Eine Frau wird in München mit dem Astrazeneca-Impfstoff geimpft.
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Eine Frau wird in München mit dem Astrazeneca-Impfstoff geimpft.

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Corona-Impfgipfel – neuer Dampf, neue Debatten

Um zwei dicke Bretter geht es beim Impfgipfel: Sollen Geimpfte Freiheiten zurückbekommen? Und sollen die Impfstoffe bald für alle freigegeben werden? Klar ist, dass die Diskussionen darüber auch nach dem virtuellen Bund-Länder-Treffen weitergehen.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Wie hatte es die Kanzlerin noch gleich beim letzten Impfgipfel Mitte März ausgedrückt? "Die Devise lautet: Impfen, impfen, impfen." Sehr gerne – aber womit? - mag man sich damals noch angesichts knapper Dosen in so manchem Impfzentrum gefragt haben. Das hat sich nun aber geändert.

Mittlerweile sind über 65.000 Hausärzte an der Kampagne beteiligt, täglich bekommen in Deutschland zwischen 500.000 und 700.000 Menschen den schützenden Wirkstoff in den Oberarm: "Mit mehr Impfstoff geht es jetzt auch in den Praxen schneller. Wir kriegen richtig Dampf da rein", freut sich beispielsweise Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller im ARD-Morgenmagazin.

Zentrale Frage: Wann werden die Impfstoffe für alle freigegeben?

Dass es nun endlich "mehr Dampf", also: mehr Impfstoff, gibt, heißt nicht, dass die Fragen weniger würden. Eine lautet: Wenn nun schon in dieser Woche jeder vierte Deutsche zumindest eine Erstimpfung bekommen hat, wird es dann nicht Zeit, die strenge Zuteilung anhand der Gefährdungsgruppen aufzuweichen? Sollte man also nicht über die sogenannte Priorisierung hinwegsehen und die Impfstoffe für alle freigeben?

"Wir brauchen Betriebsimpfungen, wir brauchen Familienimpfungen", fordert Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Das gehe nur über eine Freigabe, die sich der CSU-Politiker schon für Mai wünscht. Gesundheitsminister Jens Spahn hatte – etwas vorsichtiger – diese Freigabe im Monat Juni in Aussicht gestellt: "Wir müssen uns da nicht um fünf oder sechs Tage streiten. Mir ist auch wichtig, dass es schnell geht." "Ich glaube, es kann Ende Mai schon gelingen, vielleicht wird es Juni sein,“ meint dazu der SPD-Politiker Michael Müller.

Aufkeimende Debatte um mehr Freiheiten für vollständige Geimpfte

Mehr "Dampf", um noch einmal Berlins Bürgermeister zu zitieren, bedeutet auch: Eine schon vor einem Jahr aufkeimende Debatte nimmt nun gehörig an Fahrt auf. Nämlich die Frage, ob vollständig Geimpfte nicht mehr Freiheiten genießen dürfen als Ungeimpfte.

  • Zum BR24Live: "Impfgipfel – Lockerungen für Geimpfte?"

"Jemand, der zwei Mal geimpft ist, schützt nicht nur sich, sondern auch andere", meint Markus Söder. Ein innerhalb der Bundesregierung abgestimmtes Eckpunktepapier – Diskussionsgrundlage für den Impfgipfel und dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegend – argumentiert: Für Personen mit einem geringen Risiko, das Virus weiterzuverbreiten, seien Erleichterungen und Ausnahmen einzuräumen.

Das heißt konkret: Wem heute nur mit negativem Testnachweis Einlass in ein Geschäft oder ein Friseurtermin gewährt wird, könnte in den Genuss all dessen künftig auch ohne Test nach vollständiger Impfung kommen. Die Quarantäne-Pflicht nach Rückkehr aus einem Reise-Risikogebiet entfiele.

Mehr Freiheiten für Geimpfte auch aus Sicht des Ethikrates vorstellbar

Doch auch wenn es viel Zustimmung gibt, so weit ist es noch lange nicht. Denn in der gerade beschlossenen Bundes-Notbremse – kritisiert der FDP-Politiker Marco Buschmann im ARD-Morgenmagazin – seien diese neuen Freiheiten eben nicht vorgesehen: "Wir verbieten immer noch geimpften Personen den Gruppenkontakt untereinander. Beispielsweise in Pflegeheimen. Das ist absurd."

Parteiübergreifend jedoch werden die Forderungen lauter, Geimpften genau wie Genesenen und Getesteten Freiheitsrechte zurückzugeben. Was auch aus Sicht des Deutschen Ethikrates durchaus vorstellbar ist.

Skepsis bei den Linken und der AfD

Skepsis herrscht hingegen bei der Linkspartei und der AfD: Die individuelle Entscheidung für oder gegen eine Impfung dürfe nicht zur "Grundlage für die Einführung einer faktischen Zwei-Klassen-Gesellschaft gemacht werden", kritisieren die AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Alexander Gauland.

Doch bevor hier eine endgültige Entscheidung getroffen wird, dürfte es für die Bundesregierung erstmal darum gehen, die schon vor so langer Zeit ausgegebene Devise zu beherzigen, die da lautet: Impfen, Impfen, Impfen.

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