- Hier finden Sie sämtliche BR24-Jahresrückblicke auf Politik, Kultur, Sport, Wissenschaft, die Toten des Jahres und das Leben in Bayerns Regionen. Plus: eine Vorschau auf 2023.
Januar: Was wusste der Ex-Papst?
Das Jahr beginnt mit erschreckenden Erkenntnissen, gebündelt auf 1.900 Seiten: Nach zwei Jahren Arbeit veröffentlicht die Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl ein Gutachten zu Fällen sexuellen Missbrauchs an Kindern und Jugendlichen in der Erzdiözese München und Freising zwischen 1945 und 2019. Die Anwälte haben 235 Personen gefunden, die sich vermutlich an fast 500 Minderjährigen vergangen haben. Die wirkliche Zahl, vermuten sie, ist wesentlich höher.
Das Gutachten bescheinigt mehreren Verantwortlichen im Erzbistum München-Freising, im Umgang mit den Missbrauchsfällen falsch gehandelt zu haben – mit fatalen Folgen. Dieser Vorwurf betrifft auch einen früheren Erzbischof, Joseph Ratzinger, den späteren Papst Benedikt XVI. Unter seiner Verantwortung wurde ein pädophiler Priester von Essen nach Bayern versetzt und verging sich auch dort an Kindern und Jugendlichen. Benedikt hat die Vorwürfe schon im Vorfeld zurückgewiesen.
Februar: Bei Schäftlarn stoßen zwei S-Bahnen zusammen
Am Abend des 14. Februar stoßen auf der eingleisigen Strecke der S7 im Münchner Süden zwei S-Bahnen zusammen. Ein Mensch stirbt bei dem Unfall, mindestens 40 werden verletzt. Wie konnte das passieren? Das ist auch Monate nach dem Unglück unklar. Ein Gutachten zum Unfallhergang ist noch nicht fertig.
April: Ein Loch tut sich auf
In manch peinlichen Situationen wünscht man sich, ein Loch täte sich im Boden auf, in das man versinken könnte. Die Bewohner eines Hauses in Teisendorf im Landkreis Berchtesgadener Land wünschten sich allerdings nichts dergleichen – und sind am 29. April entsprechend entsetzt, als sie in der Zufahrt zu ihrem Haus einen etwa fünf Meter breiten Krater entdecken. Später wird sich das Loch auf über zehn Meter vergrößern und ein Auto verschlucken, das darüber geparkt war.
Die Ursache ist schnell gefunden: Unter der Zufahrt ist ein aufgelassener Bergwerksschacht eingestürzt. Am Teisenberg wurde bis ins 20. Jahrhundert Eisenerz abgebaut. Zurück blieb ein weit verzweigtes Stollensystem von etwa acht Kilometern Länge – und jetzt ein Loch.
Mai: Tod und Auferstehung
Die Oberammergauer Passionsspiele erzählen alle zehn Jahre die Geschichte von Tod und Auferstehung Jesu. Am 14. Mai erleben die Passionsspiele ihre eigene Auferstehung. Die Corona-Pandemie machte im Jahr 2020 die Pläne für die monumentale Aufführung zunichte und die monatelangen Proben obsolet. Zwei Jahre später kommen die Passionsspiele zurück: Wie gewohnt mit fast 2.000 beteiligten Oberammergauer Bürgerinnen und Bürgern, mit Spielleiter Christian Stückl, mit begeistertem Publikum und mit dem Erfolg von mehr als 400.000 Besucherinnen und Besuchern bis Anfang Oktober.
Der Mai verabschiedet sich mit der betrüblichen Nachricht: Wally ist tot. Das Bartgeier-Weibchen war 2021 im Nationalpark Berchtesgadener Land ausgewildert worden und hatte sich erstens prächtig und zweitens zum Liebling vieler Vogelfreunde entwickelt. Die hatten schon länger gerätselt, wo Wally stecken könnte. Am 28. Mai findet ein Kletterteam Wallys Überreste und ihren Ring. Vermutlich ist sie von einem Steinschlag getroffen worden. Ihre Gefährtin Bavaria bleibt aber nicht lang allein im Nationalpark: Im Juni werden die Bartgeier-Weibchen Dagmar und Recka ausgewildert.
Juni: Drama und Weltpolitik im Landkreis Garmisch-Partenkirchen
Es gibt Dinge, die man in Deutschland eigentlich nicht für möglich hält: zum Beispiel, dass ein Zug entgleist, ohne Zusammenstoß, ohne Sabotage, sondern – auf den ersten Blick – aus heiterem Himmel. Genau das passiert am 3. Juni in Burgrain, einem Ortsteil von Garmisch-Partenkirchen. Ein Regionalzug Richtung München springt in einer langgezogenen Kurve aus dem Gleis; zwei Waggons rutschen eine steile Böschung hinunter, ein dritter Waggon kippt um. Fünf Menschen kommen ums Leben, darunter zwei aus der Ukraine geflüchtete Frauen und ein Teenager.
Das Unglück bewegt das ganze Land. Die Bergung ist schwierig, die Strecke zwischen Garmisch-Partenkirchen und München bleibt für Monate gesperrt. Bald werden Vermutungen laut: Die Schwellen an der Unfallstelle könnten beschädigt gewesen sein. Das wirft ein Schlaglicht auf das marode Schienennetz der Deutschen Bahn: Allerorten entstehen "Langsamfahrstellen", wohl um ähnliche Unfälle zu vermeiden. Und in ganz Deutschland tauscht die Bahn Schwellen aus.
Schon wenige Wochen später steht die Region erneut im Fokus. Die Welt schaut zu, wie die Chefs der führenden westlichen Industriestaaten zum G7-Gipfel nach Schloss Elmau reisen. Es gibt: schöne Bilder, Unterstützung für die Ukraine, die Ankündigung eines "Klima-Clubs" und natürlich auch Proteste. Danach haben die Anwohner wieder ihre Ruhe.
Juli: Sperre für Lastwagen - und eine Trasse für die Bahn
Im Juli haben die Bewohnerinnen und Bewohner der Gemeinden im Inntal Grund zur Freude: Der Verkehrsminister und der Landrat haben endlich eine Möglichkeit gefunden, einige Straßen für Lastwagen zu sperren - zumindest dann, wenn Tirol auf der Grenze Blockabfertigungen durchführt. Mit verstopften Landstraßen und Ortsdurchfahrten soll jetzt Schluss sein: Am 25. Juli werden die Straßen erstmals für Lastwagen gesperrt, im Oktober ein weiteres Mal.
Weiter nördlich dagegen, wo der Landkreis Rosenheim an den Landkreis Ebersberg grenzt, ist von Freude nichts zu spüren. Mitte Juli verkündet die Deutsche Bahn, der Brenner-Nordzulauf soll einmal über die "Grobtrasse Limone" führen. Der Protest ist groß, von der Landtags-Regierung bis zu den Anwohnern kritisieren viele die Bahn. Doch die bleibt dabei: "Limone" soll kommen, die "Bürgertrasse" dagegen nicht.
August: Ein Sport-Fest für alle in München
Zu feiern gab es bisher recht wenig in diesem Jahr. Erst im Sommer ändert sich das: Vom 11. bis zum 21. August finden in München die European Championships statt. Es ist das größte Sportereignis in der Stadt seit den Olympischen Spielen 1972: 4.700 Athletinnen und Athleten tragen in neun Sportarten die Europameisterschaften aus.
Leichtathletik, Beachvolleyball, Kanu-Rennsport, Radsport, Geräteturnen, Rudern, Sportklettern, Tischtennis und Triathlon: Viele Wettkämpfe finden in den Sportstätten statt, die für die Olympischen Spiele vor genau 50 Jahren errichtet worden waren. Nach zehn Tagen werden die deutschen Athletinnen und Athleten mit 26 Gold-, 20 Silber- und 14 Bronzemedaillen die erfolgreichste Nation sein. Und die Begeisterung über das gelungene Event ist groß: bei den Sportlern, beim Publikum, bei den Veranstaltern und in der Politik.
September: großes Gedenken, große Rettung, großes Fest
Kaum sind die European Championships vorüber, steht der Münchner Olympiapark wieder im Fokus. Für die "heiteren Spiele" von 1972 war er errichtet worden. Doch die kollektive Erinnerung hat nicht der Sport geprägt – sondern das Attentat auf die israelischen Sportler durch palästinensische Terroristen. Die Gedenkveranstaltungen am Olympiapark und am Fliegerhorst in Fürstenfeldbruck werden überschattet vom Streit um Entschädigungszahlungen an die Angehörigen der Opfer. Erst wenige Tage vorher steht fest: Die Bundesregierung zahlt insgesamt 28 Millionen Euro.
Am 17. September nimmt eine besonders dramatische Bergrettung ihren Lauf: Ein 24-Jähriger ist am Hochkalter im Berchtesgadener Land in einen Wintereinbruch geraten und hat einen Notruf abgesetzt. Stundenlang halten die Rettungskräfte noch Kontakt zu dem Mann und suchen auch danach noch tagelang nach ihm. Zweimal gibt es noch Hoffnung, zweimal wird sie enttäuscht – am Ende müssen die Bergetter aufgeben. Die Leiche des jungen Mannes wird Mitte Oktober gefunden und geborgen.
Der September endet versöhnlich: Nach zwei Jahren Corona-Zwangspause eröffnet auf der Münchner Theresienwiese das Oktoberfest. Oberbürgermeister Dieter Reiter ist beim Anzapfen aus der Übung, das Wetter ist miserabel und die Besucherzahl niedriger als früher. Aber immerhin: Die Wiesn findet statt.
Oktober: Verbrechen an einer Studentin in Aschau
Eine Schreckensmeldung geht am 4. Oktober durch Aschau im Chiemgau: Die 23-jährige Studentin Hanna wird tot aus dem Fluss Prien geborgen. Sie starb auf dem Heimweg von einem Club. Schnell ist klar: Es war wohl ein Gewaltverbrechen.
Mit einem Großaufgebot sucht die Soko "Club" nach Hinweisen. Im November wird ein junger Mann festgenommen. Er steht unter Mordverdacht.
November: Ein Goldschatz verschwindet
Im November veröffentlicht die Kriminalpolizei ein ungewöhnliches Foto. Es zeigt ein rekonstruiertes Kindergesicht - das Gesicht eines Buben, der im Mai tot und in einem Paket verschnürt in der Donau bei Vohburg gefunden worden war. Noch immer weiß niemand, wer der Bub war. Und so hofft die Polizei, mit Hilfe der Gesichtsrekonstruktion den Fall irgendwann lösen zu können.
Der kleine Ort Manching steht heute im Schatten des großen Nachbars Ingolstadt. Vor 2.000 Jahren war Manching hingegen das Zentrum der Region - mit einem keltischen Oppidum, einer stadtähnlichen Siedlung. Das Kelten-Römer-Museum zeigt aus dieser Zeit einen millionenteuren Goldschatz, knapp 500 Münzen. Doch in der Nacht zum 22. November wird im Museum eine Fluchttür aufgehebelt, zwei Panzerglas-Vitrinen werden aufgebrochen – und nur sieben Minuten später verschwindet der Goldschatz in der Nacht. Zuvor haben die Diebe vermutlich 13.000 Haushalten die Internet- und Telefonverbindung lahmgelegt - und damit auch das Alarmsystem des Museums.
Archäologen beklagen den unersetzlichen Verlust. Ob die Münzen jemals wieder auftauchen, ist fraglich. Im schlimmsten Fall lassen die Diebe sie einschmelzen.
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