Fast 170 Seiten umfasst der Datenschutzbericht 2019 - darin wird vor allem deutlich, dass es bei vielen Kommunen am sensiblen Umgang mit den Daten der Bürger hakt. Das hat der bayerische Landesbeauftragte für Datenschutz Thomas Petri heute bei der Vorstellung des Berichts betont. Insbesondere die Praxis vieler Kommunen, Bürgerdaten an externe Dienstleister auszulagern, hält Petri für bedenklich. Oft sei der Schutz der Daten aus Unwissenheit nicht mehr ohne weiteres gewährleistet - auch weil häufig nicht ausreichend verschlüsselt und der Dienstleister nicht sorgfältig ausgewählt werde.
Petri: Maßnahmen teilweise "überschießend"
Ein weitere wichtiger Aspekt im Datenschutzbericht ist das Polizeiaufgabengesetz. Ein Beispiel betrifft in diesem Zusammenhang einen 78-jährigen Rentner. Dieser wollte auf einem Spielplatz eine Hüpfburg fotografieren, um sie später seinem Enkel zu zeigen - besorgte Eltern riefen daraufhin bei der Polizei an, weil sie ihn für einen pädophilen Gefährder halten. Die Beamten beschlagnahmen daraufhin sein Handy. Der Rentner muss sogar einen DNA-Abstrich abgeben, seine Daten werden von der Polizei gespeichert.
Schnell ist klar: Der Rentner hat keine Straftat begangen, er schafft es aber nicht, seine Daten löschen zu lassen. Die Begründung laut Datenschutzbericht unter anderem: Es gebe die konkrete Gefahr, dass der Mann weitere Hemmschwellen abbauen und aus einer sexuellen Motivation heraus Kinder fotografieren würde. Erst auf Intervention des Datenschutzbeauftragten wurden die Akten des Mannes wieder von der Polizei gelöscht. Petri sieht in diesem Fall keinen Grund für eine Speicherung und nennt die Maßnahme "völlig überschießend".
Corona-Krise wird Umgang mit Datenschutz beeinflussen
Mit Blick auf das laufende Jahr sieht Petri die Corona-Kise als Schwerpunkt der Datenschützer. Der Umgang mit Videokonferenzen und die geplante Einführung einer App zur Aufspürung von Infektionsketten seien gute Beispiele, wie die Pandemie den Datenschutz beeinträchtige, sagte er.
Bei der App wäre es datenschutzrechtlich bedenklich, wenn die Informationen nicht freiwillig "gespendet" würden, betonte Petri. Bei Videokonferenzen von Mitarbeitern im Homeoffice gebe es immer wieder Fälle, bei denen unbeabsichtigt Daten weitergegeben würden. Das fange bereits damit an, dass nicht in allen technischen Systemen sichergestellt werden könne, dass auch Unbefugte an Konferenzen teilnehmen könnten. Fragwürdig seien auch bei Prüfungen in Videoformaten Vorgaben, dass Prüflinge ihre Wohnung abfilmen sollten, um teilnehmen zu dürfen.
Recht auf Datenschutz kann geltend gemacht werden
Wenn Bürger oder Bürgerinnen unsicher seien, ob mit ihren Daten rechtmäßig umgegangen werde, könnten sie ihr Datenschutzrecht geltend machen, betont Petri. Heißt konkret: Sich informieren, hinterfragen, gegebenenfalls die Löschung verlangen. Und sich an den Landesbeauftragten für Datenschutz wenden, wenn Behörden uneinsichtig sind.
Was im aktuellen Bericht noch nicht drin ist, aber im nächsten Jahr ein Schwerpunkt sein wird: Datenschutz in Zeiten von Corona. Wer momentan in eine Gaststätte will, muss seine persönlichen Daten angeben, damit die Kontaktpersonen gefunden werden können, falls doch jemand im Lokal infiziert war. Thomas Petri sieht darin aber grundsätzlich kein Problem.
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