25.05.2023, Bayern, Bamberg: Anwalt Thomas Drehsen (l) und der Beschukldigte (r) stehen zu Beginn der Sitzung im Sitzungssaal. Prozessbeginn wegen des Brandanschlags auf die Synagoge von Ermreuth. Der 22 Jahre alte Beschuldigte soll in der Nacht zu Neujahr 2023 versucht haben, die Synagoge im oberfränkischen Ermreuth in Brand zu setzen. Foto: Daniel Vogl/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Im Prozess um den versuchten Brandanschlag auf eine Synagoge in Ermreuth hat der Angeklagte die Tat eingeräumt.

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Brandstiftung Synagoge Ermreuth: Angeklagter gesteht

Zwei Verhandlungstage wurden für den Prozess um den Brandanschlag in der Silvesternacht auf die Synagoge in Ermreuth angesetzt. Vor dem Amtsgericht Bamberg steht ein 22-jähriger Angeklagter. Er gestand die Tat.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

In der vergangenen Silvesternacht wurde auf die Synagoge Ermreuth im Landkreis Forchheim ein Brandanschlag verübt. Am 5. Januar wurde ein Tatverdächtiger festgenommen. Vor dem Amtsgericht Bamberg hat nun der Prozess begonnen, in dem sich der Angeklagte geständig zeigte.

Pyrotechnik zündete nicht

Ein Überwachungsvideo und Aussagen von Zeugen brachte die Ermittler auf die Spur des jungen Mannes. Die Generalstaatsanwaltschaft München spricht von einem "rechtsextremen und judenfeindlichen Tatmotiv".

Am 1. Januar dieses Jahres, kurz nach Mitternacht, soll der 22-Jährige versucht haben, die Türe der Synagoge zu öffnen. Als ihm das nicht gelang, schlug er eine Scheibe ein, versuchte einen pyrotechnischen Gegenstand zu entzünden und ihn in den Innenraum der Synagoge zu werfen, so die Anklage. Doch der Feuerwerkskörper entzündete sich nicht.

Eine Spaziergängerin entdeckte am Neujahrsmorgen die zerbrochene Fensterscheibe an der Synagoge in Ermreuth. Die Staatsanwaltschaft Bamberg und die Kriminalpolizei übernahmen die Ermittlungen. Wenige Tage später wurde der Angeklagte festgenommen.

Vorwurf: Schwere Brandstiftung

Die Staatsanwaltschaft stellte einen Haftbefehl wegen versuchter schwerer Brandstiftung und gemeinschädlicher Sachbeschädigung aus. Zur Tatzeit habe der Mann über die Maßen Alkohol konsumiert, so der Beschuldigte heute bei der Vernehmung. Bereits am Mittag sei er betrunken gewesen. Er bedauere seine Tat zutiefst und er habe in der U-Haft erst realisiert, was für Auswirkungen seine Tat habe, so der Angeklagte.

Annahme: rechtsradikales Motiv

Die Generalstaatsanwaltschaft München übernahm den Fall, da dort die Zentrale Antisemitismusbeauftragte der bayerischen Justiz angesiedelt ist. Es wurde von einem rechtsradikalen Motiv ausgegangen. Demnach soll der junge Mann zur Tatzeit auch mit einer Jacke mit dem Aufdruck "Mein Hass, Mein Schmerz, Dein Leid" bekleidet gewesen sein. Auf dem Handy des Beschuldigten wurden zudem Rechtsrock-Lieder gefunden und auch in der Silvesternacht habe er kurz vor dem Brandanschlag entsprechende Songs gegoogelt.

Der 22-Jährige äußerte, dass er nicht in einer rechtsradikalen Partei sei, aber Mitglied in einer Whatsapp-Gruppe, die auch rechtsradikale Fotos gepostet habe. Er empfinde "Heimatliebe", so der Beschuldigte. Doch er führe jetzt Gespräche mit der Informationsstelle gegen Extremismus. Bis jetzt sei der Angeklagte nicht wegen ähnlicher rechtsradikaler Taten auffällig gewesen, so die Generalsstaatsanwaltschaft.

Am Gebäude der Synagoge in Ermreuth entstand ein Sachschaden in Höhe von rund 1.900 Euro. Diese Kosten wurden bereits von den Eltern des Beschuldigten beglichen.

Prozess auf zwei Tage angesetzt

Als Zeugen sind bis jetzt die Eltern des Beschuldigten, ein psychiatrischer Gutachter und ein Brandsachverständiger des LKA geladen. Sollten nicht weitere Zeugen hinzukommen, dann könnte bereits am Freitag ein Urteil vom Schöffengericht in diesem Strafverfahren zu erwarten sein.

Der 22-jährige Beschuldigte sitzt bereits seit Anfang Januar in Untersuchungshaft. Nach Angaben der Pressesprecherin des Amtsgerichts Bamberg, Monika Englich, liegt der Strafrahmen für schwere Brandstiftung bei einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr, in minderschweren Fällen bei mindestens sechs Monaten.

Die Synagoge Ermreuth: ein Haus der Begegnung

Am Rande der Fränkischen Schweiz in der Gemeinde Ermreuth steht die Synagoge. Es wird vermutet, dass die ersten Juden sich hier im 15. Jahrhundert angesiedelt haben. Nach dem Ende des 30-jährigen Krieges wurde die Gründung einer jüdischen Gemeinde beschlossen.

1711 kam ein eigener Friedhof hinzu und 1738 bauten die Mitglieder ihre erste Synagoge. Ende des 18. Jahrhunderts lebten 33 jüdische Familien im Ort. Die Blütezeit erlebte die jüdische Gemeinde Ermreut um das Jahr 1834/35, als die Einwohnerzahl 299 Personen jüdischen Glaubens erreichte.

Seit dem Zweiten Weltkrieg leben keine Juden mehr in dem Ort. Die jetzige Synagoge stammt aus dem Jahr 1822. Sie ist zweistöckig und wurde aus Sandsteinquadern gebaut. Trotz Schändung und Zerstörung am 9. November 1938 hat sie das Dritte Reich und den 2. Weltkrieg überdauert.

1994 wurde sie zur Religionsausübung wiedergeweiht. Sie ist seitdem ein Haus der Begegnung und der Kultur und beherbergt eine Dauerausstellung über das Leben der Juden in der Gegend um Ermreuth.

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