Ohne gesellschaftlichen Zusammenhalt geht es in diesen Krisenzeiten nicht, da waren sich Redner und Delegierte auf dem Landesparteitag der Grünen in Landshut einig. Ohne Gegenstimme und Enthaltungen ging der Leitantrag durch. Er trägt den Titel: "So entlasten wir die Menschen in Bayern".
Darin enthalten ist ein eigener bayerischer "Heiz-Härtefonds" von 200 Millionen Euro, der alle Haushalte entlasten soll, die durch horrende Energiekosten in Schwierigkeiten kommen. Das geht über die Entlastungspakete der Berliner Ampelregierung hinaus, die bei Privathaushalten direkte Hilfen nur für sozial Schwache, Rentnerinnen und Rentner vorsehen. Außerdem fordern die Grünen, dass Bayern ein eigenes 29-Euro-Ticket für den Nahverkehr auf den Weg bringt. Die Pendlerpauschale, so der Plan, könnte in ein Mobilitätsgeld für alle Menschen umgewandelt werden.
Lob für Bundesregierung trotz schmerzlicher Kompromisse
Lob gab es von vielen Parteitagsdelegierten für die Grünen in der Bundesregierung, die alles versuchten, um Menschen und Klimaschutz gerecht zu werden. Hier seien auch schmerzliche Kompromisse nötig, sagte als Gastredner der Grünen-Bundesvorsitzende Omid Nouripour: Die Bilder von Wirtschaftsminister Robert Habeck in Katar würden schon wehtun, wenn er dort über Lieferungen von Flüssiggas verhandle. Doch das sei jetzt notwendig, weil man die deutschen Fehler seit 16 Jahren korrigieren müsse, die zu der starken Energie-Abhängigkeit von Russland geführt hätten, so Nouripour.
Hofreiter verteidigt Waffenlieferungen
Bereits am Samstag hatte der Ex-Fraktionsschef der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, einen weiteren für die Grünen schmerzlichen Kompromiss gerechtfertigt – den der Waffenlieferungen an die Ukraine. Man könne aber diesen Verteidigungskrieg sehr wohl unterscheiden von der Situation zum Beispiel in Saudi-Arabien, wohin keine deutschen Waffen geliefert werden dürften, so Hofreiter.
Schuldenbremse für Klimaschutz lockern
Was die vorübergehende Rückkehr zu fossilen Energieträgern angeht, waren sich die Rednerinnen und Redner des Landesparteitags weitgehend einig – nach dem Motto: Wir müssen jetzt über diesen Winter kommen, aber dann ist endgültig Schluss mit der Atomkraft in Deutschland.
Für den Umbau der Energieversorgung zu den Erneuerbaren soll laut Parteitagsbeschluss die Schuldenbremse auch in Bayern gelockert werden, kombiniert mit einer "Investitionsregel für den Klimaschutz". Das bayerische Familiengeld soll nicht mehr allen gezahlt werden, sondern nur noch nach Einkommen und Bedürftigkeit, lautet schon länger eine Forderung der bayerischen Grünen. Ebenso fordern sie ein Investitionsprogramm für Fachkräfte in Kitas und mehr Sozialkräfte an allen Schularten.
Kritik an Söders "Populismus"
In Richtung CSU-Chef Markus Söder kritisierten Nouripour und die Grünen-Landesvorsitzende Eva Lettenbauer, man dürfe verantwortungsvolle Politik nicht nur an Umfragen orientieren. "Zum Entlasten der Menschen in Bayern gehört es auch, dass wir Grünen sie von der Schein-Politik und vom Populismus Söders befreien", rief Lettenbauer zum Abschluss des Parteitags den Delegierten zu.
Ziel 2023: Regierungsverantwortung
Einen populären Begriff Söders haben die Grünen aber inzwischen kopiert: Während der Ministerpräsident in der Coronakrise von "Team Vorsicht" und später "Team Umsicht" sprach, haben die Grünen nun den Hashtag "Team Bayern" gesetzt. Das deutlichste Signal des Landshuter Parteitags ein Jahr vor der Landtagswahl war: "Wir wollen Regierungsverantwortung in Bayern." Dazu waren am Samstag die beiden Fraktionsvorsitzenden Katharina Schulze und Ludwig Hartmann mit 95,3 Prozent der Delegiertenstimmen zum Spitzenkandidaten-Duo der Grünen gewählt worden.
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