Professorin Claudia Traidl-Hoffmann forscht in Augsburg zu den Auswirkungen des Klimawandels - und warnt vor dessen Gefahren für die Gesundheit.
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Professorin Claudia Traidl-Hoffmann forscht in Augsburg zu den Auswirkungen des Klimawandels - und warnt vor dessen Gefahren für die Gesundheit.

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Augsburger Umweltmedizinerin: "Klimawandel macht krank"

Der Klimawandel ist eine Gefahr für unsere Gesundheit und das Überleben der Menschheit. Das sagt die Professorin Claudia Traidl-Hoffmann. Über ihre Forschungsergebnisse diskutiert sie jetzt mit Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).

Der Klimawandel wirkt sich nicht nur auf Natur und Umwelt, sondern auch auf unsere Gesundheit aus. Um diese Erkenntnis geht es im Bericht zum internationalen "Lancet Countdown". Der dokumentiert seit einigen Jahren das Fortschreiten des globalen Klimawandels und wird am Donnerstag von deutschen Expertinnen und Experten diskutiert, unter anderem mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), dem Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhard, und Professor Dirk Messner, dem Präsidenten des Umweltbundesamtes.

Wo der Klimawandel die Gesundheit beeinträchtigt

Mit dabei ist auch eine Augsburger Medizinerin: Professorin Claudia Traidl-Hoffmann ist Direktorin der Umweltmedizin am Universitätsklinikum Augsburg. "Der Klimawandel macht krank von Kopf bis Fuß", warnt sie. Man gehe deshalb mit noch mehr Schärfe in die Diskussion. "Wir müssen den Klimawandel als Gefahr für unsere Gesundheit und auch das Überleben der Menschheit anerkennen." Zusammen mit anderen Expertinnen und Experten wird Traidl-Hoffmann erläutern, welche Effekte der Klimawandel auf die Gesundheit hat. Der "Lancet Countdown" stelle klar, in welchen Bereichen der Klimawandel die Gesundheit beeinträchtigt und auch das Überleben der Menschheit in Gefahr bringt.

Empfehlung: "pflanzenbasierte, lokale Nahrung"

So gebe die wissenschaftliche Publikation Handlungsempfehlungen, wie zum Beispiel eine nachhaltige Ernährung aussehen sollte. So brauche es Nahrung, die verfügbar für alle, aber gleichzeitig auch gesund für den Menschen und den Planeten ist. "Das ist pflanzenbasierte, lokale Nahrung, die sich jeder leisten kann und die die Gesundheit fördert", sagt Traidl-Hoffmann. Als Beispiel nennt sie einen Apfel: Wenn dieser länger transportiert wird, dann enthalte er mehr Allergene als einer, den man direkt vom Baum pflücke.

"Es muss Geld in die Hand genommen werden, um in gesunde und nachhaltige Ernährung zu investieren. Da steckt viel Logistik dahinter und viele Nahrungsmittel werden weggeworfen." Professorin Claudia Traidl-Hoffmann.

Schadstoffe in der Luft sorgen für chronische Entzündungen

Ein weiterer Punkt sei die Reduzierung der krankmachenden Schadstoffe in der Außenluft, insbesondere betreffe das die ultrafeinen Partikel. Das Ziel: Diese Schadstoffe in Europa bis 2030 auf 0,5 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft reduzieren. Diese Verringerung nütze nicht nur der Gesundheit, sondern auch dem gesamten Ökosystem.

Feinstaubpartikel erzeugen der Expertin zufolge chronische Entzündungen im Körper. Diese bedingen wiederum Erkrankungen des Gehirns, des Herzens oder der Lunge, aber auch Hauterkrankungen, wie Neurodermitis. Daraus könnten dann wieder Allergien oder Asthma entstehen.

Kohleausstieg als "medizinische Therapie"

Es gebe aber auch gute Nachrichten aus dem "Lancet Countdown". So seien 2015 noch etwa 103.000 Menschen in Europa gestorben aufgrund der Verbrennung von fossilen Brennstoffen. Sieben Jahre später, 2020, waren es laut der Umweltmedizinerin es nur noch 23.000. "Wir machen etwas und es bringt was für unsere Gesundheit", erklärt Traidl-Hoffmann. Den Kohleausstieg müsse man als medizinische Therapie verstehen. Wenn man die Therapie nun absetze, werde der Patient wieder krank, denn die Luft in Deutschland sei noch nicht sauber genug.

Ein nachhaltiges Gesundheitssystem

Dritter Punkt auf der Agenda der Umweltmedizinerin ist das "Green Hospital", also ein nachhaltig gestaltetes Gesundheitssystem. "Der Gesundheitssektor ist für 5,1 Prozent aller CO2-Ausstöße weltweit verantwortlich. Deswegen müssen wir unbedingt unsere Gesundheitssysteme nachhaltig und CO2-neutral gestalten. Eigentlich haben wir da ein Ziel für den Gesundheitssektor, aber von diesem sind wir noch weit entfernt", sagt Traidl-Hoffmann.

Nachhaltige Krankenhäuser beginnen laut der Umweltmedizinerin bereits vor dem Krankenhaus, etwa über die Zulieferer oder die Lebensmittelversorgung - aber auch über Mitarbeitende, die nicht dem Auto zur Arbeit kommen, sondern mit Bus oder Fahrrad.

Bevölkerungsstruktur in Deutschland: "Brauchen gesunde Menschen"

Die Umweltmedizinerin hofft, dass in der Gesundheitspolitik künftig mehr Wert auf Prävention gelegt wird: "Wir können uns Krankheit irgendwann nicht mehr leisten, weil wir in einer alten, kranken Bevölkerungsstruktur in Deutschland sind. Wir brauchen gesunde Menschen." Es brauche ein klimaresilientes Gesundheitssystem.

In einigen Tagen steht der nächste wichtige Termin für die Augsburger Umweltmedizinerin an: Bei der Weltklimakonferenz, die am 6. November in Ägypten startet, wird Professorin Claudia Traidl-Hoffmann als Expertin zugeschaltet.

💡 Das ist der Lancet Countdown

Seit 2017 dokumentiert der internationale "Lancet Countdown" anhand von 43 Indikatoren das Fortschreiten des Klimawandels in vielen Ländern der Welt. Im Mittelpunkt stehen dabei die Auswirkungen auf die globale Gesundheit.

An diesem Monitor, einem Spiegel der politischen Anstrengungen wie auch des Versagens, sind 99 Fachleute aus 51 internationale Institutionen, darunter die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Weltorganisation für Meteorologie (WMO), beteiligt. (Quelle: Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V.)

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