Katarina Barley am Sonntags-Stammtisch
Bildrechte: Andreas Schroll / BR
Videobeitrag

Verschärfte Grenzkontrollen könnten Pendler und Unternehmen stark belasten, fürchtete Katarina Barley im BR-Sonntags-Stammtisch.

Videobeitrag
>

Barley: "Grenzkontrollen nicht das erfolgversprechende Mittel"

Barley: "Grenzkontrollen nicht das erfolgversprechende Mittel"

Die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley (SPD) kritisierte die Kontrollen an deutschen Grenzen. Sie belasteten Pendler und seien wenig wirksam. Am Sonntags-Stammtisch warnte sie vor falschen Erwartungen in der Migrationsdebatte.

Über dieses Thema berichtet: Der Sonntags-Stammtisch am .

Jeden Tag pendeln rund 200.000 Menschen aus Frankreich, Belgien und Deutschland zur Arbeit nach Luxemburg. Katarina Barley (SPD) hat selbst lange Zeit in der Grenzregion gelebt und sagte: "Der Schengenraum ist mit das größte Geschenk für Europa". Am Sonntags-Stammtisch im BR Fernsehen kritisierte sie deshalb: "Wenn wir da jetzt Grenzkontrollen haben, da bricht ganz viel zusammen – auch für die Unternehmen".

Der neue Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte wenige Stunden nach seiner Amtsübergabe stärkere Grenzkontrollen an den deutschen Grenzen angeordnet. Zudem können Asylsuchende nun direkt an der Grenze abgewiesen werden. Ausgenommen sind Angehörige vulnerabler Gruppen wie Schwangere und Kinder.

Politikerinnen und Politiker in Polen, Österreich und der Schweiz kritisierten die Anordnung des deutschen Innenministers. Katarina Barley, die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, berichtete, dass die Grenzkontrollen und Zurückweisungen von Migranten auch in Brüssel "ganz, ganz schlecht" angekommen seien.

Schleierfahndungen statt Grenzkontrollen

Der ehemalige deutsche Rennrodler Georg Hackl, der in Berchtesgaden lebt, erzählte davon, wie er die Grenzkontrollen erlebe: "Seit dem Regierungswechsel stehen mehr Polizisten plakativ temporär mal an den Grenzen". Die großen Erfolge gebe es aber mit der Schleierfahndung. Dabei kann die Polizei Personen verdeckt oder anlassunabhängig in einem Bereich von 30 Kilometern entlang der Schengenbinnengrenzen kontrollieren. Barley sagte, sie sei mit Hackl einer Meinung: "Die Grenzkontrollen sind nicht das erfolgversprechende Mittel, sondern die Schleierfahndung".

Georg Hackl am Sonntags-Stammtisch
Bildrechte: Andreas Schroll / BR
Videobeitrag

Georg Hackl sieht bei der Bekämpfung von Schlepperbanden Vorteile in der Schleierfahndung.

Münch: "Neue Migrationspolitik hat auch Außenwirkung"

Die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch betonte allerdings, dass auch Symbolpolitik wichtig sei. "Das jetzt lautstark zu proklamieren, hat natürlich jetzt auch eine innenpolitische Wirkung auf die Bevölkerung", sagte sie. Womöglich schade die neue Migrationspolitik auch der AfD. Zudem könne es eine Außenwirkung auf Schlepperbanden haben: "Die gehen eventuell woanders hin".

Auch die Preise der Schlepper würden steigen: "Das ist für die Menschen, die wirklich Fluchtgründe haben, grauenhaft". Andere Migrantinnen und Migranten würden es sich aufgrund der Kontrollen und gestiegenen Preise aber vielleicht anders überlegen. "Insofern sind das schon Wirkungen, die insgesamt auch positiv sind – auch wenn man es zugegebenermaßen mit harten Maßnahmen erkauft", sagte Münch.

Barley: Keine falsche Erwartungshaltung wecken

Barley widersprach diesen Vorhersagen. Sie kritisierte, dass in der aktuellen Debatte die Themen Migration und Flucht vermischt werden: "Wir sagen ‘Migration’, aber wir meinen eigentlich ‘Flucht’". Migration werde aber immer mit Verbrechern und Gefahr verbunden. Zudem dürfe man nicht so tun, als wäre eine einzelne Maßnahme die Lösung für Probleme bei der Migration. "Wir erwecken damit eine Erwartungshaltung bei den Bürgerinnen und Bürgern, die man nicht erfüllen kann", kritisierte Barley. In einem freien Land werde man nicht verhindern können, "dass irgendwann auch wieder irgendwas Schlimmes passiert".

Hackl: "Wir müssen wissen, wer ist wer"

Georg Hackl betonte in diesem Zusammenhang, dass der gefühlte Kontrollverlust für die Bevölkerung das größte Problem sei. "Wir müssen wissen, wer ist wer". Dann könne man Geflüchtete fördern oder ausweisen. Katarina Barley erklärte, durch das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) sollen Asylbewerberinnen und -bewerber zukünftig in den Anrainerstaaten erfasst und Gesundheitschecks durchgeführt werden. Sie sagte: "Die neuen Gesetze kommen jetzt Schritt für Schritt, aber das braucht leider ein bisschen".

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!