Der Bund Naturschutz (BN) klagt wie angekündigt gegen die neue bayerische Wolfsverordnung. Das hat der BN-Vorstand jetzt offiziell beschlossen, wie ein Sprecher am Dienstag auf Nachfrage sagte. Als erstes hatte die "Süddeutsche Zeitung" darüber berichtet.
BN: Neue Wolfsverordnung verhindert Herdenschutz
Aus Sicht des BN fordert dieses Gesetz von Tierhaltern mehr Anstrengungen beim Herdenschutz, als es die Staatsregierung derzeit tut. "Der Bund Naturschutz will, dass Weidetiere besser vor einem möglichen Wolfsriss geschützt werden. Deswegen müssen wir vor allem den Herdenschutz massiv verstärken, mit Hunden, Zäunen und Hirten. Mit der neuen Wolfsverordnung wird dieser Herdenschutz verhindert", ließ Richard Mergner, BN-Landesvorsitzender, verlauten. "Deswegen ist die Bayerische Staatsregierung mitverantwortlich für mehr Risse, weil sie meint, mit dem Gewehr Probleme lösen zu können." Weil das nicht gehe und es gegen europäisches, deutsches und bayerisches Naturschutzrecht verstoße, müsse der BN Klage einreichen.
Seit 1. Mai gilt die neue Wolfsverordnung in Bayern, die ein leichteres Abschießen von Wölfen ermöglicht. Eigentlich ist der Wolf nach europäischem und deutschem Recht nach wie vor streng geschützt. Bisher durften Wölfe nur abgeschossen werden, wenn sie die Gesundheit des Menschen oder die öffentliche Sicherheit gefährdeten - unter anderem, wenn sie sich mehrfach Menschen auf unter 30 Meter nähern oder wenn sie über mehrere Tage in einem Umkreis von weniger als 200 Meter von geschlossenen Ortschaften, Gebäuden oder Stallungen gesehen werden.
Abschuss von Wölfen jetzt auch aus landwirtschaftlichen Gründen möglich
Laut der neuen Wolfsverordnung ist der Abschuss nun auch möglich "zur Abwendung ernster landwirtschaftlicher oder sonstiger ernster wirtschaftlicher Schäden" - dies zielt konkret auf die Alm- und Weidewirtschaft in den Bergen. Dort können Wölfe nun geschossen werden, wenn sie in "nicht schützbaren Weidegebieten" ein einziges Nutztier töten.
"Ein Riss reicht", hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) betont. "Nicht schützbare Weidegebiete" sind laut Verordnung Gebiete, "bei denen ein Herdenschutz entweder nicht möglich oder nicht zumutbar ist". Die Landratsämter können über den Abschuss selbstständig entscheiden. Bislang waren dafür im Freistaat die Bezirksregierungen zuständig.
Streitpunkt: Welche Weiden können geschützt werden, welche nicht?
Welche Weiden nun als "zumutbar schützbar" eingestuft werden - und welche nicht, genau darüber herrscht Uneinigkeit zwischen Bund Naturschutz und Staatsregierung. Der Bund Naturschutz vertritt die Auffassung, dass es bei einigen Flächen, die von staatlicher Seite als "nicht schützbar" eingestuft worden sind, durchaus möglich ist, einen Zaun zu errichten.
"Die sogenannten nicht schützbaren Weidegebiete, in denen Abschüsse nun erleichtert werden, sind aus unserer Sicht nicht so eingestuft, dass sie den strengen Anforderungen des Bundesnaturschutzgesetzes gerecht werden", erklärte Uwe Friedel, Artenschutzreferent beim Bund Naturschutz in Bayern, im Gespräch mit BR24.
"Abschüsse sind nicht notwendig, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Der Mensch gehört nicht zum Beuteschema des Wolfes", teilte der BN-Wolfsexperte weiter mit. Verhaltensauffällige Wölfe könnten auch nach jetziger Rechtslage abgeschossen werden. "Es ist unwahr, wenn behauptet wird, die neue Wolfsverordnung wäre für die Sicherheit der Menschen notwendig."
Mit Informationen von dpa
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!