Könnte ein Waffenstillstand dauerhaften Frieden für die Ukraine bringen? Der CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter hat sich in der BR-Sendung "Der Sonntags-Stammtisch" skeptisch gezeigt. Putin wolle mehr als nur die Ukraine, sagte der Außenpolitik-Experte. Ein Waffenstillstand ist seiner Ansicht nach das falsche Signal: "Wir meinen, damit wäre das Problem gelöst", so Kiesewetter. Er glaube jedoch, Russland könne das Moment nutzen, um mit noch vorhandenen Kriegsmitteln weitere Länder anzugreifen, etwa Moldau und das Baltikum.
Ebenfalls in der Sendung zu Gast war die bayerische Kabarettistin Luise Kinseher. Sie bezeichnete den russischen Überfall auf die Ukraine als "Verbrechen an den Menschen". Letzten Endes wollten die Ukrainer das Gleiche wie die Menschen in Deutschland: "In Frieden leben, unseren Kindern eine gute Ausbildung geben, ein sicheres Zuhause."
Kiesewetter: "Munitionsfabriken anwerfen" - Kinseher zurückhaltend
Kiesewetter nannte als Beispiel für seine Überzeugung den derzeitige Stellungskrieg in der Stadt Bachmut. Es habe hohe Symbolkraft, dass besonders Russland hier bereits viele Soldaten verloren habe. Würde die Ukraine die schwer umkämpfte Stadt aufgeben, hätten "die Russen freie Bahn, bis es zur nächsten Geländeschwelle geht". Damit stellte er sich hinter den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyi, der ebenso dafür plädiert, die Stadt weiter zu verteidigen.
Für den Westen gelte es nun, "die Munitionsfabriken anzuwerfen", so Kiesewetter. Das bedeute: Schnell weiter Waffen und Munition in die Ukraine zu liefern.
Die Kabarettistin Kinseher reagierte darauf zurückhaltend. Sie selbst hatte kurz nach Kriegsbeginn Geflüchtete aus der Ukraine bei sich aufgenommen. Sie könne sich nicht an der Debatte beteiligen, "weil wir in einem so entsetzlichen Dilemma sind". Es bestehe eine Gemengelage der Mächte mit unterschiedlichen Interessen, betonte sie mit Blick auf China. Deshalb sei sie nicht in der Lage, einzuschätzen, was ein Stopp der westlichen Waffenlieferungen für die Ukraine bedeute. Gleichzeitig betonte sie: Jeder Schuss bedeute ein Menschenleben.

Es gehe nicht um einen Waffenstillstand im Ukraine-Krieg, so der CDU-Außenpolitiker beim BR-"Sonntags-Stammtisch".
Kiesewetter: Frieden nur über Sicherheit
Kiesewetter, der viele Jahre für die Bundeswehr tätig war, betonte: "Wir haben viel zu viel Angst vor Putin." Dabei stellte er die Zurückhaltung des Westens zu einem Beschuss von russischem Territorium in Frage. Man könne etwa russische Versorgungskonvois beschießen. Dabei gehe es darum, das russische Militär etwa auf der Krim zum Aufgeben zu zwingen.
"Wenn wir Frieden wollen, dann geht das nur über Sicherheit." Alles andere sei "Geschwafel", so Kiesewetter. Wichtig ist seiner Meinung nach auch, bei den deutschen Waffenlieferungen "nichts auszuschließen" – auch nicht im Zusammenhang einer möglichen Lieferung von deutschen Kampfflugzeugen.
Kabarettistin Kinseher entgegnete, sie wünsche sich bei solchen Forderungen immer auch den Zusatz, dass Waffenlieferungen in der Situation nur das kleinere Übel seien. "Was mir dann immer abgeht, ist zum Beispiel der Nebensatz 'Es tut uns aber Leid und wir möchten das nicht'". Denn es sei klar: Niemand in Deutschland wolle den Krieg, "aber man muss irgendwelche vernünftigen Entscheidungen treffen".

Die Versorgung des russischen Militärs auf der Krim unterbrechen: Das könnte laut dem CDU-Außenpolitiker eine Strategie sein.
Guter Zeitpunkt, Russland zu schwächen?
Gerade jetzt sei ein guter Zeitpunkt, um mit viel Munition Russland wirkungsvoll zu schwächen, sagte Kiesewetter weiter. Eine Frühjahrsoffensive Putins sei derzeit nicht in Sicht, außerdem würden internationale Medien immer wieder von Munitionsproblemen berichten. Zusätzlich habe Putin, so Kiesewetter, ein massives Glaubwürdigkeitsproblem in der eigenen Bevölkerung, vor allem bei den Minderheiten, die für Russland in den Krieg ziehen müssten. "Die Russen haben auf ganzer Linie das Vertrauen der ethnischen Minderheiten im Land verspielt", so der Politiker.
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