Das kleine Dorf Bernstein liegt idyllisch auf einer Anhöhe inmitten der zentralen Hochfläche des Fichtelgebirges. Etwas unterhalb: Sanft nach Süden geneigte Felder, dahinter ein Waldstück. Genau hier ist das riesige Gewerbegebiet mit der Papierfabrik geplant. Den Bernsteiner Bauern Stephan Regnet graust es bei dem Gedanken.
"Das würde das Ortsbild und das Umliegende total verändern. Wir sind ja eigentlich dörflich geprägt. Das wäre für die Ortschaft Bernstein eine Katastrophe."
Stephan Regnet, Landwirt in Bernstein
Und die Bauern können nicht auf diese Äcker verzichten - sie sind auch zu schade, um sie zuzubetonieren, findet Regnet.
"Das sind für unsere Gegend hier die besten Böden: Steinarm, halten gut das Wasser, schöne rechteckige Feldstücke. Also optimal für Landwirtschaft."
Stephan Regnet, Landwirt in Bernstein
Bauern geben kein Land her
Flurbereinigte Ländereien - die Felder optimal gelegen zu den Höfen. Deswegen haben die Bernsteiner Bauern sich geeinigt: Für das neue Gewerbegebiet verkaufen wir keinen Quadratmeter. Und tauschen auch nicht - egal wie günstig das Angebot auch sein mag. Den Brief haben sie persönlich ins Wunsiedler Rathaus gebracht. Alles sei durch einen Rechtsanwalt geprüft worden, so Stephan Regnet. "Haben es prüfen lassen von einem Rechtsanwalt, dass das auch passt. Es sind 14 Grundbesitzer, 13 haben unterschrieben", so der Landwirt weiter.
Gemeinde will Gewerbeansiedlung
Für den Wunsiedler Bürgermeister Karl-Willi Beck von der CSU ist der Widerstand der Bauern ein herber Rückschlag. Beck verspricht sich von der Industrieansiedlung Arbeitsplätze, Zuzug ins überalterte Wunsiedel, mehr Gewerbesteuer für seine leere Stadtkasse. Und er will nicht von dem Projekt lassen.
"Das bedeutet aus meiner Sicht nicht das Ende für diesen Gewerbepark. Denn der besteht ja aus verschiedenen Teilen. Und wenn bei einem Teil keine Verkaufsbereitschaft ist, dann muss man schauen, ob man nicht bei einem anderen Teil beginnen kann."
Karl-Willi Beck, Bürgermeister Wunsiedel
Ende März will sich der Papierkonzern entscheiden, ob er überhaupt ins Fichtelgebirge kommen will. Aber selbst für den Fall einer Absage bleibt der Wunsiedler Bürgermeister dabei: So ein Groß-Gewerbegebiet mit mindestens 60 Hektar ist auch hier im Naturpark notwendig:
"Wenn Sie durch Deutschland fahren, dann sehen Sie überall größere Gewerbegebiete. Bei uns ist das nur bisher nicht üblich gewesen. Weil natürlich viele Industrien von Haus aus in den Orten drin sind. Aber wenn du neu was ansiedeln willst, kannst du ja wegen Immissionsvorschriften und so weiter nicht an die Bebauung ran."
Karl-Willi Beck, Bürgermeister Wunsiedel
Bund Naturschutz wehrt sich gegen Ansiedlung
Der Bund Naturschutz sieht das ganz anders. Kreisgruppenvorsitzender Fred Terporten-Löhner führt in die Mitte des geplanten Industrieparks - und ist noch immer fassungslos. "Wenn man sich hier mal umschaut: Sie sehen Wälder, Sie sehen Felder, aber Sie sehen keine Industrieanlagen. Also, es wäre eine komplette Neuansiedlung eines Industriegebiets mitten im Naturpark Fichtelgebirge. Vielleicht ein bisschen im Ostteil an der Autobahn. Aber der Westteil ist quasi komplett naturbelassene Landschaft.“ Ein Paradebeispiel für eine fatale Entwicklung, die die CSU-Staatsregierung befördert, so der Naturschützer: mit der Lockerung des Anbindegebots im neuen Landesentwicklungsprogramm. Und unnötig.
"Wir haben insgesamt gesehen im Landkreis Wunsiedel über 140 Hektar ungenutzte Gewerbeflächen. Aber eben nicht für Wunsiedel. Und hier geht es um ein Projekt der Bürgermeister aus Wunsiedel und Thiersheim, die das Projekt auf ihrem Land natürlich umgesetzt haben wollen, weil sie Gewerbesteuereinnahmen erwarten."
Fred Terporten-Löhner, Kreisgruppenvorsitzender Bund Naturschutz
Arbeitsplätze kein Argument
Es geht um die Zukunft meiner Stadt, argumentiert der Wunsiedler Bürgermeister und meint, ohne entsprechende Arbeitsplätze werde es nicht gelingen, junge Leute herzulocken oder die eigenen zu halten, so Beck. Aber die Wirtschaft bei uns brummt doch ohnehin, argumentiert der Bund Naturschutz-Vorsitzende dagegen und meint, dass die Fichtelgebirgler nicht aussterben, wenn das Industriegebiet nicht komme. "Wir haben bei uns im Landkreis sehr gute, große mittelständische Industrie. Wir haben eine Arbeitslosigkeit von knapp über vier Prozent, das ist wirklich ganz wenig, so Terporten-Löhner.
Und eine intakte Landschaft könnte ja auch ein Argument sein, um Großstädter nach Oberfranken zu locken.