Die Ukrainerinnen und Ukrainer, die seit Beginn des Krieges am 24. Februar 2022 nach Bayern kamen, haben zunächst Schutz gesucht: Es ging hauptsächlich um Aufenthaltsrecht und Wohnungssuche. Inzwischen aber suchen auch immer mehr von ihnen eine Arbeitsstelle - und das erfolgreich. "Die Integration in den bayerischen Arbeitsmarkt gelingt", lautet das Fazit der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit. Einen Tag, bevor sich der Angriff Russlands auf sein Nachbarland jährt, hat deren Chef, Ralf Holtzwart, zusammen mit Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) die aktuellen Zahlen vorgestellt.
In welchen Jobs die Geflüchteten arbeiten
Seit Beginn des Angriffs Russlands auf die Ukraine wurden rund 155.000 ukrainische Geflüchtete in Bayern registriert. Etwa 59.000 von ihnen gelten als erwerbsfähig, denn es sind auch viele schulpflichtige Kinder mitgekommen. Laut aktuellstem Stand von November 2022 haben 12.200 ukrainische Geflüchtete eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gefunden. Vor allem das Hotel- und Gaststättengewerbe hat viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt, aber auch das verarbeitende Gewerbe – also die Industrie und der Handel.
Gut qualifiziert, hoch motiviert
72 Prozent der nach Deutschland geflüchteten Ukrainer verfügt über einen akademischen oder vergleichbaren Berufsabschluss. Wichtig sei deshalb, die Männer und Frauen auch ihrer Qualifikation entsprechend zu beschäftigen, so Ralf Holtzwarts Appell an die Wirtschaft. Das Bildungsniveau sei eine Chance, sagte Bayerns Innenminister Herrmann (CSU). "Ausreichend Fachkräfte sind ein entscheidender Erfolgsfaktor für unsere Wirtschaft und unseren Wohlstand in Bayern", so der Minister.
Hürden bei Jobannahme
Mangelnde Kinderbetreuung hindert allerdings so mache Frauen daran, einen Sprachkurs zu besuchen oder einen Job wahrzunehmen. Doch es fehlt an Kita-Plätzen, auch in Bayern. Die verschiedenen zuständigen Ministerien würden über Lösungen beraten, sagte Bayerns Innenminister Herrmann (CSU). Gleichzeitig forderte er mehr Unterstützung vom Bund. "Ich bedaure, dass der Bund es beim Flüchtlingsgipfel abgelehnt hat, zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen", so Herrmann.
Viele besuchen noch Sprachkurse
Nur etwa vier Prozent der Geflüchteten sprechen gut oder sehr gut Deutsch, so das Ergebnis einer Studie mehrerer Forschungsinstitute, an der auch das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) beteiligt war. Die Sprache ist und bleibt also ein Nadelöhr. 21.000 der ukrainischen Geflüchteten befinden sich in Bayern derzeit noch in Sprachkursen. Erwartet wird, dass 16.000 diese im April oder Mai abschließen werden. "Diese Ukrainer haben sehr gute Chancen, auf dem Arbeitsmarkt unterzukommen", sagte der Chef der bayerischen Arbeitsagenturen, Ralf Holtzwart.
Wie eine Ukrainerin im Job Deutsch lernt
Der Händler für Bastel- und Zeichenbedarf Endres, mit Sitz in Fürth, hat Golda Chernyaeva bereits im Januar eingestellt. Im Dezember absolvierte die 46-Jährige aus Dnipro noch ein Praktikum, schnell kam dann der Arbeitsvertrag als Buchhalterin. Sie habe zwar einen Integrationskurs besucht, sagt sie, aber in der Arbeit lerne sie eher Deutsch: "Ich kommuniziere jeden Tag mit den Mitarbeitern. Dann wird das Deutsch jeden Tag besser." Dabei konnte sie kein Wort, als sie im April 2022 nach Deutschland kam. In Dnipro war Golda Chernyaeva stellvertretende Finanzdirektorin eines Industrieunternehmens mit 3.500 Mitarbeitern - mit Abschlüssen in Rechnungswesen und Wirtschaftsprüfung und zwei Jahrzehnten Berufserfahrung.
Fränkische Firma freut sich über die Fachkraft
"Wir sind davon ausgegangen, bald in die Ukraine zurückzugehen", sagt die 46-jährige. Zu erkennen, dass es unklar ist, wann das sein wird, war ein schmerzhafter Moment für sie - ein Perspektivwechsel, der Zeit brauchte. Dennoch war er ausschlaggebend für ihre Entscheidung, sich eine Arbeitsstelle zu suchen. Ihr Arbeitgeber Matthias Endres freut sich über seine neue Mitarbeiterin: "Die einzige Barriere war die Sprache. Aber in den letzten zwei Monaten hat sie sich super entwickelt, ist sehr engagiert."
Es sei wichtiger, dass sie als Mitarbeiterin motiviert sei und ins Team passe, sagt Endres. Im Alltag behelfen sie sich mit Übersetzungsprogrammen. Golda Chernyaeva fühlt sich gut umsorgt und betreut. Es sei eine gute Arbeit: "Ich bin glücklich". Es ist also für beide Seiten eine Win-Win-Situation, sowohl für die Ukrainerin als für ihren fränkischen Arbeitgeber.

Ukrainische Geflüchtete auf dem bayerischen Arbeitsmarkt - eine erste Bilanz.
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