Kurz vor dem Sonnenaufgang verlässt Andreas Pohl sein Haus. Es handelt sich um eine Hütte in den rumänischen Karpaten. Der in Bayreuth aufgewachsene 34-Jährige beginnt jeden Tag gegen 7 Uhr mit der Arbeit. "Unkraut zupfen, Gemüse ernten, ein Gewächshaus bauen, das sind die Aufgaben die zurzeit anstehen", erklärt Pohl. Das Gewächshaus müsse vor dem Winter fertig sein, damit er darin weitere Lebensmittel anbauen kann.
Vom Schiffsoffizier zum Permakultur-Gärtner in Rumänien
2011 hat Pohl am Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasium in Bayreuth sein Abitur gemacht. Danach studierte er Nautik und war als Schiffsoffizier und Seenotretter auf den Meeren der Welt unterwegs. Heute betreibt er mit seiner Familie im rumänischen Gebirge, den Westkarpaten, einen Permakulturgarten, zwei Waldgärten und lebt größtenteils autark.
Während seines Studiums hatte er auf einer Europareise in der rumänischen Stadt Cluj-Napoca seine heutige Frau Ioana kennengelernt. Ein Teil ihrer Familie stammt aus den Karpaten. Obwohl es das Paar zuerst gemeinsam nach Bayreuth zog, war Pohl bei Familienbesuchen in Rumänien vom Lebensstil der Leute begeistert.
"Viele Menschen in der Region leben sehr ursprünglich. Sie heizen mit kleinen Holzöfen, versorgen sich zu einem großen Teil selbst und helfen einander. Das Essen schmeckt tausendmal besser als aus dem Supermarkt." Andreas Pohl, Auswanderer
Schwiegeropa tauschte Grundstück gegen Ochsen
Kurz nach der Geburt der gemeinsamen Tochter Dhalia fassten Andreas und Ioana den Entschluss, in die Karpaten zu ziehen und sich selbst einen solchen Lebensstil anzueignen. Pohl wollte nicht länger auf Schiffen um die Welt fahren und das Klima dadurch belasten.
Das zwei Hektar große Grundstück in den Bergen Rumäniens bekamen sie von Ioanas Großvater geschenkt. Er hatte es vor einiger Zeit im Tausch gegen einen Ochsen von seinem Nachbarn bekommen. Ab dem Jahr 2017 baute die Familie dort ihr eigenes Haus: aus Holz. In einigen Jahren möchten sie sich an diesem Ort komplett selbst versorgen. Bereits jetzt haben sie eine eigene Quelle für Wasser an ihrem Haus, das mit Hilfe eines Filters trinkbar wird.
Strom von der Solaranlage, geheizt wird mit Holz
Den Strom erzeugen sie mit Solarpaneelen ebenfalls selbst. Bis auf einige Tage im Dezember, an denen ein Generator helfen muss, können sie so das ganze Jahr über das Haus vollständig mit Strom versorgen. Geheizt wird mit Holz. Die Energiekrise ist bei den Pohls in den Westkarpaten also kein Thema.
Nachhaltig: Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten
Im Mittelpunkt steht beim Leben in den Westkarpaten der Nachhaltigkeitsaspekt. "Ich möchte regenerative Landwirtschaft betreiben", erklärt Pohl. So habe er beispielsweise zwei kleine Waldgärten mit Äpfeln, Birnen und Beeren. Diese sollen in ein paar Jahren sich selbst überlassen werden. Dann sollen dort auch Quitten, Pflaumen und Nüsse wachsen.
Im eigenen Permakulturgarten pflanzen die Auswanderer allerhand an. Neben Brokkoli, Blumenkohl, Salaten und Zucchini wachsen dort viele Tomaten. "Ich liebe Tomaten, wir haben immer mindestens sechs verschiedene Sorten", sagt Andreas Pohl. Dabei kommt einiges zusammen. Vieles davon isst die Familie selbst: Andreas, seine Frau Ioana und Tochter Dhalia, die kürzlich in Rumänien eingeschult wurde. Doch es bleibt immer etwas übrig. "Einen Teil verkaufen wir und einen anderen Teil bieten wir unseren Gästen an."
Gäste und Helfer über das Internet gefunden
Über eine Internetplattform können Gäste zur Übernachtung vorbeikommen und sich näher über Permakultur informieren. Das ist ein nachhaltiges Konzept für Landwirtschaft und Gartenbau, den Andreas Pohl und seine Familie in den Karpaten betreiben. Ebenfalls über das Internet hat die Familie Kontakt zu freiwilligen Helfern aus den Vereinigten Staaten und Frankreich bekommen, die Interesse an dem nachhaltigen Leben hatten und für Übernachtung und Verpflegung dort übernachteten. Sie halfen bei der Ernte und allem, was sonst so anfiel.
Von der Grundsteinlegung an hat Andreas Pohl sein Projekt, dem er den Namen "Dupa Gard" gegeben hat, online dokumentiert, damit sich Interessierte darüber informieren können. "Dupa Gard" bedeutet wörtlich übersetzt "hinter dem Zaun". Es bezeichnet hier den Dorfrand. "Wir haben unser Haus zwischen Wildnis, Weiden und den Dorfrand am Hügel, daher passt der Name doch sehr gut", so Pohl.
Nur bei Besuchen in der Heimat zu haben: Bayreuther Bier und Leberkäse
Pohl fühlt sich in der Gegend wohl. Neben der Familie seiner Frau hat er auch Freunde in der Umgebung. Die Dorfgemeinschaft hält eng zusammen. Man helfe sich gegenseitig, erzählt der 34-Jährige. "Wir bekommen zum Beispiel Milchprodukte und Eier von unseren Nachbarn".
An manchen Tagen vermisst Pohl Verwandte und Freunde sowie regionale Spezialitäten aus der Heimat dennoch. "Ich esse sehr gern Leberkäse, den gibt es hier leider nicht, genauso wie Bayreuther Bier. Bei jedem Besuch in der alten Heimat nehme ich mir aber ein paar Kästen mit", so Pohl.
Manchmal kommen Gäste zum Haus der Pohls: So sieht ein Begrüßungspaket aus. Alle Produkte sind selbst geerntet.
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