"Deutschlandweit einmalig", "erfunden in Bayern für die gesamte Republik": Mit starken Worten stellten Bahn-Verantwortliche am Mittwoch in der Einsatzzentrale der Deutschen Bahn in München einen neuen App-Service vor. Passagiere, die von einem ICE oder einer Regio-Bahn in einen Regionalzug umsteigen wollen, können ab sofort melden, welchen Anschlusszug sie nehmen wollen – und dass dieser nach Möglichkeit warten soll. Etwa zehn Minuten vor dem Umstieg erhalten die Fahrgäste dann eine Push-Benachrichtigung, ob es gelungen ist, den Anschluss zu sichern. Falls nicht, wird eine alternative Verbindung vorgeschlagen.
Keine neue App nötig
Bahnreisende müssen keine neue App installieren: Die Funktion steht in den bestehenden Apps "Bayern Fahrplan" und "DB Streckenagent" zur Verfügung. Wer eine der Apps bereits installiert hat, muss sie allerdings updaten. Weitere regionale Verkehrsunternehmen können die Funktion ebenfalls in ihre Apps übernehmen.
Die Software für dieses Update hat die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) finanziert, die im Auftrag des Freistaates Bayern den Regional- und S-Bahn-Verkehr in Bayern plant, finanziert und kontrolliert. Die Idee entstand gemeinsam mit DB Regio.
Der Zug wartet, wenn er kann
Der Vorteil sei, dass es theoretisch nur einen einzigen Fahrgast bräuchte, der diese Funktion drückt – damit könne für alle anderen der Anschluss gesichert werden, so Bärbel Fuchs von der BEG. Andererseits habe aber auch die Bahn einen Vorteil von der Funktion: Wenn keine Anschlussverbindungswünsche angemeldet werden, müssten die Züge auch nicht warten und könnten pünktlich abfahren.
Bisher mussten die Anschlusswünsche noch persönlich beim Zugbegleiter gemeldet werden. "Damit erwarten wir hier in Bayern, dass wir insgesamt die Pünktlichkeit stabilisieren können", so Bärbel Fuchs von der Eisenbahngesellschaft. Es sei eine "Win-Win-Situation" für alle Beteiligten.
Anschlusszug erreichen: Wichtiges Kriterium für Zufriedenheit
"Die Anschlusszüge zu erreichen, ist eines der wichtigsten Kriterien für die Zufriedenheit unserer Fahrgäste, das wissen wir aus der Marktforschung und Kundenbefragungen", sagte Patrick Pönisch von der DB Regio Bayern bei der Vorstellung am Mittwoch. Diese Funktion gebe es bislang noch nirgendwo sonst auf der Welt und sie werde vielleicht, so die Einschätzung von Pönisch, perspektivisch in ganz Deutschland ausgerollt werden.
App-Service bisher nur für Regionalverkehr
Der App-Service funktioniert noch nicht im Fernverkehr. Am Umsteigebahnhof warten können bisher nur die Regionalzüge. In den kommenden Jahren sollen die Regionalbusse folgen. Bei den Zügen der Bayerischen Regiobahn (BRB) in den Netzen Chiemgau-Inntal und Oberland kann der Anschlusswunsch derzeit noch nicht per Klick gemeldet werden. Dort erfolgt in den nächsten Wochen die Integration in das neue System.
Laut Bayerischer Eisenbahngesellschaft ist mit der Einführung der Funktion jedoch nicht vorgesehen, dass die Anschlusssicherung automatisch angestoßen wird, sobald ein Zug Verspätung hat. Der Grund: Die Anschlusssicherung greife in den Bahnbetrieb ein und führe zu Verspätungen der anderen, wartenden Züge. Das sei nicht sinnvoll, wenn es überhaupt keine Anschlussreisende gebe. Ausnahmen seien dabei aber stark frequentierte Verbindungen.
Per App können Bahn-Passagiere ab sofort melden, welchen Anschlusszug sie nehmen wollen – und dass dieser unter Umständen warten soll.
Pro Bahn: App steht und fällt mit Netzabdeckung
Grundsätzlich könne eine App nur eine Ergänzung sein, sagt Andreas Barth, Sprecher des Fahrgastverbandes Pro Bahn, auf BR-Anfrage. "Das heißt, die Bahnen dürfen sich nicht rein auf die Vormeldungen verlassen." Wichtige Umsteigebeziehungen und -knoten müssten die Bahnen auch so im Blick haben. Dies betreffe klassische Knoten wie Buchloe, Holzkirchen, Rosenheim und Mühldorf. "Diese Knoten müssen immer funktionieren, auch wenn es keine Vormeldung gibt."
Werde die App als Ergänzung betrachtet, sei das sicher sinnvoll, sagt Barth – "wobei eine wissenschaftliche Begleitung im Sinne einer Studie auch nicht schaden würde". Problematisch ist aus seiner Sicht aber die derzeit noch mangelnde Mobilfunkabdeckung der Bahnstrecken – auch WLAN stehe ja nicht überall zur Verfügung. "Die Motivation hinter Standortdaten verstehen wir zwar, aber das schränkt die Nutzbarkeit der App doch ein." Im Zug seien die Standortdaten manchmal schlecht verfügbar. Und, so Barth, es sei ja auch legitim, wenn man schon im Bus zum Zug den Umstieg vormeldet – oder in einem Vorgängerzug. "Zudem dauert auch das Ermitteln des Standorts manchmal – je nach Verbindung –, sodass damit das Zeitfenster leicht zu verpassen ist."
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!