Keine Geburtshilfe mehr ab Herbst im südlichen Landkreis Augsburg: Die Wertachklinik in Bobingen schließt dann bis auf Weiteres ihren Kreißsaal. Das hatte zunächst nur der Bürgermeister von Bobingen, Klaus Förster, dem BR bestätigt. Inzwischen ist es auch von Seiten der Klinikleitung klar, dass ab Oktober keine Entbindungen mehr in Bobingen stattfinden. Zwei der drei Belegärzte hatten angekündigt, ihre Tätigkeit zum Jahresende einzustellen. Schon im Oktober seien die erforderlichen Hebammen und Kinderkrankenschwestern deshalb nicht mehr verfügbar, so der Bürgermeister.
Große Schwierigkeiten, Belegärzte zu finden
Im Stadtrat wurde am Donnerstag ein Bericht zur Geburtshilfe in Bobingen vorgelegt. Förster beklagte im Gespräch mit dem BR, dass sich kaum noch Gynäkologinnen und Gynäkologen finden lassen, die neben der Tätigkeit in ihren Praxen bereit seien, sich auf Abruf für die Geburtshilfe zur Verfügung zu stellen. Auch die hohen Prämien für die erforderliche Haftpflichtversicherung seien eine wachsende Hürde.
Hohe Belastung durch Arbeit auf Abruf
Der Klinikvorstand der Wertachklinik, Martin Gösele, sieht in der hohen Arbeitsbelastung den Hauptgrund für die Kündigung der Belegärzte: "Wir sind eine Belegabteilung. Das sind freiberufliche Ärzte, die eine Praxis haben. Und die neben der Praxis eben jeden dritten Tag, jedes dritte Wochenende Dienst bei uns machen müssen", erklärt Gösele.
Für jede Geburt oder einen Notkaiserschnitt in die Klinik
Wenn eine Geburt oder ein Notkaiserschnitt ansteht, dann müsse man als Belegarzt alles stehen und liegen lassen. "Das ist eine Stresssituation für alle Beteiligten. Man muss sofort im Kreißsaal sein oder im OP. Das ist das Belastende." Er ziehe den Hut vor den Leistungen, die die Belegärzte in den vergangenen Jahren erbracht haben.
Erst Mitte 2024 neue Belegärzte in Sicht
Bis neue Belegärzte in Bobingen ihren Dienst aufnehmen, kann es länger dauern. Laut Bürgermeister Förster hat die Klinik erst für Mitte 2024 neue Belegärzte in Aussicht. Dass die dann auch tatsächlich - samt Hebammen und Kinderkrankenpflegern - zur Verfügung stehen, will Förster nicht garantieren. "Es wird schwierig", so der Bürgermeister.
Schwangere haben weiteren Weg ins Krankenhaus
Werdende Mütter müssten nun zur Entbindung nach Augsburg, ins Josefinum oder in die Uniklinik. Die andere Möglichkeit ist das Krankenhaus in Landsberg. Nach Angaben von Klinikvorstand Martin Gösele haben die umliegenden Krankenhäuser aber zugesagt, die Geburten, die eigentlich in Bobingen stattfinden sollten, zu übernehmen.
Landkreistag findet Entwicklung bedenklich
Das Aus für die Geburtshilfe in Bobingen im südlichen Landkreis Augsburg gibt auch dem Bayerischen Landkreistag zu denken. Klaus Schulenburg von der Geschäftsstelle des Landkreistags spricht von einer "außerordentlich problematischen Entwicklung". Schulenburg fordert im Namen der bayerischen Landkreise in der stationären Geburtshilfe eine Planung, die einen Not-Kaiserschnitt innerhalb einer Fahrtzeit von 20 Minuten ermögliche. Daran müsse sich eine Diskussion über die Finanzierung orientieren.
Schwangere fordern weiter Geburtsstation in Bobingen
Mehrere werdende Mütter haben gestern bei der Vorstellung für das neue Zukunftskonzept der Wertachkliniken gegen die Schließung der Geburtsstation protestiert. Unter ihnen auch Theresa Tränkler. Für sie ist die Schließung der Bobinger Geburtshilfe eine sehr schlechte Nachricht. Die 34-Jährige hat dort bereits entbunden, demnächst wird sie wieder ein Kind zur Welt bringen. In Bobingen gebe es eine tolle Eins-zu-eins-Betreuung, die Geburtshilfe müsse weiter erhalten bleiben. "Denn es ist wichtig, dass die Frauen sich wohlfühlen und die Geburten komplikationsarm sind", sagt Tränkler. Und da spiele die Nähe eines Krankenhauses eine große Rolle.
Fahrt nach Augsburg oder Landsberg keine Alternative
Ohne die Geburtsstation in Bobingen gebe es keine Alternative im südlichen Landkreis. Die Städte Augsburg oder Landsberg seien da schon wieder weit weg und die Krankenhäuser dort bereits auch schon überlastet. Die Kliniken hätten keinerlei Ressourcen für weitere Schwangere. Tränkler ruft dazu auf, dass um die Bobinger Geburtshilfe gekämpft werden müsse. Um neue Ärzte zu finden, müssten die strukturellen Probleme gelöst werden.
Neuer Standort als Chance?
Ein neuer Standort für die beiden Häuser der kommunalen Wertachkliniken in Schwabmünchen und Bobingen, wie er von Experten am Dienstagabend vorgeschlagen wurde, könnte die Chancen für eine Geburtshilfe im südlichen Landkreis Augsburg auf lange Sicht wieder erhöhen, sagte der Bobinger Bürgermeister Förster. Das hänge dann aber auch von einer Förderung durch den Freistaat ab. Weniger optimistisch ist da die Krankenhausberatung, die die Zukunftsfähigkeit der beiden Wertachkliniken am Dienstagabend vorgestellt hat. Vor allem ein Problem bleibe, und das sei der gravierende Personalmangel. Dazu komme noch, so die Experten, der große Konkurrenzdruck. Man sehe die Wahrscheinlichkeit, dass es in einem Neubau eine eigene Hauptabteilung für die Geburtshilfe geben wird, als sehr gering an. Klaus Schulenburg vom bayerischen Landkreistag begrüßt die Überlegungen Wertachkliniken, ihre Standorte in Bobingen und Schwabmünchen zugunsten eines zentralen Neubaus aufzugeben. Das sei angesichts knapper Finanzen und Personalmangels auch die Strategie an anderen Klinik-Standorten.