Dass Bayern laut Gesetz noch fünf Jahre vor Gesamtdeutschland klimaneutral werden muss, ist ein sehr ehrgeiziges Ziel. Das macht der so genannten "Bayernplan 2040" deutlich. Die Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) hat die aufwändige Studie im Auftrag des Verbands der bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW) erstellt. Das Besondere daran: Eine interaktive Website bricht die Ergebnisse auf die einzelnen Regionen herunter. So ist für jede Stadt und jeden Landkreis erkennbar, was bis 2040 vor Ort noch zu tun bleibt.
"Hausaufgaben" für jeden einzelnen Landkreis
Im Landkreis Schwandorf zum Beispiel müssten jährlich 3.000 Pkw mit klimaneutralem Antrieb zugelassen werden. Eine Klinkerfabrik muss in den nächsten beiden Jahrzehnten eine Lösung für CO2-Abscheidung finden, wenn sie 2040 klimaneutral arbeiten will. Und in der Stadt München müssen jährlich etwa 2.400 Wohngebäude energetisch saniert werden, um das Klimaziel zu erreichen.
Starker Ausbau von Windkraft und Photovoltaik
Die Strommenge aus Erneuerbaren Energien in Bayern muss stark steigen. Nötig wäre laut der Studie nahezu eine Verdreifachung bis 2040. Die zusätzliche Energie muss aus Windkraft und Photovoltaik kommen. Wasserkraft und Biomasse liefern künftig sogar etwas weniger Strom als heute, prognostiziert der "Bayernplan 2040".
Grafik: Strommenge aus Erneuerbaren Energien in Bayern
Bis ins Jahr 2040 muss sich die Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien beinahe verdreifachen.
Wirtschaft fordert mehr Geschwindigkeit bei Energiewende
Für den VBEW-Vorstandsvorsitzenden Klaus Steiner lautet die Erkenntnis aus der Studie: "Wenn wir das wollen, schaffen wir das!" Die Energiebranche steht hinter dem bayerischen Ziel, bis 2040 klimaneutral zu werden. Und genauso die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) als Ganze, macht deren Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt klar. In den 17 verbleibenden Jahren müsse die Energiewende aber viel schneller gehen als bisher.
Jede Verzögerung kostet Geld
Das unterstreicht auch Wissenschaftler Andrej Guminski von der FfE. Die Studie vergleicht in mehreren Szenarien, welche Folgen es hat, wenn die Umstellung auf Erneuerbare langsamer geht. Das Ergebnis: "Wenn wir warten, wird es am Ende hinten raus teuer." Jede Verzögerung kostet die Volkswirtschaft bares Geld.
Synthetische Brennstoffe sind teuer
Wenn etwa Privatleute jetzt noch Gas- und Ölheizungen einbauen, müssten die vorzeitig verschrottet werden, um die Klimaneutralität 2040 zu erreichen – oder mit teurem alternativen Brennstoff betrieben. Ähnliches gilt laut FfE für Autos mit Verbrennungsmotoren. Oder auch für Industriebetriebe, die teures synthetisches Methan kaufen müssen, wenn sie ihre Prozesse nicht rechtzeitig auf Wasserstoff umstellen.

Bayern muss bis 2040 klimaneutral werden, das hat der Landtag im Klimaschutzgesetz verbindlich festgelegt.
Ein Drittel des Stroms kommt von außerhalb
Auch das klimaneutrale Bayern der Zukunft wird Energie importieren müssen, ergibt die Studie. Nur eben kein Öl und Erdgas mehr, sondern Wasserstoff und Strom. Wieviel grüner Wasserstoff wann und zu welchem Preis verfügbar sein wird, ist noch ziemlich unsicher, so die Forscher.
Beim Strom gehen sie davon aus, dass Bayern 2040 ungefähr ein Drittel seines Bedarfs von außerhalb bekommt. Vor allem aus Norddeutschland, zu einem geringeren Teil auch aus dem Ausland. Stephan Kigle von der FfE betont jedoch: "Es ist jetzt allerdings nicht so, dass wir hier schmutzigen Kohlestrom oder so nach Bayern importieren." Denn auch für Gesamtdeutschland und die Europäische Union sei ja ein starker Ausbau der erneuerbaren Energien vorgesehen.
Aiwanger: "Bund muss uns schon auch machen lassen"
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) macht unterdessen die Bundesregierung für das langsame Voranschreiten des Freistaats in Richtung Klimaneutralität mitverantwortlich. Aiwanger sagte dazu im BR24-Interview: "Man hat uns soeben die Kernkraftwerke abgeschaltet, ein Isar 2 ersetzt ungefähr 1.000 Windräder. Wir müssen tausend Windräder bauen, um wieder dort zu sein, wo wir bis vor wenigen Tagen waren." Es lägen derzeit hunderte Anfragen für neue Windräder vor, allerdings müsse man von der Planung bis zur Realisierung mit mehreren Jahren rechnen.
Der Bund müsse den Freistaat "schon auch machen lassen" und dürfe nicht jede Energieform kaputt machen, die funktioniere, so Aiwanger im Interview weiter.

Hubert Aiwanger im BR24-Interview
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