Grundschüler in der Mensa (Symbolbild)
Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Jens Kalaene

Ganztagsbetreuung: Das bedeutet, dass die Kinder auch gemeinsam essen

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Bayern bei Ganztagsbetreuung noch immer Schlusslicht

Mangelhaft – das ist die Note, die Bayern beim Thema Ganztagsbetreuung bekommen würde. Der Freistaat hinkt beim Ausbau hinterher und bleibt im bundesweiten Vergleich Schlusslicht. Und das, obwohl es Mittel vom Bund geben würde. Was läuft schief?

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

In Bayern muss sich dringend etwas tun: In drei Jahren, nämlich ab dem Schuljahr 2026/27, haben Eltern einen Rechtsanspruch darauf, dass ihre Erstklässler in der Grundschule den ganzen Tag betreut werden. Doch woher sollen diese Betreuungsplätze kommen? Es fehlt an Räumen und Infrastruktur.

Geld gibt es zwar vom Bund, doch es wird von Bayern nicht abgerufen. Für die Grünen-Landespolitikerin Katharina Schulze ist das unerklärlich. Nach ihrer Rechnung standen dem Freistaat 117 Millionen Euro an Bundesmitteln zur Verfügung. Tatsächlich ausgegeben wurden aber nur 22 Millionen. "Das ist natürlich ein massives Problem", sagt Schulze. "Denn wir müssen jetzt investieren und wenn die Söder-Regierung jetzt wichtige Mittel liegenlässt, halte ich das für grob fahrlässig."

Andere Bundesländer haben die Fördergelder abgerufen

Andere Bundesländer sind da viel weiter. Hamburg hat 99 Prozent der Mittel abgerufen, ebenso das Saarland, Bremen und Sachsen-Anhalt. Selbst Baden-Württemberg, das in Sachen Ganztagsbetreuung ähnlich weit zurückliegt wie Bayern, hat 99 Prozent des Geldes abgerufen.

Nur der Freistaat lasse die Mittel liegen, sagt auch der bildungspolitische Sprecher der Landtags-FDP Matthias Fischbach. Es sei einfach nicht gewollt, dass es einen Ganztagsausbau gibt, so Fischbach. Zwar solle das aus Sicht der FDP ein freiwilliges Angebot bleiben. Aber ein Angebot müsse auch attraktiv werden und da reichten die einmaligen Investitionszuschüsse nicht aus.

Für Bayern waren "die Fristen zu eng"

Das zuständige Familienministerium hält dagegen. In einer Stellungnahme, die dem BR vorliegt, betont das Haus von Ministerin Ulrike Scharf (CSU), wie wichtig die Kinderbetreuung in Bayern sei. Die Fristen für die Antragstellung seien zu eng gewesen. Man habe die Städte und Kommunen umfassend informiert, sie hätten Gelegenheit gehabt, das Geld zu beantragen. Zudem habe man auch ein eigenes Finanzierungsprogramm aufgelegt, um die Kommunen zu unterstützen.

Kommunen verunsichert: Was soll ausgebaut werden?

Für die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Simone Strohmayr, reicht diese Begründung nicht aus. Sie sagt, in Bayern gebe es bei der Betreuung einen "bunten Strauß". Das gehe vom Hort, bis zum offenen Ganztag, gebundenen Ganztag, Mittagsbetreuungen. Jede Betreuungsart habe einen eigenen Qualitätsanspruch. Viele Eltern wüssten das gar nicht.

Für die Kommunen stellte sich daher das Problem: Welche Art der Betreuung sollten sie ausbauen? Den teuren Hort oder die etwas günstigere Mittagsbetreuung? Auch deswegen hätten viele Kommunen gezögert, die Mittel zu beantragen, sagt Strohmayr.

Die Anträge seien außerdem kompliziert, sagt der Pressesprecher des Bayerischen Städtetags, Achim Sing. Die Kommunen müssten beim Ausbau des Ganztags erstmal in Vorkasse gehen und seien deswegen auch vorsichtig: "Viele Kommunen sind da zurückhaltend, weil auch der Personalmangel groß ist, und man geht da nur ran, wenn man ein Projekt auch tatsächlich realisieren kann", sagt Sing.

SPD-Abgeordnete: Warum zögert Bayerns Kabinett?

Laut einer Berechnung der Ganztagsförderung fehlen ca. 21.000 Erzieher im Freistaat. Viele Fragen – und die Staatsregierung habe keine Antworten, sagt Simone Strohmayr von der SPD. Sie verstehe nicht, warum es noch keine Kabinettssitzung zu diesem Thema gegeben habe. "Die Kommunen betteln sozusagen darum, dass endlich die Qualitätskriterien für den Ganztag benannt werden, damit sie endlich starten können und ich verstehe überhaupt nicht, warum das nicht angegangen wird", so Strohmayr.

Es gibt sogar noch mehr Mittel vom Bund. Neben dem abgelaufenen Förderungsprogramm gibt es weitere 2,75 Milliarden Euro Basismittel. Auch davon könnte in Bayern der Ausbau der Ganztagsbetreuung finanziert werden.

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