Symbolbild: Arzt oder Ärztin in Schutzkleidung bei Organtransport vor Klinik-Eingang
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Symbolbild: Arzt oder Ärztin in Schutzkleidung bei Organtransport vor Klinik-Eingang

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Alle acht Stunden stirbt ein Patient – Wie Organspende stärken?

Alle acht Stunden stirbt ein Mensch in Deutschland, weil er kein Spenderorgan bekommen hat. Viele Patienten warten auf die Rettung, allein in Bayern sind es derzeit 1.200 - doch die Zahl der Organspender sinkt.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Sie stehen auf der Warteliste für ein neues Herz, eine neue Lunge oder eine neue Leber – und wenn nicht rechtzeitig ein passendes Spenderorgan gefunden wird, sterben sie: Das passiert in Deutschland alle acht Stunden. 8.500 Patienten hoffen derzeit auf ein Organ. Doch die Zahl der Spender geht zurück. Deshalb fördert die Initiative "UNIty Bayern – Bayerische Uniklinika pro Organspende" erstmals gemeinsam die Aufklärung über die Transplantationsmedizin.

Mehr Aufklärung zur Organspende notwendig

Oberarzt Dr. Florian Sommer vom Universitätsklinikum Augsburg erlebt immer wieder Ängste und Vorurteile beim Thema Organspende. Umso wichtiger sei es, über Abläufe und Chancen dieser Therapieform aufzuklären, betont Prof. Dr. Matthias Anthuber, Direktor der Klinik für Transplantationschirurgie in Augsburg. Er organisiert den diesjährigen "Corza Medical Organspendelauf", parallel zum 140. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie in München.

Zahl der Spender geht zurück

Obwohl rund 80 Prozent aller Deutschen dem Thema Organspende grundsätzlich positiv gegenüberstehen, besitzen gerade einmal die Hälfte davon auch einen Organspende-Ausweis, zeigte eine aktuelle Umfrage im Auftrag der Deutschen Stiftung für Organtransplantation DSO. Für das Jahr 2022 meldet sie sogar einen Rückgang der Zahl von Organspenderinnen und Organspendern um 6,9 Prozent. Nur geeignete 128 Organspender und -spenderinnen konnten in Bayern 2021 erfasst werden.

Organspendelauf "Gemeinsam mehr bewegen!" in München

Das Bündnis "UNIty Bayern – Bayerische Uniklinika pro Organspende" will deshalb mit dem Organspendelauf Aufklärung und die Spendenbereitschaft verbessern. Unter dem Motto "Gemeinsam mehr bewegen!" wollen rund 1.000 Transplantationsmediziner, Patienten und Spenderfamilien in München für Aufmerksamkeit sorgen. An dem Spendenlauf im Münchner Westpark oder virtuell über die Website beteiligen sich alle sechs bayerischen Transplantationszentren, das LMU Klinikum, das TUM Klinikum rechts der Isar und die Universitätskliniken Augsburg, Erlangen, Regensburg und Würzburg. Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit unterstützt die Initiative.

Individuelle Spendenbereitschaft früh festlegen

Noch ist in Deutschland für jedes Spenderorgan die Zustimmung der Angehörigen oder ein Organspendeausweis erforderlich. Nur so könnten im Falle eines Hirntods lebenswichtige Organe anderen Menschen helfen, erklärt Gabriele Schweigler vom Netzwerk Spenderfamilien. Ein Gespräch, noch besser die schriftliche Entscheidung, in Form eines Organspendeausweises gebe Angehörigen und Freunden in dieser Frage Orientierung und auch moralische Sicherheit. Andernfalls müssten Mediziner die Aufklärungsgespräche über eine mögliche Transplantation in einer emotionalen Ausnahmesituation der Angehörigen führen, meist stehen die Familienmitglieder unter Schock, wenn sie vom Hirntod eines geliebten Menschen erfahren.

8.500 Menschen warten auf ein Spenderorgan

Die meisten Patientinnen und Patienten benötigen eine Spenderniere. Allein 2021 wurden etwa 4.600 Personen neu auf die Warteliste für ein Spenderorgan aufgenommen, dabei ist die Situation besonders dramatisch für Herz- Lungen- Leber- und Pankreaspatienten. Für sie gibt es keine Ersatztherapie, 826 Personen sind 2021 auf der Warteliste verstorben. Diese Situation müsse sich dringend verbessern, etwa auch für herzkranke Kinder, dafür sei auch Transparenz in den Abläufen einer Organtransplantation wichtig, sagt Prof. Matthias Anthuber von der Universitätsklinik Augsburg.

Experten betonen, die Wahrscheinlichkeit sei weit höher, dass Menschen irgendwann in ihrem Leben selbst ein Spenderorgan benötigen, als die Wahrscheinlichkeit, eines Tages zu Organspendern zu werden. Deshalb wünschen sich viele Mediziner die sogenannte Widerspruchslösung in Deutschland, nach der von Hirntoten nur dann keine Organe entnommen werden, wenn ein ausdrücklicher Widerspruch vorliegt. Auch der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) setzen sich für eine Neuregelung der Organspende ein. In Österreich und Spanien liegt die Spendenquote deutlich höher, dank Widerspruchslösung.

Transplantierte machen Mut

Die Würzburger Leichtathletin Franziska Liebhardt holte beispielsweise dreimal Gold bei den "World Transplant Games" in Schweden, sie war Paralympics-Siegerin, WM-Zweite und Europameisterin im Kugelstoßen. Aufgrund einer Autoimmunerkrankung bekam sie eine Nieren- und zwei Lungentransplantationen, ist wieder fit und engagiert sich im Verein "Sportler für Organspende" sowie für die "Kinderhilfe Organtransplantation".

Die Dialyse, also die maschinelle Blutwäsche, hilft Nierenkranken, die damit trotz langer Wartezeit eine Chance auf eine Transplantation haben. Aber Lebensqualität und Gesundheitszustand verschlechtern sich, je länger die Dialyse nötig ist, erklärt Stephan Kleiber in der Universitätsklinik Augsburg. Der Automechaniker aus Biberach ist nach seiner Nierentransplantation vor fünf Wochen auf dem Weg in die Reha und möchte dann zurück ins normale Leben starten und wieder halbtags arbeiten.

Wertvolle Lebenszeit selbst bei Komplikationen

Eine Spenderniere sei wie ein neu geschenktes Leben, sagt Peter Kreilkamp aus Seefeld. Nach 8,5 Jahren Wartezeit erhielt er seine erste Spenderniere, doch schon sechs Jahre später musste er zurück an die Dialyse. Nach weiteren zwölf Jahren Warten erhielt er vor 15 Monaten sein zweites Spenderorgan im Klinikum rechts der Isar.

Heute ist er aktiv im Bundesverein von Transplantierten "Transdia Sport Deutschland". Er führe ein erfülltes Leben, habe kaum Einschränkungen und gewinne auch die gewohnte Kraft zurück, so der Familienvater. Ein positives Ereignis wie der heutige Organspendenlauf, in dem sich Klinikpersonal, Spenderfamilien und Transplantierte gemeinsam für das Thema einsetzen, kann seiner Meinung nach dabei helfen, dass sich die Menschen angstfrei mit dem Thema Hirntod und Organspende auseinandersetzen.

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