SPD und AfD machen an diesem Wochenende den Auftakt, eine Woche später folgen CSU und Grüne, und am Wochenende vor Weihnachten treffen sich Freie Wähler und FDP. Bayerns Parteien stellen ihre Landeslisten für die Bundestagswahl Ende Februar auf. Eine Übersicht der wichtigsten Fragen und Antworten.
Was passiert auf einem Listenparteitag?
Bei den meisten Parteien stimmen Delegierte aus den Regierungsbezirken nacheinander über jeden einzelnen Platz für die Landesliste zur Bundestagswahl ab. Freie Wähler und AfD halten Mitgliederparteitage ab. Das heißt, nicht nur Delegierte, sondern alle Parteimitglieder dürfen mitstimmen.
Warum sind die Listen wichtig?
Bei der Bundestagswahl gibt es Erst- und Zweitstimme. Bei der Erststimme geht es um die Direktkandidaten im jeweiligen Wahlkreis. Mit der Zweitstimme wählen Bürgerinnen und Bürger eine Partei samt ihrer Personalliste. Kandidaten können sowohl in einem Wahlkreis als auch auf der Liste antreten. Grundsätzlich gilt: Je weiter oben ein Kandidat auf der Liste steht, desto besser sind seine Chancen. Bei der Verteilung der Bundestagssitze gilt: Jede Partei erhält so viele, wie ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen.
Die gewonnenen Mandate werden aufgeteilt: erst an die Gewinner der Direktmandate, dann an die Listenplätze. Heißt zum Beispiel: Hat eine Partei kein einziges Direktmandat gewonnen, ziehen ausschließlich ihre Listenkandidaten in den Bundestag ein. Anders betrachtet: Angenommen, einer Partei stehen 25 Bundestagsmandate aus Bayern zu – dann wird zuerst geschaut, wie viele Direktmandate die Partei gewonnen hat. Diese Wahlkreissieger werden von den 25 Sitzen abgezogen. Die übrigen Mandate werden gemäß der Liste besetzt, und zwar von oben nach unten.
Durch die Wahlrechtsreform hat die Zweitstimme bei der anstehenden Wahl an Bedeutung gewonnen: Sie allein entscheidet, wie viele Abgeordnete eine Partei bekommt. Überhang- und Ausgleichsmandate gibt es nicht mehr.
Warum ist die CSU ein Sonderfall?
Die CSU erhält traditionell viel Zuspruch bei der Erststimme, also für ihre Direktkandidaten. Vor drei Jahren gewann sie 45 von 46 Wahlkreisen in Bayern, nur im Münchner Süden lag eine Grüne vorn. Bei den vergangenen beiden Bundestagswahlen holte die CSU mehr Direktmandate, als vom Zweitstimmenergebnis gedeckt waren. Da die Direktmandate Vorrang haben, zog beide Male kein einziger Kandidat über die Liste ein. Aufgrund dieser Verteilung sagt Politikwissenschaftlerin Ursula Münch: "Bei der CSU sind die Listenplätze jetzt nicht so dramatisch wichtig."
2017 kandidierte der heutige CSU-Innenminister Joachim Herrmann zwar auf Listenplatz eins. Er trat aber in keinem Wahlkreis als Direktkandidat an – und verpasste so selbst als Spitzenkandidat den Einzug in den Bundestag.
Wie entscheidet sich, wer auf welchem Listenplatz landet?
Die Zusammensetzung der Listen folgt auch einer innerparteilichen Logik: "Proporze gibt es meines Wissens bei allen Parteien", sagt Münch. Bei den Grünen muss die Liste laut eigenem Statut zum Beispiel von einer Frau angeführt werden, auch danach muss mindestens jeder zweite Platz von einer Frau besetzt sein. Aber auch andere Parteien achten auf ausgewogen besetzte Listen, zum Beispiel, indem unterschiedliche Regionen, Berufsgruppen und Altersklassen vertreten sind.
Um das zu gewährleisten, gibt es laut Münch parteiinterne Vorabsprachen, wer für welchen Listenplatz antritt. "Man geht natürlich nicht unvorbereitet in so eine Sitzung hinein und sagt: Schauen wir mal, wer sich bewirbt. Und dann wird es bestimmt ein munteres Rennen." Häufig steht deshalb gerade auf den vorderen Plätzen auch nur ein Kandidat oder eine Kandidatin zur Wahl. Es kann aber auch zu Kampfkandidaturen kommen. Da gebe es unter Umständen "viel Dynamik", sagt Münch. Auch Überraschungen sind möglich.
Wo ist die Konkurrenz besonders hart?
Traditionell dort, wo Abgeordnete um ihr Bundestagsmandat fürchten müssen. Vor drei Jahren erzielte die SPD in Bayern 18 Prozent, 23 bayerische Sozialdemokraten sitzen derzeit im Bundestag. Im jüngsten BayernTrend kommt die SPD aber nur auf neun Prozent. Für die anstehende Wahl gehen Experten von folgender Daumenregel aus: Pro Prozentpunkt in Bayern erhalten die Landesparteien ungefähr ein Mandat. Demzufolge könnte mehr als jeder zweite bayerische SPD-Abgeordnete sein Mandat verlieren.
Aufgrund der Wahlrechtsreform gibt es aber auch in anderen Parteien Kandidaten, die um den Wiedereinzug bangen müssen: Der nächste Bundestag ist auf maximal 630 Abgeordnete gedeckelt – er wird im Vergleich zu den aktuell 736 Abgeordneten in jedem Fall kleiner sein. Es dürfte also insgesamt weniger bayerische Abgeordnete in Berlin geben. Für die einzelnen Kandidaten gewinnt ein aussichtsreicher Listenplatz daher zusätzlich an Bedeutung.
Weitere Hintergrund- und Service-Artikel zur Bundestagswahl 2025
- Zum Artikel: Wie sich Bayern auf die Neuwahl vorbereitet
- Zum Artikel: Neues Wahlrecht: So funktioniert die Bundestagswahl 2025
- Zum Überblick: Erst- und Zweitstimme – so wählen Sie richtig
- Zum FAQ: Briefwahl zur Bundestagswahl - so geht's
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!