Vorsicht walten lassen. "Die generelle Intention von Geselligkeit und Kommunikation in Clubs und Diskotheken läuft einer Kontaktreduktion und dem Einhalten von Mindestabständen und Hygienevorgaben zuwider."

Allerdings prüft die Staatsregierung laut der Ministeriumssprecherin regelmäßig, "welche Maßnahmen in Anbetracht der jeweiligen Infektionslage notwendig sind" - mit Blick auf den Fortschritt beim Impfen, aber auch auf die Ausbreitung besorgniserregender Virusvarianten. Derzeit gibt es in Bayern immer wieder Aufregung über größere Menschenansammlungen im Freien, besonders in den Abendstunden häufig verbunden mit Alkohol und lauter Musik. In der Nacht zum Samstag löste die Polizei in München eine Versammlung von rund 1.000 Menschen in der Türkenstraße auflösen - Anwohner hatten laute Musik und urinierende Partygäste gemeldet. Auch in der Nacht auf Sonntag musste die Polizei im Univiertel wegen feiernden Menschen eingreifen.

In Frankreich fiebert die Clubszene derweil dem 9. Juli entgegen. Nach 15-monatiger Schließung dürfen die Diskotheken dort dann wieder öffnen. Für den Eintritt sollen Gäste einen Test-, Impf- oder Genesungsnachweis vorzeigen. Innen ist nur eine begrenzte Zahl an Menschen erlaubt. Ein Mund-Nasen-Schutz muss laut den Plänen in Frankreichs Clubs und Discos nicht getragen werden.

(mit Informationen von dpa)

Sven Müller, Polizei München.
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Sven Müller, Polizei München.

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