Es war einer ihrer ersten öffentlichen Termine als neue Landwirtschaftsministerin: Michaela Kaniber überreichte diese Woche die Meisterurkunden an 22 Biobauern an der Ökoschule in Landshut-Schönbrunn. Vorher mussten alle Urkunden neu ausgedruckt werden – auf den alten stand noch der Name ihres Vorgängers Helmut Brunner. Gerade bei den Ökobauern war Brunner hoch geschätzt, weil er den ökologischen Landbau sehr gefördert hat. Nun steht Michaela Kaniber vor den jungen Landwirten: lange, wallende Haare, gekleidet in einem schwarzen, samtenen Trachtenjanker – sehr weiblich und sehr bayerisch.
Kaniber will Bio weiter fördern
Das Publikum könne ja die Augen zumachen und sich vorstellen, dass Helmut Brunner vor ihnen stehe, sagt Michaela Kaniber am Anfang ihrer Rede. Und sie werde versuchen auch seine Gedanken anzubringen. Selbstverständlich werde sie an Helmut Brunners 2012 gesetztem Ziel, den Ökolandbau bis 2020 zu verdoppeln, festhalten. Sie werde alles tun, damit das Bewusstsein für "regionale und Bioprodukte in unserer Gesellschaft viel besser verankert wird." Mit Vorliebe erwähnt sie Zahlen: 9.100 Ökobetriebe mit 300.000 Hektar Ökofläche gebe es in Bayern. Der Freistaat sei Vorreiter.
"Landwirte werden immer wieder unter Generalverdacht gestellt."
Bio fördern – ja. Aber später im Interview wird deutlich, dass ihre Hauptbotschaft eine andere ist. Sie wolle eine Lanze für die Landwirtschaft brechen:
"Es passiert bei sehr vielen Themen - und da können wir ein Tierwohl herausnehmen, da können wir den Umweltschutz herausnehmen - dass die Landwirte immer wieder unter den Generalverdacht gestellt werden, hier etwas Ungutes zu tun. Und das möchte ich einfach nicht, und ich möchte mich da doch ein stückweit schützend vor die Landwirte stellen und das einfach nur positiv betrachten." Michaela Kaniber, Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Sie habe von den Landwirten in ihrem Wahlkreis oft gehört, dass sie dieser Generalverdacht belaste.
Politisch bisher eher unauffällig - aber früh für Söder
Michaela Kaniber kommt aus Bayerisch Gmain im Berchtesgadener Land. Die 40-Jährige hat kroatische Wurzeln, ist gelernte Steuerfachangestellte und hat drei Kinder. Seit fast fünf Jahren ist sie Abgeordnete im Landtag. Politisch blieb sie dort eher unauffällig. Bis sie sich kurz nach der Bundestagswahl als eine der ersten öffentlich für einen Neuanfang aussprach – und damit für Markus Söder als Ministerpräsidenten.
Manche hatten damit gerechnet, dass sie Staatsekretärin werden könnte, für einen Ministerposten hatte sie kaum jemand in der CSU-Landtagsfraktion auf dem Schirm.
Manche Landwirte sind skeptisch
Mit Landwirtschaft hatte sie fachlich bisher nichts zu tun: Im Landtag saß sie in den Ausschüssen für Arbeit und Soziales und für Wissenschaft und Kunst. Deshalb ist auch so mancher Landwirt skeptisch. Zum Beispiel Stephan Kreppold, Ökobauer im Landkreis Aichach. Jeder müsse eine Chance bekommen, aber:
"Ich denke, das ist schon eher ein Signal, dass man die Bedeutung der Landwirtschaft mehr unter ferner liefen ansiedelt und unter Umständen mit der Vorbereitung auf einen Beschluss, wonach das Landwirtschaftsministerium bei der nächsten Regierungsbildung aufgelöst wird. Und das ist ein Signal, dass viele Bauern eigentlich als beängstigend empfinden." Ökobauer Stephan Kreppold, Arbeitskreis Landwirtschaft, Bund Naturschutz Bayern
Michaela Kaniber widerspricht:
"Unser Ministerpräsident Markus Söder hat, glaube ich, eines der wichtigsten Signale an die Landwirtschaft gesendet. Nämlich er hat das Landwirtschaftsministerium belassen wie es ist. Hätte er ein Desinteresse gehabt, hätte er es vielleicht mit anderem Ministerium zusammengeführt." Michaela Kaniber, Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Manchmal sei ein Blick von außen auch gut, sagt sie. Außerdem komme sie aus einer Region, die "wirklich bäuerlichst geprägt ist".
Inhaltlich muss sie sich erst einarbeiten
Worauf sie inhaltlich ihre Schwerpunkte setzen will, da hält sie sich noch bedeckt und antwortet meist mit Allgemeinplätzen. Es gebe viele emotionale Themen, die man gut abarbeiten müsse. Artenvielfalt zum Beispiel, Gewässerschutz und Tierwohl. Auch über wolfsfreie Zonen will sie sprechen, wenn die Tiere überhand nehmen. Auf die Frage, ob der Einsatz von Pestiziden stärker eingedämmt werden müsse, sagt sie, der Meinung sei sie absolut. Dafür wolle sie mehr Forschungsprojekte ansetzen.
Im Interview antwortet sie souverän und eine ihrer Stärken wird deutlich: Sie punktet im persönlichen Kontakt. Das zeigt sich zum Beispiel beim Termin an der Ökoschule in Landshut. Sie mache einen "frischen Eindruck", sie habe sich gut ins Thema eingearbeitet, sei "freundlich" und "sympathisch", sagen die Biobauern nach dem Besuch von Michaela Kaniber.