Prof. Michael Beyer läuft durch die Eingangshalle der Augsburger Uniklinik. In der Mitte bleibt er stehen und beginnt nach oben, nach unten und zu den Seiten zu deuten. Was er ausdrücken will: Kein Stockwerk und kein Flügel des Haupthauses bleiben unberührt, wenn die Augsburger Uniklinik wie geplant saniert werden soll.
"Das ist eine Mega-Aufgabe", sagt der Chirurg. "Wir haben hier den Sockel, das sind drei Stockwerke in den Keller und noch mal zwei nach oben. Und darüber die vier Bettentürme mit je etwa 350 Betten. Wir müssten dann nacheinander jeden Bettenturm samt der darunterliegenden Diagnostik leerziehen und in ein Interimsgebäude umziehen, dass erst neu errichtet werden muss. Vorher können wir gar nicht beginnen mit der Sanierung", so Beyer weiter.
"Das ist alles Stahlbeton. Und Stahlbeton leitet"
Nach den bisherigen Planungen müsste die Klinik komplett entkernt werden. Vor allem das Leitungsnetz sei komplett marode. "Das muss man mit Presslufthämmern abreißen", sagt der Klinikchef. Und zwar bei laufendem Betrieb, über einen Zeitraum von rund 20 Jahren. "Und das ist ja alles Stahlbeton. Und Stahlbeton leitet. Die Patienten in einem anderen Teil des Gebäudes werden das selbstverständlich mitbekommen", sorgt sich der Klinikchef.
Dabei geht es auch um die Gesundheit der Patienten. Dass Lärm krank macht oder die Genesung verzögern kann, sei inzwischen allgemein bekannt. "Ein Intensivpatient liegt ja immer umgeben von piependen Geräten", erklärt Beyer. "Wenn man das rausnimmt und Ruhe einkehren lässt, dann weiß man, dass das den Heilungsprozess erheblich beschleunigt." Oder anders gesagt: Wenn schon piepende Geräte schaden, was mag dann der Lärm von Presslufthämmern anrichten?
SPD-Abgeordnete stößt Debatte an
Angestoßen hatte die Debatte die SPD-Landtagsabgeordnete Simone Strohmayr. In einem Interview mit dem BR hatte sie vom Wissenschaftsministerium gefordert, einen Neubau der Uniklinik zumindest zu prüfen. Bei den Kosten gebe es keine Unterschiede, eine Sanierung berge aber viel höhere Kostenrisiken, da oftmals erst bei den Arbeiten Probleme zutage treten würden. Im Grundsatz sieht das auch das Staatliche Bauamt Augsburg so.
Auch Christina Haubrich, gesundheitspolitische Sprecherin der Landtagsgrünen, fordert, einen Neubau zu prüfen. Dabei müsse aber auch der Umwelt-Aspekt eine Rolle spielen. "Graue Energie" lautet das Stichwort. Im Kern geht es darum, dass bei der Herstellung der Baumaterialen und beim Bau des Klinikums selbst schon viel Energie verbraucht und damit CO2 ausgestoßen wurde. Deshalb müsse man genau prüfen, ob auch aus Sicht der Klimabilanz ein Neubau die richtige Entscheidung wäre, da dabei abermals viel CO2 emittiert werde.
Wie sieht es mit dem Klimaschutz aus?
"Das ist richtig", sagt Klinikchef Beyer. "Aber das Gebäude muss ja bei einer Sanierung komplett entkernt werden. Die Bausubstanz geht also sowieso in großen Teilen verloren." Hinzu komme die Frage nach der langfristigen Energieeffizienz. "Alles, was man heute unter dem Schlagwort 'Green Hospital' meint, das lässt sich sowieso nur mit einem Neubau realisieren." Ein Aspekt, der auch der Grünen-Politikerin Haubrich wichtig ist. Schließlich verbrauche eine Klinik wie die in Augsburg derzeit etwa so viel Energie wie eine Kleinstadt.
Nach Abwägung aller Argumente kommt Klinikchef Beyer nur zu einem Schluss: "Natürlich hätten wir gerne einen Neubau, das wäre für alle wesentlich angenehmer." Platz dafür gebe es im Umfeld der Klinik, bestätigen Klinikchef, Abgeordnete und Bauamt. Nun liegt der Ball beim neuen bayerischen Wissenschaftsminister Markus Blume von der CSU. Eine BR-Anfrage zu seiner Haltung ließ er bislang unbeantwortet.
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