Landwirt Jens Keim aus dem mittelfränkischen Feuchtwangen hat 24 Milchkühe und knapp 50 Hektar Land, zudem bietet er Urlaub auf dem Bauernhof an. Vor acht Jahren hat er seinen Betrieb auf einen Bio-Bauernhof umgestellt. Auch Keim ist sauer auf die Politik. Der geplante Wegfall der Förderung von Agrar-Diesel habe das Fass aber nur zum Überlaufen gebracht, sagt der 52-Jährige. Viel mehr ärgert ihn die überbordende Bürokratie in der Landwirtschaft. Doch die Verbraucher wüssten von alldem nichts, sagt Keim. Deswegen kam ihm die Idee, eine Bürger-Sprechstunde auf seinem Acker anzubieten.
Sprechstunde auf dem Acker
Es sei ein Experiment, sagt Landwirt Keim: "Wenn ich jetzt in so einer Trecker-Kolonne mitfahre, dann können die Leute ja nicht mit uns reden." Er glaubt aber, dass auch die Verbraucher viele Fragen haben. Und tatsächlich wurde seine "Sprechstunde" gut angenommen. Seit vergangenem Freitag hatte er jeden Nachmittag von 14.00 bis 17.00 Uhr auf einem seiner Felder an der Bundesstraße 25 bei Dorfgütingen einen Bauwagen aufgestellt. Daneben Tische und Bänke, auf denen er und andere Landwirte, die ihn unterstützen, mit den Verbrauchern ins Gespräch kamen. Zwischen 15 und 30 Interessierten haben jeweils an den vergangenen Tagen vorbeigeschaut, so Keim.
Landwirt mit Fragen "überschwemmt"
Die Leute hätten ihn mit Fragen "überschwemmt", erzählt Keim. Denn viele wüssten gar nicht mehr, wie die Landwirtschaft heute funktioniert. Viele wollten wissen, welche Subventionen die Bauern erhalten, oder beispielsweise, wie der Milchpreis zustande kommt. Dass Bio-Bauern beispielsweise mehr Diesel verbrauchen, weil sie ihre Felder öfter mechanisch bearbeiten, dafür aber weniger düngen, wüssten die meisten Menschen nicht. Auch seien Bauern im Allgäu ganz anders aufgestellt als Großbetriebe in Niedersachsen, erklärt Keim geduldig. Vor allem aber berichtet er den Leuten, mit wie viel Bürokratie er sich jeden Tag beschäftigen muss. Dieses "Bürokratiemonster" belaste ihn am meisten, so Keim.
Landwirt: Zu starke Reglementierung durch Gesetze
Als Beispiel nennt er, dass er beispielsweise bestimmte Wiesen erst nach dem 15. Juni mähen darf. Auch wenn davor die Sonne tagelang scheint und er aber in der Wettervorhersage sieht, dass es ab dem 15. Juni wochenlang regnet, darf er nicht vorher mähen. Solche Gesetze würden den Landwirten das Leben schwermachen, kritisiert Keim. Es sollte den Bauern zugetraut werden, dass sie sich an die Gesetze der Natur halten und viele Dinge selbst entscheiden können. Doch das sei aktuell nicht der Fall.
Anbaukontrollen per Satellit
Und was er auf seinen Feldern macht, wird inzwischen alle drei Tage per Satellit überwacht. Per künstlicher Intelligenz wird festgestellt, was die Bauern anbauen oder wann sie ernten. Keim ist es schon passiert, dass er vom Landwirtschaftsministerium angeschrieben wurde, er habe Mais statt Kartoffeln angebaut. Tatsächlich war es ein Fehler der KI, doch er musste erst wieder raus auf das Feld, Fotos machen und in einer App dokumentieren, dass er doch Kartoffeln angebaut hat. Solche Fälle kosten sehr viel Energie, so Keim.
Rollende Sprechstunde auch anderenorts?
Sein Projekt der "Sprechstunde auf dem Acker" will Jens Keim nur noch am heutigen Montag von 14.00 bis 17.00 Uhr anbieten. Aber andere Bauern könnten das Projekt fortsetzen. Dafür würde er auch seinen Wagen zur Verfügung stellen. Keim könnte sich vorstellen, dass es eine Art "rollende Sprechstunde" in ganz Bayern werden könnte. Das Interesse seitens der Bevölkerung für ein solches Angebot sei jedenfalls da.
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