Bis auf ein paar vergilbte Fenster ist die Baufälligkeit dem Hallenbad Karlsfeld nicht anzusehen. Aber es besteht Einsturzgefahr. Seit vergangenem Herbst dürfen die Besucher die Halle nicht mehr betreten. Der gut 50 Jahre alte Bau müsste kernsaniert werden. 15 Millionen Euro würde allein die Sanierung des Schwimmbads kosten. Dazu der jährliche Unterhalt von über einer Million Euro.
Das sind Summen, die im Haushalt von Karlsfeld nicht vorhanden sind. Das höchste Förderprogramm hätte ein Drittel der Kosten beisteuern können, da aber selbst das nicht ausgereicht hätte, musste das Bad schließen. "Das ist uns allen schwergefallen, aber wir kamen nicht mehr aus", sagt der Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU).
Viel Investitionsbedarf, aber zu wenig Geld
Die Gemeinde sei überladen mit Aufgaben. 15 Millionen Euro für die kommunale Kinderbetreuung. Oder die neue Grundschule für 42 Millionen Euro. Solche Investitionen führen insgesamt dazu, dass andere teure Projekte wie der Umbau des Hallenbads nicht umsetzbar sind. Und das selbst bei einer Gemeinde, die im Speckmantel Münchens liegt.
Damit sei Karlsfeld nicht alleine. Kolbe sagt: "Ich glaube, wird auch nicht das letzte Bad sein, dass aufgrund der Rahmenbedingungen geschlossen wird. Die Kommunen sind aus meiner Sicht zum großen Teil am Ende der Fahnenstange und im Kummer mit der Einnahme-Ausgabe-Situation. Und man wird sich gewisse Dinge in der Zukunft nicht mehr leisten können."
Verbände warnen: Badschließung in Karlsfeld keine Ausnahme
Um solche Fälle zu vermeiden, bietet der Freistaat Förderprogramme an. In Karlsfeld haben diese nicht ausgereicht. Ist das nur ein Extremfall oder drohen noch weitere solcher Schließungen, wie Bürgermeister Kolbe es beschreibt? Auf Anfrage beim bayerischen Bauministerium teilte dieses mit, dass man darüber keine Erkenntnisse habe. Es gebe keine Meldestelle oder Foren in den Ministerien, wo solche Fälle besprochen, beziehungsweise dokumentiert werden. Doch kommunale Spitzenverbände warnen, dass Karlsfeld eben keine Ausnahme ist.
Bäder-Sanierungsstau von 1,8 Milliarden Euro
In den vergangenen Jahren konnte Bayern die Zahl von gut 850 Bädern konstant halten. Aber es hat sich ein Sanierungsstau von 1,8 Milliarden Euro gebildet – das ergab eine Erhebung des bayerischen Bauministeriums im Jahr 2022. Die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft Bayern sagt, dass sie in jedem fünften Bad eine Schließung erwarten, wenn sich eine umfassende Sanierung nicht finanzieren lässt.
Forderung: Es braucht mehr Fördermittel
Auf Anfrage des BR teilen der Bayerische Städtetag und der Verbund kommunaler Unternehmen (VKU) mit, dass die verfügbaren Fördermittel deutlich zu wenig sind, um die Bäder in Bayern zu erhalten. Der Anteil, den die Kommunen beizusteuern hätten, bleibt in vielen Fällen nicht finanzierbar. Der VKU fordert: "Die Bäder brauchen mehr Fördermittel, um den sich nunmehr seit Jahren auftürmenden Sanierungsstau aufzuholen und zudem Investitionen in mehr Energieeffizienz anzuschieben."
Grüne: Staatsregierung hat "Förderdschungel" errichtet
Die gleiche Kritik kommt von den bayerischen Grünen im Landtag. Außerdem kritisieren sie noch etwas Anderes: "CSU und Freie Wähler haben einen Förderdschungel geschaffen, bei dem kein Mensch mehr durchblickt. Wo die Kommunen gar nicht wissen: Wo kann ich mich überhaupt bewerben? Das führt dann dazu, dass Mittel, die eigentlich eingestellt sind, gar nicht abgerufen werden", sagt der Landtagsabgeordnete Max Deisenhofer.
Die Bayerische Staatsregierung reagiert nicht auf die Kritik der Kommunen und der Grünen. Auf Anfrage, ob sich das Fördersystem als Ganzes ändern müsse oder nicht, gab es keine Antwort. Bislang sind die Förderprogramme auf Finanz-, Bau- und Wirtschaftsministerium aufgeteilt. Kein Ministerium sah sich in der Verantwortung, sich zu den drohenden Schließungen durch fehlende Fördergelder zu äußern.
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