BMW hat für ein neues Hochvoltbatterie-Werk 105 Hektar Fläche in den Gemeinden Irlbach und Straßkirchen im Landkreis Straubing-Bogen gekauft. Am Freitagnachmittag hat hierzu ein Infomarkt in der Sporthalle Straßkirchen stattgefunden: Die beiden Gemeinden, BMW und auch die Interessensgemeinschaft (IG) "Lebenswerter Gäuboden" wollten an Infoständen Fragen beantworten.
Es ist ein Versuch aller betroffenen Akteure, die Bürger in der Region gemeinsam an einem Ort zu informieren.
Großer Andrang beim Infomarkt
Viele Interessierte waren zum Infomarkt in die Straßkirchener Turnhalle gekommen: Bereits vor der Eröffnung um 15 Uhr bildeten sich lange Schlangen. In der Halle konnten sich die Bürger an verschiedenen Ständen zum geplanten BMW-Werk informieren.
Viele der Besucher sind hin- und hergerissen: "Ich kann weder dafür sein, noch dagegen", heißt es da. Eine Frau sagte dem BR: "In meiner Brust schlagen zwei Herzen: Als Anwohnerin bin ich dagegen, dass Gäuboden zubetoniert wird – als MINT-Zuständige ist das neue Werk die Zukunft."
105 Hektar Ackerboden für BMW-Werk
Das Hauptargument der BMW-Gegner lautet: Wertvoller Ackerboden geht durch das neue BMW-Werk verloren. 105 Hektar entspricht einer Fläche von mehr als 150 Fußballfeldern.
Wie eine aktuelle Statistik des Bayerischen Bauernverbands zeigt, wurden im Landkreis Straubing-Bogen im Jahr 2022 auf einer Ackerfläche von insgesamt 55.393 Hektar Lebensmittel angebaut, darunter beispielsweise 24.027 Hektar Getreide, 10.327 Hektar Mais und 7.474 Hektar Zuckerrüben.
Nutzung Gäuboden im Landkreis Straubing-Bogen 2022
"Intensive Diskussionen" bei BMW zur Standortentscheidung
Ein Sprecher sagte: Auch BMW sei sich der Tatsache bewusst, dass Ackerboden verbaut werde. Ferner habe der Automobilkonzern laut BR-Informationen die Standortentscheidung bis zuletzt intensiv diskutiert.
Aus Sicht von BMW aber ist der Neubau notwendig: An den bestehenden Standorten sei man an den Kapazitätsgrenzen – Ausbaumöglichkeiten gebe es dort nicht mehr. Angesichts wachsender Absatzzahlen für Elektroautos müssten auch die Produktionskapazitäten für Hochvoltbatterien ausgebaut werden. Den Standort Irlbach/Straßkirchen hat BMW aufgrund kurzer Distanzen zu Automontage-Werken in München, Regensburg und Dingolfing ausgewählt.
Eine konkrete Investitionssumme nennt BMW noch nicht – man kann davon ausgehen, dass das Unternehmen für das Werk mehrere Hundert Millionen Euro investiert. Geplant ist, dass dort rund 1.000 Mitarbeiter tätig sind.
IHK begrüßt BMW-Ansiedlung
Die Industrie- und Handelskammer Niederbayern/Oberpfalz (IHK) begrüßt die Ansiedlung, sei sie doch Beleg für die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Niederbayern. Entgegen des Arguments der IG, die sich um eine Abwanderung von Fachkräften weg von mittelständischen Unternehmen hin zu BMW sorgt, meint die IHK: "Hierzu hatte BMW klargestellt, dass die entstehenden, attraktiven und für unsere Region wichtigen Arbeitsplätze zu einem guten Teil mit bestehenden Mitarbeitern aus anderen BMW-Werken besetzt werden."
Demonstranten begrüßen Ministerpräsident Söder (CSU) und Landwirtschaftsministerin Kaniber (CSU) bei der Eröffnung des Nawareums in Straubing.
Bayerischer Bauernverband fordert "echten Ausgleich"
Der Bayerische Bauernverbandspräsident, Günther Felßner, ist hin- und hergerissen: "Wenn BMW über 100 Hektar braucht für ein Batterie-Werk, dann läuft das zunächst einmal dem Flächenschutz zuwider." Er verweist auf zusätzliche Ausgleichsflächen, die für den BMW-Bau geschaffen werden müssten – Felßner befürchtet, dass diese Flächen aber womöglich auch aus der landwirtschaftlichen Produktion genommen werden müssten.
"Ein echter Ausgleich wäre doch, wenn BMW hier 100 Hektar verbaut, dass sie woanders 100 Hektar - wo vielleicht Verbrenner gebaut werden - wieder zu Acker machen. Andere Ausgleiche gibt es nicht." Günther Felßner, Bayerischer Bauernverbandspräsident
Dass es letztlich E-Mobilität brauche, stehe für Felßner außer Frage, wie er im BR-Interview sagt. Ähnlich argumentieren der Bund Naturschutz sowie die Grünen im Straubinger Stadtrat: Einerseits müsse die Transformation hin zur Elektromobilität und der Abschied von fossilen Energien geschaffen werden. Andererseits sei es an der Zeit, den Flächenfraß in Bayern zu stoppen.
Bürgerinitiativen protestieren gegen Flächenverbrauch
Unabhängig vom geplanten BMW-Werk haben mehrere Bürgerinitiativen, darunter auch die IG "Lebenswerter Gäuboden", im Rahmen der Eröffnung des Museums Nawareum in Straubing Proteste angekündigt – hierbei werden Ministerpräsident Markus Söder (CSU), Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) und Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) im Landkreis Straubing-Bogen erwartet.
Die Gruppierungen wollen die Politiker mit Plakaten und Schildern auf den Flächenfraß aufmerksam machen: "Lasst uns der Staatsregierung deutlich zeigen, dass ihnen der Zeitgeist längst davongelaufen ist und es dringend nötig ist, tatsächlich ökologisch nachhaltig zu handeln, statt es nur großspurig zu versprechen", heißt es in einer Mitteilung der IG hierzu.
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