Eine S-Bahn verlässt den Münchner Ostbahnhof
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Bundesrechnungshof 2018: Zweite Stammstrecke nicht förderfähig

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Rechnungshof kritisierte 2. Stammstrecke schon 2018

Schon vor vier Jahren hatte sich der Bundesrechnungshof mit der 2. Münchner Stammstrecke befasst. Das Fazit liegt dem BR exklusiv vor: Der Tunnelbau sei durch den Bund nicht förderfähig. Damals ging man noch von drei Milliarden weniger Kosten aus.

Über dieses Thema berichtete BR24 Infoblock am .

Anfang 2018 hatte der Bundesrechnungshof geprüft, ob die 2. Stammstrecke durch den Bund mit finanziert werden kann. Das Prüfergebnis liegt dem Bayerischen Rundfunk exklusiv vor.

Generell gilt: Bei Vorhaben, die der Bund mitfinanziert, muss der sogenannte Nutzen-Kosten-Faktor über eins liegen. Das hieße, der Bund beteiligt sich an den förderfähigen Kosten der 2. Stammstrecke und das bis zu 60 Prozent. Bei einem Bauvorhaben in Höhe von knapp vier Milliarden Euro eine erhebliche Summe. Die abschließende Prüfungsmitteilung ging damals an das Bundesverkehrsministerium und der Inhalt war brisant: "Die Nutzen-Kosten-Untersuchung erbrachte ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von 1,05. Der Bundesrechnungshof hält sie nicht für tragfähig, weil nicht alle relevanten Aspekte in die Untersuchung eingeflossen sind…. Der Bundesrechnungshof hat Zweifel an der Wirtschaftlichkeit des Vorhabens."

Bundesrechnungshof: Nicht alle Kosten berücksichtigt

Der scheinbar günstige Faktor von 1,05 kam aus Sicht des Bundesrechnungshofes auch deshalb zustande, weil mögliche Folgekosten nicht geregelt wurden, beispielsweise die Instandhaltung. Noch kritischer sah der Bundesrechnungshof den Umgang mit den Risikokosten. Das ganze Bauprojekt war damals auf 3,2 Milliarden Euro angesetzt worden, dazu kamen die Risikokosten, eine Art Sicherheitspuffer – so kam man auf die Summe von 3,85 Milliarden Euro. Zu niedrig, monierte der Bundesrechnungshof, denn ein Großteil der Risikokosten wurden erst gar nicht beachtet: "Es ist mit einer ordnungsgemäßen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung unvereinbar, den überwiegenden Teil der Risikokosten von 600 Millionen Euro völlig unberücksichtigt zu lassen."

Statt knapp vier nun sieben Milliarden Euro teuer

In Anbetracht der Tatsache, dass die bisherige Kostensteigerung inzwischen wohl die sieben-Milliarden-Grenze reißt, wäre wohl auch diese Risikovorsorge viel zu niedrig angesetzt gewesen. Der Nutzen-Kosten-Faktor wäre damit voraussichtlich unter eins gesunken und ohne die finanzielle Hilfe vom Bund wäre die unterirdische 2. Stammstrecke wohl vom Tisch gewesen.

Der Bundesrechnungshof wies außerdem darauf hin, dass der Freistaat den Bau der 2. Stammstrecke vorfinanzieren wollte. Aber diese Finanzierungskosten, insbesondere mögliche Zinsen, seien in der Nutzen-Kosten-Untersuchung, kurz NKU, auch nicht berücksichtigt worden. Abschließend kam der Bundesrechnungshof zu dem Schluss: "Bei den Risikokosten, den Vorfinanzierungskosten und der baulichen Anpassung am Hauptbahnhof München handelt es sich um bedeutende Aspekte, die für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit des Vorhabens relevant sind. Gleichwohl sind sie bislang nicht in die NKU einbezogen worden. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Bundesfinanzhilfe liegen nicht vor."

Rechnungshof-Papier ging an das Bundesverkehrsministerium

Der Bundesrechnungshof entscheidet selbst, wer seine Prüfungsergebnisse bekommt. In diesem Fall war das wohl ausschließlich das Bundesverkehrsministerium, damals noch in CSU-Hand. Allerdings wurde auch das Bayerische Verkehrsministerium über das Prüfergebnis informiert. Auf eine Anfrage des Bayerischen Rundfunks teilt das Bundesverkehrsministerium mit: "Im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Abstimmungsgespräche wurde der Freistaat Bayern auch über die Prüfung des Bundesrechnungshofes bezüglich des Vorbescheides zur Aufnahme in das GVFG-Bundesprogramm informiert." GVFG steht dabei für das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz.

Neue Nutzen-Kosten-Untersuchung in Vorbereitung

Nach der drastischen Verteuerung der 2. Stammstrecke wurde nun eine neue Nutzen-Kosten-Untersuchung in Auftrag gegeben. Übrigens ging der Auftrag an die Intraplan Consult, jene Firma, die bereits die vom Bundesrechnungshof so kritisierte alte Berechnung erstellt hatte.

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