Bayerische FDP-Politiker kritisieren die Wortwahl im internen FDP-Strategiepapier zum Ampel-Aus scharf. FDP-Landeschef Martin Hagen bezeichnete Begriffe wie "D-Day" und "offene Feldschlacht" als "unpassend". Der mittlerweile zurückgetretene Generalsekretär Bijan Djir-Sarai habe die Öffentlichkeit darüber unzutreffend informiert, sagte Hagen dem BR. Deswegen sei es richtig, dass Djir-Sarai die Verantwortung übernommen habe, "damit die FDP verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen kann". Auch FDP-Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann war am Freitagmittag zurückgetreten.
Leutheusser-Schnarrenberger: "So wichtige Papiere werden nicht nur auf Mitarbeiterebene beraten"
Für die ehemalige bayerische FDP-Landesvorsitzende und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wurde durch die Affäre die Glaubwürdigkeit der Liberalen "beschädigt". Zudem hat sie Zweifel, ob der FDP-Vorstand um Parteichef Christian Lindner tatsächlich von dem D-Day-Strategiepapier nichts wusste. Im BR-Interview sagt sie: "Ich gehöre den Gremien nicht mehr an, aber so wichtige Papiere, die denke ich, werden schon auch auf anderen Ebenen beraten und nicht nur auf Mitarbeiterebene."
Die Rücktritte zeigten, dass die FDP nun nach vorn blicken wolle, so Leutheusser-Schnarrenberger. Es sei "gut, dass jetzt schnelle Entscheidungen getroffen wurden". Damit sei Verantwortung dafür übernommen worden, "dass auch falsch agiert worden ist". Weitere personelle Konsequenzen hält Leutheusser-Schnarrenberger aber nicht für nötig: Sie sei "dagegen, dass man jetzt in der Partei aufräumt".
Grünen-Chefin Sengl: FDP sollte nicht mehr im Parlament vertreten sein
Bayerns Grünen-Chefin Gisela Sengl nannte die Wortwahl im FDP-Papier ein "totales Macker-Gehabe", das in der Politik nichts zu suchen habe. Diese FDP solle deshalb "nicht mehr Teil einer Regierung" und "eigentlich nicht mehr im Parlament vertreten sein".
Bayern-SPD: Djir-Sarai ein "Bauernopfer"
Die FDP habe die Bundesregierung aus parteitaktischen Gründen mutwillig gegen die Wand gefahren, findet Bayerns SPD-Vorsitzende Ronja Endres. Damit habe die Partei einmal mehr gezeigt, dass sie einfach nicht regieren wolle. Die FDP sei deshalb "momentan nicht als verlässlicher Partner zu einer jedweden Koalition" zu empfehlen. Der Berliner SPD-Landesgruppenvorsitzende Carsten Träger sieht in Djir-Sarai ein "Bauernopfer", das davon ablenken solle, "dass die gesamte FDP-Spitze Verantwortung hat".
Freie Wähler: "Reißt euch zusammen, es geht um Deutschland"
Die Generalsekretärin der Freien Wähler Bayern, Susann Enders, sagt auf BR-Nachfrage, sie könne über die Vorgänge innerhalb der FDP "nur noch den Kopf schütteln". Dabei bräuchten die Menschen in Deutschland in Zeiten von Wirtschaftskrise, Trump und Krieg in Europa "keine Partei-Querelen à la FDP, sondern Stabilität, Sicherheit und Beständigkeit". Enders Appell an die FDP lautet deshalb: "Reißt euch endlich zusammen! Es geht nicht um euch, sondern um Deutschland."
Führende CSU-Politiker wollten sich auf BR-Anfrage zu dem Thema nicht äußern.
Zum Video: Interview mit Bayerns FDP-Chef Martin Hagen zu den Rücktritten in der FDP-Spitze
Lindner übernimmt "Gesamtverantwortung" für Lage der FDP
Am Abend bekannte sich schließlich FDP-Chef Christian Lindner zu seiner "Gesamtverantwortung" hinsichtlich der schwierigen Lage seiner Partei. An seiner Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl will er der ehemalige Bundesfinanzminister aber festhalten: "Natürlich musste und muss ich mich prüfen", sagte Lindner in den ARD-"Tagesthemen". Er sei aber weiterhin von seiner Entscheidung überzeugt, dass es richtig gewesen wäre, die Ampel-Koalition ohne einen Politikwechsel verlassen zu wollen. Daher mache er seiner Partei "das Angebot, sie in die Bundestagswahl zu führen", betonte Lindner im ZDF-"heute journal" auf die Frage nach einem möglichen Rücktritt.
Zum Video: Münch - Glaubwürdigkeit der FDP hat gelitten
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