Für die Menschen in Pentling im Landkreis Regensburg war Joseph Ratzinger vor allem der geschätzte Nachbar, einer von ihnen, selbst als Papst und Ehrenbürger. 1970 bezog Ratzinger ein Haus in der Regensburger Vorortgemeinde.
An der Universität lehrte er damals katholische Dogmatik. Seine Schwester Maria führte den Haushalt. Als Erzbischof von München und Freising und später als Präfekt der Glaubenskongregation in Rom kam Joseph Ratzinger immer wieder auf Heimaturlaub, segnete schon mal ein Feuerwehrauto oder hielt eine Messe. Ratzingers Bruder Georg, Domkapellmeister bei den Domspatzen, lebte ebenfalls hier.
Papstbesuch in Regensburg
2006 große Begeisterung in Regensburg: Als Papst Benedikt XVI. kehrte Joseph Ratzinger noch einmal in die Region zurück. Er feierte vor über 200.000 Menschen einen Gottesdienst auf dem Islinger Feld nahe der A3 im Stadtsüden. Noch heute erinnert ein 16 Meter hohes Kreuz aus Stahl und Holz an das Großereignis. An der Universität hielt Benedikt die inzwischen legendäre "Regensburger Rede", in der sich der Papst über den Islam äußerte. Die islamische Welt geriet in Aufruhr, in einigen Ländern gab es Ausschreitungen.
Volksnaher Papst Benedikt XVI. in Pentling
Rührende Szenen dagegen in Pentling: In seinem Wohnhaus verbrachte Benedikt der XVI. einen privaten Nachmittag mit Bruder Georg Ratzinger, jahrzehntelang Leiter der Regensburger Domspatzen. Dass sich der Papst so volksnah zeigte, kam besonders gut bei den Menschen in Pentling an. Es sei ein Erlebnis gewesen, sagte eine Anwohnerin. Imponiert habe ihr, dass er sich so viel Zeit nehme und fast jedem Einzelnen die Hand gegeben habe. Benedikt selbst sagte bei seinem Heimatbesuch: "Hier bin ich Zuhause. Vergelt's Gott."
Abgebrochen ist Benedikts Verbindung in die Heimat nie. Eine Regensburger Wirtin brachte ihm zum Beispiel zuverlässig ihre berühmte Tellersulz in den Vatikan. Auch die Lokalzeitung hatte er jeden Tag auf dem Tisch und war stets über die Vorgänge in der Region informiert. Am 28. Februar 2013 trat Benedikt XVI. überraschend von seinem Amt zurück. Seitdem lebt er in einem Kloster hinter den Vatikanmauern, empfängt immer wieder Besuch aus der Heimat. Vor allem sein Bruder Georg besuchte ihn regelmäßig.
Überraschender Besuch bei Bruder Georg in Regensburg
Am 18. Juni 2020 kam der emeritierte Papst noch einmal überraschend nach Regensburg. Kurz vor dem Tod seines Bruders Georg Ratzinger verbrachte der emeritierte Papst hier einige Tage privat - öffentliche Auftritte gab es jedoch nicht. Vom Bistum war aber zu erfahren, dass die Brüder immer wieder gemeinsam beteten und aßen.
Die Papstbegeisterung – sie blieb bis heute. Auch das in einem Gutachten festgehaltene Fehlverhalten des damaligen Erzbischofs bei vier Missbrauchstätern, darunter die zunächst bestrittene Verantwortung für die Beschäftigung eines wegen Pädophilie vorbestraften Geistlichen, tat dem im Großen und Ganzen keinen Abbruch. Für viele Katholiken im Bistum Regensburg blieb Benedikt weiterhin "unser Papst", vor allem aber ein begnadeter Prediger und freundlich-zugewandter Mensch, den man aus dem Straßenbild als Spaziergänger zusammen mit seinem Bruder Georg in Erinnerung behält.
In Regensburg wurde allerdings infrage gestellt, ob Joseph Ratzinger Ehrenbürger bleiben kann. Damit müsse sich die Stadt auseinandersetzen, sagte beispielsweise die SPD-Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer.
Benedikt-Institut verwaltet den Nachlass
Bleiben wird in Regensburg der wissenschaftliche und schriftstellerische Nachlass des verstorbenen Papstes. Das "Institut Papst Benedikt XVI." erforscht unter der Leitung seines Gründungsdirektors, des Regensburger Bischofs Rudolf Voderholzer, das Werk des Theologen Joseph Ratzinger. Das Institut kümmert sich außerdem um die Gesamtausgabe seiner Werke. Auch das frühere Wohnhaus in Pentling, das Joseph Ratzinger in seiner Zeit als Theologie-Professor bewohnte, wird heute vom Benedikt-Institut verwaltet. Es wird bisher als Begegnungshaus und Museum genutzt. Jetzt könnte es zu einer Pilgerstätte für Benedikt-Anhänger werden.
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