Fußballspieler Jérôme Boateng (M) kommt mit seinen Anwälten und Bodyguards am 21.10.2022 zum Berufungsprozess gegen ihn im Landgericht München I an.
Bildrechte: picture alliance/dpa | Matthias Balk

Fußballspieler Jérôme Boateng (M) kommt mit seinen Anwälten und Bodyguards zum Berufungsprozess gegen ihn im Landgericht München I an.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Plädoyers im Boateng-Prozess - Razzia bei Security

Es wird ermittelt gegen vier Mitarbeiter des Security-Dienstes, den Jérôme Boateng zu seinem Schutz bei Gericht engagiert hatte. Im Prozess gegen ihn selbst fordert die Staatsanwaltschaft eine Bewährungs- und Geldstrafe, die Verteidigung Freispruch.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

  • Zum aktuellen Artikel: Boateng-Prozess: Millionen-Geldstrafe wegen Körperverletzung

Im Prozess gegen den Star-Fußballer Jérôme Boateng hat die Staatsanwaltschaft heute Nachmittag eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung sowie eine Geldstrafe von 1,5 Millionen Euro gefordert. Die Verteidigung hielt ihr Plädoyer am frühen Abed und forderte einen Freispruch. Sein Mandant werde "einer Körperverletzung bezichtigt, die er nicht begangen hat". Sein angebliches Opfer habe sich die angeführten Verletzungen womöglich anderweitig zugezogen, etwa beim Kickboxen. Sie habe nachweislich die Unwahrheit gesagt, und zu viele Fragen seien nicht geklärt worden. "In dubio pro reo" verlangte auch ein zweiter Verteidiger. Das Urteil soll noch am Mittwochabend folgen.

Vorwurf: Ex-Freundin geschlagen

Der Profi-Fußballer soll seine Ex-Freundin, die auch die Mutter seiner beiden Töchter ist, in einem Karibik-Urlaub 2018 geschlagen haben. Das Amtsgericht München hatte ihn deshalb in der Vorinstanz zu einer Geldstrafe von 1,8 Millionen Euro verurteilt. Boateng weist die Vorwürfe auch weiter zurück und bestreitet jegliches "strafbares Tun“.

Razzia bei Sicherheits-Firma

Ebenfalls heute hat die Staatsanwaltschaft München I in einer großangelegten Razzia Objekte der Sicherheitsfirma durchsucht, die Jérôme Boateng zu seinem Schutz bei Gericht engagiert hatte. Auch der Kleintransporter, mit dem Boateng zu seinem Prozess gefahren worden war, wurde am Mittwoch vor dem Gerichtsgebäude durchsucht, wie die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Anne Leiding, mitteilte.

Prozess unterbrochen

Am Mittag wurde der Prozess kurz unterbrochen, weil sich Boatengs Verteidiger mit ihrem Mandanten über einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter beraten wollten. Der hatte zuvor an die Verteidiger appelliert, von weiteren Beweisanträgen abzusehen, um das Verfahren nicht weiter in die Länge zu ziehen.

Befangenheitsantrag abgelehnt

Ergebnis: Der Befangenheitsantrag wurde gestellt - und abgelehnt. Die Stimmung im Gerichtssaal ist mittlerweile recht gereizt. Jerome Boatengs Verteidiger geben immer wieder Erklärungen ab und stellen Anträge. Der Vorsitzende Richter wirkt zunehmend genervt, ebenso die Staatsanwältin. Sie wirf den Verteidigern vor, dass sie nur schmutzige Wäsche waschen und die Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers in Frage stellen wollen.

"Der Antrag dient lediglich der Verfahrensverschleppung", sagte der Richter Andreas Forstner. "Verfahrensfremde Zwecke" seien damit beabsichtigt. "Rügen Sie das in der Revision und gut ist", so Forstner, als die Verteidigung weiter über den Antrag diskutieren wollte.

Ermittlungen gegen vier Security-Mitarbeiter

Die neuen Ermittlungen in dem zweiten Verfahren richten sich nicht gegen Boateng, betonte die Sprecherin, sondern gegen vier Mitarbeiter des von ihm beauftragten Security-Dienstes. Neben dem Wagen vor dem Münchner Gericht seien außerdem weitere Objekte in Hamburg, Niedersachsen und Brandenburg durchsucht worden. Dabei seien auch die Gegenstände, nach denen die Staatsanwaltschaft suchte, sichergestellt worden. Auch Vernehmungen gab es, so wurde etwa der Chef der Sicherheitsfirma nach Angaben Leidings befragt. Die Firma sei von nun an auch nicht mehr für den Schutz von Boateng vor Gericht zuständig, das sei nun Sache der Justizwachtmeister.

Augenzeugin in Angst

Hintergrund der Ermittlungen ist ein Zwischenfall mit dem Sicherheitsdienst am zweiten Prozesstag vor knapp zwei Wochen. Eine Zeugin hatte in dem Verfahren angegeben, sie sei beim Hineingehen ins Gerichtsgebäude gefilmt worden und fühle sich bedroht. Justizbeamte stellten daraufhin die Personalien der Personen fest, die mutmaßlich an dem Vorfall beteiligt waren.

Die Frau, die vor Gericht angab, gesehen zu haben, wie Boateng seine frühere Freundin in einem Karibik-Urlaub attackiert, geschlagen und übel beleidigt habe, war im Zeugenstand in Tränen ausgebrochen. "Da hat man einfach Angst", sagte sie, "dass man bedroht wird oder seine Familie bedroht wird".

Anwälte: Zeugin nicht gezielt gefilmt

Die Anwälte des Fußballprofis betonten nach der Feststellung der Personalien damals, dass der Sicherheitsdienst, der Boateng zum Prozessauftakt am Vortag auch schon betreut habe, lediglich "das Umfeld eruiert" habe, um "die Sicherheitslage Boatengs" bewerten zu können. Es habe sich um eine reine "Objektabklärung" gehandelt, und die Zeugin sei nicht gezielt und auch nur von hinten gefilmt worden.

Strafverfahren eingeleitet

Die Staatsanwaltschaft leitete ein Verfahren wegen des Verdachtes der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen ein. Daran seien auch der Zoll und die Gewerbeaufsicht beteiligt und dies sei völlig unabhängig von dem Körperverletzungsverfahren gegen Boateng, sagte Leiding. Allerdings betonte sie auch, dass kein Zeuge Angst haben dürfe, vor Gericht auszusagen.

(mit Material von dpa)

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!